»Steve McQueen drives Porsche« – zwei Namen und ein Statement. Sein Porsche 908/02 von Sebring 1970 fuhr als Kamerawagen in Le Mans. Und ist heute wieder im Originalzustand.
Das Rolltor öffnet sich mit jener unerträglichen Langsamkeit, die du in geballter Vorfreude immer subjektiv empfindest. Früher als Kind: Die letzten Stunden vor der Bescherung an Heiligabend. Später, als Jugendlicher: Die letzten Minuten im Kino vor dem Filmstart von »Le Mans« mit Steve McQueen. Hier und jetzt: Die letzten Sekunden, bevor sich das Rolltor der Werkstatt von August Deutsch in Aschheim bei München öffnet. Ein mechanischer Spannungsbogen für meine Erwartungen, der nun auf halber Höhe innehält.
Der Spalt gewährt mir einen ersten, Ehrfurcht gebietenden Blick mit beeindruckender Perspektive: Sehr flach und sehr weiß steht er da, grüßt mit hoch aufragendem Rückspiegel aus der Silhouette, die sich gegen den dunklen Hintergrund der Werkhalle natürlich um so schärfer konturiert abzeichnet. Von der Front blitzt mir die Startnummer 48 entgegen. Die Legende lebt: Der Porsche 908/02 mit der Endnummer 022 auf dem Chassis. An dessen Lenkrad hat vor mehr als 45 Jahren Steve McQueen gedreht – damals Hollywoods coolster Schauspieler. Obendrein ein begeisterter Rennfahrer. Und ein erfolgreicher dazu.
Finale nach 12 Stunden
21. März 1970, Sebring, USA. Das 12-Stunden-Rennen auf dem ehemaligen Flughafengelände des Hendrick Army Airfield im Bundesstaat Florida ist der zweite Lauf zur Markenweltmeisterschaft für Sportwagen. Entsprechend »prominent« ist das Starterfeld: je zwei 917er von Porsche Salzburg und dem Gulf-Team von John Wyer, vier Ferrari 512S, drei Alfa Romeo T33/3, zwei Matra MS 650 – und drei private Porsche 908. Einer dieser Spyder mit dem 350 PS starken 3,0-Liter-Achtzylinder-Boxer ist von »Solar Productions« gemeldet, jener US-Movie-Company, mit der Steve McQueen ab Juni den Film »Le Mans« drehen will. Aus genau diesem Grund teilt sich der rennbegeisterte Schauspieler das Cockpit mit dem arrivierten CanAm- und Sportwagen-Piloten Peter Revson: Er will Erfahrungen sammeln, möchte drei Monate später zusammen mit Jackie Stewart in einem Porsche 917 beim 24-Stunden-Rennen in Frankreich antreten.
Erst wenige Wochen zuvor hat McQueen mit dem weißen 908/02 zwei Siege bei nationalen Sportwagen-Rennen eingefahren: in Holtville und Phoenix – Läufe der amerikanischen Sports Car Meisterschaft, in der er nun führt. »Ich weiß manchmal nicht, ob ich ein rennfahrender Schauspieler oder schauspielender Rennfahrer bin.« In Sebring beweist er erneut sein fahrerisches Talent, spult im Turnus mit Peter Revson wie ein Uhrwerk schnelle Runden ab. Bei den Boxenstopps wechselt das Solar-Team weder Reifen noch Bremsbeläge – und spart damit Zeit gegenüber den schnelleren Autos der Fünf-Liter-Klasse.
Text Egbert Schwartz // Fotos E. Schwartz, Porsche Historisches Archiv, A. Deutsch