Kein Porsche war jemals leichter. Keiner radikaler. In keinem wurden so ungewöhnliche technische Lösungen realisiert, wie im Porsche 909 Bergspyder. Ein Rennen hat er nie gewonnen. Für seine Konstrukteure ist er trotzdem etwas ganz Besonderes. Die Zuffenhauser brachten den Porsche 909 exklusiv für OCTANE an den Berg zurück, an dem er sein erstes Rennen bestritt.
Die Geschichte des Bergrennsports ist gespickt mit großen Namen: Mont Ventoux, Pikes Peak, La Turbie, Rossfeld, Ollon-Villars, Klausenpass, Großglockner … Auch der Gaisberg bei Salzburg gehört dazu. Rangiert in der Reihe legendärer Austragungsorte aber eher in der zweiten Reihe. Er war niemals Schauplatz wirklich großer Dramen. Auch an ihm starben – wie bei fast allen Bergrennen – regelmäßig Rennfahrer an Felswänden, oder nach Stürzen in ungesicherten Schluchten. Aber keiner der Großen des Rennsports, der mit seinem Namen das Drama vor Ort zur Legende gemacht hätte.
Der Gaisberg selbst ist im Vergleich zu den alpinen Riesen, die sich ein paar Kilometer weiter südlich auf über 3000 Meter hochschwingen, eher unspektakulär – erreicht keine 1300 Meter und ist bis obenhin bewaldet. Den englischen Begriff »Hillclimb«, würden die Bewohner der Alpen für diesen Berg als gerade noch angemessen durchgehen lassen. Und doch hatte hier am 8. September 1968 der wohl kompromissloseste Porsche-Rennwagen, der jemals gebaut wurde, seinen ersten öffentlichen Auftritt. Der zugleich sein vorletzter sein sollte. Ja sogar der vorletzte Auftritt von Porsche bei Bergrennen überhaupt. Denn die Zeit der Porsche- Werkseinsätze bei den großen Bergrennen ging unweigerlich zu Ende. Porsche hatte die Meisterschaft im Jahr zuvor souverän gewonnen und war auch 1968 auf Meisterschaftskurs. Genug, um sich ab 1969 vollständig auf das große Ziel, die Marken-Weltmeisterschaft mit den großen Langstrecken-Klassikern zu konzentrieren.
Doch bis dahin war Porsche mit Leidenschaft und Erfolg am Berg dabei. Mit dem 910 Bergspyder, der nur noch 500 Kilo wog, war Porsche dann 1967 auch wieder wettbewerbsfähig. Der Spyder soll in den letzten Rennen der Saison 1967 nur noch 419 Kilo gewogen haben. Trotzdem war es für die einheimischen Zuschauer nichts Besonderes, als Porsche im September 1968 neben den erprobten 910 mit zwei völlig neuen Rennwagen anrückte. Hermann Schwarz, Herausgeber des Buches »90 Jahre Gaisbergrennen« erinnert sich: »Das Fahrerlager war zu der Zeit im Porsche-Hof gleich beim Salzburger Bahnhof. Natürlich sind wir als Burschen dort hingegangen. Der Porsche 909 war für uns halt einfach wieder mal ein anderer Rennwagen von Porsche.« Dass der rennfertig gerade mal 385 Kilo wog – ein Kampfgewicht, das von keinem Porsche jemals mehr unterboten wurde – sah man ihm ja nicht an.
Leichtbau hinter verschlossenen Türen
Auch Porsche hatte im Vorfeld nicht viel Aufhebens um den neuen Typ gemacht. Vor allem aber nichts darüber verraten, zu welch kompromisslosen technischen Lösungen Ferdinand Piëch und sein leitender Renninge- nieur Peter Falk gegriffen hatten, um in den beiden letz- ten Rennen der Saison noch einmal alles in die Waag- schale zu werfen. Und das, obwohl Ferrari als Gegner nicht mehr wirklich ernst zu nehmen war. Piëch hatte wohl einfach noch einige Ideen in der Schublade, die er selbst kurz vor Saisonende unbedingt umsetzen wollte.
Die Konzeption des Porsche 909 mit nur 385 Kilo Gewicht blieb für Piëch ganz emotionslos das, was er in seinem Buch »Auto Biographie« als einen »Hochgenuss an technischer Tüftelei« bezeichnet hatte. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Text Berthold Dörrich // Fotos Katja Dalek
Lesen Sie die ganze Geschichte in OCTANE #41