Klassiker

Schnelle Leichtgewichte

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Fast 50 Jahre ist es her, dass sich BMW und Porsche mit dem leichten 3.0 CSL »Batmobil« und dem 911 RS 2.7 auf der Rennstrecke bekriegt haben. Aber wie schlagen sich diese legendären Homologationsfahrzeuge heute auf der Straße?

Was für ein Kontrast der Leichtgewichte! Der Porsche 911 2.7 RS spricht mit intensiver Stimme, umarmt und verblüfft einen mit seinen Talenten auf der Rennstrecke. Er lädt zum sofortigen Ausloten von Grenzen ein. Der BMW ist dagegen geheimnisvoll. Hier spürt man verborgene Tiefen, die darauf warten, erschlossen zu werden. Es braucht Geduld und Zeit, bis sich die Beziehung entwickelt, bis sie transparent wird. One-Night-Stand versus dauerhafte Beziehung?

Wenn die Dinge nur so einfach wären. Dies ist die Geschichte von zwei Ikonen der 1970er-Jahre, von ihrem jeweiligen Hersteller mit der Intention gebaut, der beste Rennwagen dort draußen zu sein. Am Ende wurden beide zu eigenständigen Automobillegenden.

Zwei Könige der Rennstrecke! Doch nach Leistungswerten war der Porsche 911 RS 2.7 leichter und schneller als der BMW 3.0 CSL

Auf dem Genfer Automobilsalon 1971 präsentierte BMW den 3.0 CSL der Öffentlichkeit; das erste Serienfahrzeug war im September 1972 fertig. BMW hatte den von Karmann gebauten CS im Jahr 1965 auf den Markt gebracht – mit einem bescheidenen 2,0-Liter-Vierzylindermotor mit 100 PS; der 3.0 CSL setzte mit seinem auf 3,2 Liter aufgebohrten Reihensechszylinder mit Benzineinspritzung und 206 PS Motorleistung neue Maßstäbe.

Anfang 1972 leitete Ernst Fuhrmann Porsche. Die Tage des 917 waren da schon als Folge eines neuen Reglements gezählt. Und Fuhrmann wollte, dass sich die Rennsportabteilung von Porsche künftig mehr an den Straßenautos orientierte. Damit war die Bahn frei für die Entwicklung des RS. Piëch selbst hatte 1967 mit dem 911 R den Grundstein für einen Leichtbau-Elfer gelegt, wurde aber von der Verkaufsabteilung und vor allem von seinem Onkel Ferry gerügt. Als Fuhrmann die Ingenieure Norbert Singer und Wolfgang Berger in Hockenheim fragte, was zu tun sei, um die Leistung des Elfers zu verbessern, stimmte deren Antwort mit dem überein, was Piëch vorgeschlagen hatte: einen leichteren, besser zu handhabenden Elfer bauen. Eine spezielle Straßenwagenserie, die zur Homologation für den GT-Rennsport der Gruppe 4 dienen sollte.

Der Entenbürzel des 911ers ist natürlich legendär, doch das ausgefeiltere Aerodynamikpaket besass der 3.0 CSL als “Batmobil”: Frontspoiler, Kotflügel-Finnen, Dach- und Heckspoiler.

Durch den Einsatz von mit Nikasil beschichteten Zylinderlaufflächen konnte Porsche den 2,4-Liter-Boxermotor auf 2,7 Liter vergrößern, was einer Leistung von 210 PS bei 6300 U/min gleichkam, etwa 20 PS mehr als beim 2.4 S. In der straßenfreundlichen Touring-Ausstattung wog der RS 2.7 genauso viel wie der 911 S (1075 kg), aber für die 200 Leichtbauversionen wurden weitere 100 Kilogramm eingespart: Aus dem Innenraum verschwanden die Rücksitze, die Türarmlehnen, die Ablagekästen und die Cockpituhr, die vordere Haube bestand aus Dünnblech, der Motordeckel aus glasfaserverstärktem Kunststoff, die Zierleisten waren aus PVC statt aus Gummi.

Sowohl der RS als auch der CSL wurden zu Aushängeschildern und sind seit jeher selten und begehrt. Porsche baute 1580 Exemplare des RS 2.7, darunter 200 Leichtbauexemplare; BMW stellte 1265 CSL her, von denen nur 188 echte »Batmobile« sind. Als Ikonen der Automobilkultur der 1970er-Jahre sind sie alle mit einem Heckspoiler ausgestattet, der so markant ist, dass man das Auto daran erkennen kann, ohne den Rest zu sehen. 

Eine Sekunde langsamer beschleunigt der CSL auf Tempo 100 gegenüber dem RS. Doch die leichtere Gruppe-2-Version holte für BMW den Europameistertitel 1973 nach München.

Bei niedrigen Geschwindigkeiten lässt die nicht servo-unterstützte Lenkung Zweifel an der Leichtbauweise aufkommen, aber je schneller man fährt, desto leichter wird sie. Der CSL muss mit nur vier Vorwärtsgängen auskommen, schaltet aber sehr präzise. Und wer einen Thrill braucht, der wirft durch den Rückspiegel einfach mal einen Blick auf den gigantischen Heckspoiler, der die Landschaft zweiteilt. Das ist Gänsehaut pur – vor allem, wenn ein orangefarbener 911 RS 2.7 versucht, sich vorbeizudrängen.

Der 911 wirkt im Vergleich dazu winzig; in der Tat ist er gut einen halben Meter kürzer als der BMW. Natürlich fehlt dem Cockpit des 911 das Gefühl von Weite, das im BMW vorherrscht – was aber eine Art Intimität erzeugt, die wiederum dem BMW abgeht. Auch der RS, ein 1973 in der Schweiz neu ausgeliefertes Touring-Modell, ist bestens erhalten. Er ist vollkommen original und sieht aus, als hätte er gerade erst den Ausstellungsraum verlassen. Sein Motor wurde nie auseinandergenommen und hat lediglich 44.000 Kilometer gelaufen. Und er befindet sich heute in der Hand des erst zweiten Besitzers.

Dieser erinnert sich gern an eine Klassikerrallye, bei der er mit dem RS in den Bergen unterwegs war. »Wir hatten den Wagen gerade geparkt, als ein Mann auf mich zukam und mit deutschem Akzent sagte: ‚Was für ein schönes Auto Sie da haben.‘ Und mit einem Lächeln fügte er hinzu: ‚Es ist mein altes Auto, das Sie da fahren. Ich freue mich, dass Sie es auf diesen Straßen bewegen, die ihm so vertraut sind.‘«

Text Johan Dillen // Fotos Dirk de Jager // Bearbeitung Christel Flexney

Lesen Sie in OCTANE #55, wie das Duell der beiden Leichtbaugewichte ausging.

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