Rennfahrer John Surtees in seinem BMW 507
Legenden & Ikonen

Warum John Surtees so an seinem BMW 507 hing

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Text Mark Dixon // Fotos Charlie Magee

EIN BESONDERES AUTO FÜR EINEN GANZ BESONDEREN MANN: JOHN SURTEES BEKAM DEN BMW 507 (FAST GANZ) GESCHENKT – UND HIELT IHN 60 JAHRE IN EHREN

Den BMW 507 erhielt John Surtees von Graf Domenico Agusta. Fast geschenkt. Für den Motorradhersteller MV Agusta hatte Surtees zuvor – 1956 – die Weltmeisterschaft in der Klasse bis 500 ccm gewonnen, dann drei weitere 500er-Titel in den Jahren 1958, ’59 und ’60. Als er dann noch 1964 Formel-1-Weltmeister für Ferrari wurde, machte ihn das zum einzigen Rennfahrer, der sowohl auf zwei als auch auf vier Rädern Weltmeisterehren erlangt hat.

»Als ich den Titel holte, war es dem Grafen ein bisschen unangenehm, dass sie Ubbiali, der mit 125 ccm erfolgreich war, besser bezahlten als mich«, erinnert sich Surtees. »Als er anbot, mir etwas zu schenken – um seine Anerkennung zu zeigen –, und ich ihm sagte, ich hätte gern einen BMW 507, musste er dann doch erst mal schlucken. Wir einigten uns auf eine Fifty-fifty-Lösung.«

John Surtees fährt seinen BMW 507
Rennfahrer John Surtees in seinem BMW 507, den er Jahrzehnte lang in Ehren hielt. Es musste unbedingt ein 507 sein, da der Engländer bereits als Kind ein großer Fan der bayerischen Marke war.

Der Wunsch kam nicht von irgendwo: Schon als Kind war Surtees ein BMW-Fan. Unter anderen Voraussetzungen wäre Surtees selbst BMW-Werksfahrer geworden. »Alex von Falkenhausen wollte, dass ich 1955 beim Großen Preis auf dem Nürburgring für BMW fahre, aber die Direktoren sagten, sie könnten sich nur einen Werksfahrer erlauben – und das war Walter Zeller. Wahrscheinlich fanden sie es ein bisschen blöd, als ich dann ein Jahr später Champion wurde – und Zeller nur Zweiter!«

SEIN WUNSCH ALS BMW-WERKSFAHRER GING NICHT IN ERFÜLLUNG

Das Verhältnis zu Alexander Freiherr von Falkenhausen blieb ungetrübt, und als sich die beiden 1957 in Hockenheim beim Großen Preis für Motorräder sahen, bot der BMW-Rennleiter Surtees prompt seinen 507 für eine Probefahrt an. Das Auto gefiel dem Engländer ausgesprochen gut, aber es gab eine lange Warteliste. Daher schlug Alex von Falkenhausen vor, Surtees solle sich an den BMW-Pressesprecher Karl Höpner wenden. Nach der Kontaktaufnahme begab John Surtees sich nach München, holte den Wagen ab und fuhr damit schnurstracks zur Agusta-Fabrik in Gallarate.

Motor des BMW 507
Der V8-Motor leiste rund 170 PS (regulär 150 PS) bie 5000 U/min und beschleunigt in circa elf Sekunden auf über 190 km/h. Der 507 ist zwar kein Rennauto, aber das Fahren bereitete Surtees gut auf seine Rennen vor.

Nach einigen Kilometern merkte er jedoch, dass der Motor weniger Durchzugskraft besaß, als er es von Alexander von Falkenhausens Exemplar in Erinnerung hatte. Dessen BMW war, wie sich herausstellen sollte, leicht modifiziert worden. »Der normale Motor hatte um die 150 PS, aber der Motor in Alex’ Wagen war auf 170 PS getunt worden«, erzählt Surtees. »Also bat ich BMW, mit meinem Motor das Gleiche zu machen und den Unterboden komplett zu verkleiden.«

SURTEES’ BMW IST DER EINZIGE 507 MIT SCHEIBENBREMSEN

Die Zenith-32-Vergaser wurden durch 36er ersetzt, die Kompression wurde erhöht, die Kanäle poliert und die Ventilsteuerung modifiziert. Von Beruf wegen Pendler zwischen England und Italien, legte Surtees fortan regelmäßig Zwischenstopps in München ein. »Von Falkenhausen lud mich ein, am BMW-Entwicklungsprogramm mitzuarbeiten. Also fuhr ich mit dem 507 zu Dunlop in Birmingham und ließ alle vier Räder mit Scheibenbremsen ausrüsten – es ist der einzige 507, der vorn und hinten Scheibenbremsen hat.«

John Surtees in seinem BMW 507
Nach 60 Jahren innigster Freundschaft trennten sich leider ihre Wege: 2017 starb John Surtees.

Früher gab es – außerhalb bebauter Gebiete – kein Speedlimit. »Man konnte stundenlang mit 160 km/h über die Autobahn cruisen. Für lange Touren bietet sich der 507 auch deshalb an, »weil er gut ausbalanciert und bis zu einem gewissen Grad auch nachsichtig ist. Anders als mein Mercedes 300 SL, den man ganz anders fahren muss. Der hat etwas mehr Höchstleistung, verlangt aber bei hohen Geschwindigkeiten einiges mehr an Aufmerksamkeit. Ich hatte damals, bevor ich den 507 bekam, mit einem SL geliebäugelt, aber die Probefahrt – mit dem Arzt meiner Mutter auf dem Beifahrersitz – endete damit, dass wir im einsetzenden Regen seitwärts von der Straße rutschten. Der Herr Doktor war nicht sehr angetan davon – und meine Mutter auch nicht, als er ihr davon erzählte…«

Der 507 ist kein Rennwagen, aber – räumt Surtees ein – »er war trotzdem einer der Gründe, weswegen ich auf meine erste Fahrt in einem Rennwagen, dem Aston Martin DBR1, so gut vorbereitet war.« 1960 gab Surtees auf Lotus sein Formel-1-Debüt.

Abgesehen von einer neuen Lackierung im Original-Silberton 1981 wurde Surtees’ Wagen keiner Restaurierung unterzogen. Der Innenraum ist unangetastet und sieht nach 110.000 Kilometern und knapp 60 Jahren wie neu aus. Obwohl er inzwischen nicht mehr oft benutzt wird, ist er stets abfahrbereit, wie Surtees unter Beweis stellt, als er für unsere Ausfahrt den Startknopf drückt und den 507 aus der Garage bugsiert. Was für ein herrlicher Sound! Muscle-Car in Reinform, schnelles Cruisen mit einem herrlichen V8-Motortakt – weich und dunkel wie geschmolzene Schokolade –, der sich in ein warmes Knurren verwandelt, als Surtees etwas mehr Gas gibt.

DER BMW 507 – DAS PERSÖNLICHE HIGHLIGHT SEINER SAMMLUNG

In seiner Sammlung ist der 507 einer von drei BMW-Klassikern. Die anderen sind ein 503 Cabrio und ein 3200 CS. Außerdem besitzt er noch einen 300 SL mit Flügeltüren. Aber der 507 ist doch sein Liebling unter all den Autos, die er besessen hat? »Leider konnte ich nicht alle Fahrzeuge behalten, die ich besessen habe – leider auch nicht alle Motorräder«, antwortet er darauf. »Wenn ich mein Haus anschaue und wie es umgebaut und restauriert wurde, denke ich bei der Einfahrt an Ferrari – die das finanzierten –, beim Dach an Honda und so weiter. Aber beim 507 denke ich vor allem an meinen ersten Weltmeistertitel. Deshalb bleibt der für mich immer etwas ganz Besonderes.«


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