Heutige Geschwindigkeitsrekorde drehen sich in der Regel um vierstellige Werte, und dahinter stehen ganze Teams von Renn- und Luftfahrtingenieuren. Aber das war nicht immer so. Der Geschwindigkeitsrekord für Sportwagen mit 2-Liter-Motor wurde einst von diesem Auto gehalten, einem bescheidenen Triumph TR 2. Im Mai 1953 erreichte der blass-grüne Wagen auf der Autobahn bei Jabbeke in Belgien 201,005 km/h.
Damals war dieses Stück Schnellstraße in etwa das, was heutzutage die Nordschleife des Nürburgrings für Schrägheckhersteller ist, wenn es um Rekorde geht. Hier entlockte der ausgebildete Ingenieur und couragierte Testfahrer Ken Richardson, auf einem Kissen sitzend und hinter einer winzigen Rennscheibe kauernd, dem Triumph TR 2 den neuen Klassenrekord – vor den Augen von bemäntelten Zeitnehmern des königlich belgischen Automobilclubs, Fernsehcrews und fein gekleideten Journalisten mit Brillantine im Haar. Das war etwa zwei Monate, bevor die Serienproduktion des Triumph TR 2 in Canley in Mittelengland begann. Die einzigen Veränderungen bestanden in der Unterbodenverkleidung, den hinteren Radkastenabdeckungen und einer potenziell tödlichen Cockpitabdeckung aus Metall. Tödlich? Ja, so jedenfalls fühlt es sich an, wenn man da sitzt, wo Richardson vor fast 67 Jahren saß, und die metallene Abdeckung den Nacken touchiert.
Ohne Sicherheitsgurte, mit unzulänglichen Trommelbremsen und nur wenig Grip von den Diagonalreifen gehörte nicht viel dazu, um den Kopf des Fahrers wie einen alten Lederfußball die Straße hinunterrollen zu sehen. Und so kommt denn auch die originalgetreue Nachbildung der schon vor langer Zeit verloren gegangenen Metallabdeckung mit einem nicht originalen Nacken- schutz daher, der verhindern soll, dass der Fahrer im wahrsten Sinne des Wortes seinen Kopf verliert. Dieses abtrennende Ende hätte auch Richardson bei seinem Rekordversuch ereilen können, wie er selbst in einem Artikel im Triumph Owner Magazin 1998 anmerkte.
In einer nichtautorisierten Aktion war der Entlüftungsschlauch des Motors bis unter die Unterbodenverkleidung verlängert worden, wo der Unterdruck einen Siphoneffekt verursachte und das Öl aus der Ölwanne zog. Daher wäre der Rekordlauf, wie Richardson sich erinnerte, »fast von einem ungeschickten Eingriff ruiniert worden. Der komplette Unterboden des Autos war mit Öl überzogen … Wäre das Öl bei meiner Fahrt an die Hinterräder gekommen, hätte ich womöglich die Kontrolle verloren und wäre über den Mittelstreifen hinweg in den Gegenverkehr geraten.«
Richardson beschuldigte einen erfahrenen Ingenieur des Teams, der die Modifikation schließlich zugab, doch es blieb ein schlechtes Gefühl. Was nicht schön war, denn mit Sir John Black, dem Präsidenten von Standard Triumph, kam Richardson gut aus, auch wenn dieser mit seiner impulsiven Art und seinen depressiven Verstimmungen (dem Vernehmen nach war auch Richardson davon betroffen) nicht immer ein angenehmer Arbeitspartner war.
Text Andrew English Fotos Paul Harmer