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Porsche 904 Carrera GTS: Die Rückkehr in den Sportwagen-Rennsport

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Der Porsche 904 Carrera GTS – kurz Porsche 904 – ist ein legendäres Fahrzeug, das zwischen 1963 und 1965 gebaut wurde und einen bedeutenden Meilenstein in der Geschichte des Automobilbaus darstellt. Sowohl als Rennwagen, als auch für die Straße konzipiert, erlangte der 904 Carrera GTS schnell Anerkennung für seine außergewöhnliche Leistung, sein markantes Design und seine technische Raffinesse. Ein Portrait.

Ein Prototyp in nur 4 Monaten Bauzeit

Mit seinem robusten Fiberglaskörper, der auf einem Stahlrahmen montiert ist, und einem leistungsstarken 2,0-Liter-Vierzylindermotor, setzte der Porsche 904 neue Maßstäbe in Bezug auf Gewicht, Geschwindigkeit, Handling und Zuverlässigkeit auf der Rennstrecke. Die Kombination aus Leichtbauweise, aerodynamischer Effizienz und beeindruckender Motorleistung machte den 904 Carrera GTS zu einem der erfolgreichsten und begehrtesten Rennwagen seiner Zeit.

Ferry Porsche verfolgte mit dem Nachfolger des Porsche 718 zwei Ziele: die Rückkehr nach Le Mans und einen stärkerer Bezug der Kunden zu den Serienfahrzeugen. So erging der Auftrag an das Designbüro für ein ab 1964 in der GT-Klasse bis zwei Liter startberechtigtes Coupé. Vom ersten Plastilinmodell bis zur Fertigung des fahrbereiten Prototypen vergingen nur vier Monate. Verantwortlich für das Design war niemand geringeres als der Leiter der Porsche Design Abteilung Ferdinand Alexander „Butzi“ Porsche, Enkel des Firmengründers Ferdinand. Er hatte auch schon den Porsche 911 entworfen.

Ein Wagen für Rallys und den öffentlichen Straßenverkehr

Obwohl der Fokus auf Einsätzen bei Rundstreckenrennen und sogar Rallyes lag, sollten Besitzer ihren Wagen auch im öffentlichen Straßenverkehr bewegen können. Es sollte ein für Porsche-Verhältnisse niedriger Kampfpreis von 29.700 DM erreicht werden können. Dafür mussten dann einige Kompromisse her. Das traditionelle Rohrrahmenchassis mit Aluminiumkarosserie war dafür zu teuer. Die Lösung: Ein Kastenrahmen aus Stahl und eine Karosserie aus glasfaserverstärktem Polyester-Kunstharz (»Palatal«). Beides wurde mit einem Spezialklebstoff verbunden und an den Enden miteinander verschraubt. Dadurch bekam der Wagen seine Steifigkeit. Porsche rechnete für den Rahmen 45 Kilo und für die Karosserie 100 Kilo, sodass der neue Plastikbomber gerade einmal 650 Kilo auf die Waage brachte.

Porsche 904 Carrera GTS

Aus Kostengründen wurde ein Carrera-Motor eingebaut

Auch beim Motor musste man mit spitzem Bleistift die Kosten eindämmen. Daher fiel die Wahl auf den Viernockenwellen-»Fuhrmann«-Vierzylinder. Mit dem Rückgriff auf den bis dahin schon 200 Mal gebauten Carrera-Motor (Typ 587) war sichergestellt, dass ausreichend Ersatzteile zur Verfügung standen und sich die Mechaniker der Rennteams mit dem Triebwerk auskannten.

Man nahm allerdings einige Modifikationen vor. Im Carrera GTS wurde der 587 um 180 Grad gedreht und anders als im 356 Carrera vor der Hinterachse installiert. In der Serie holte er aus zwei Liter Hubraum 155 PS, als Rennaggregat (587/3) mit offenem Auspuff 180 PS, was ein exzellentes Leistungsgewicht von 3,6 kg/PS ergab.

Renndebut mit einem Prototypen

Im März 1964 hatte der Porsche 904, der zu diesem Zeitpunkt noch als Prototyp deklariert war, sein Renndebut bei den 12 Stunden von Sebring. Insgesamt fünf private 904 traten in Florida an, als Bester lief der von Briggs Cunningham und Lake Underwood gesteuerte Porsche auf P9 in der Gesamtwertung und P1 in der Prototypenklasse unter 3000 ccm ein.

Einen weiteren, öffentlichkeitswirksamen Sieg fuhren zwei vom Werk eingesetzte 904 mit den Paarungen Colin Davis/Antonio Pucci und Gianni Balzarini/Herbert Linge 26. April bei der über zehn Runden à 72 Kilometer führenden Targa Florio auf Sizilien ein. Auf dem kurvigen Kurs konnte sich der wendige 904 aufgrund seines geringen Gewichts, der exzellenten Aerodynamik und seiner Zuverlässigkeit behaupten.

Der Porsche 904 auf Ferrari-Jagd

Porsche reizte es, auf der Strecke an einem Ferrari vorbeizuziehen. Das konnte aber mit einem Vierzylinder nicht erreicht werden. Daher kam ein vom 1,5-Liter-Achtzylinder des 804 Formel 1 (Typ 771) abgeleitetes Triebwerk zum Einsatz, das in drei Werks-Prototypen eingebaut wurde. Mit nun 240 PS aus 2,2 Liter Hubraum konnte der Porsche 904 auf Ferrari-Jagd gehen. Erstmals sah man einen solchen 904/8 bei der Targa Florio von 1964, wo Edgar Barth/Umberto Maglioli nach Kontakt mit einer Mauer auf Platz 6 und Sieger der Prototypen-Kategorie bis zwei Liter einliefen. Bei den 24 Stunden von Le Mans starteten sieben 904, darunter drei Werkswagen (zwei 904/8 und ein Vierzylinder). Am Ende überquerten fünf von ihnen die Ziellinie.

Die schnelle Zulassung des Porsche 904

Voraussetzung für die Homologation durch die Sportbe­hörde C.S.I. war der Bau von 100 Fahrzeugen. Schon einen Monat nach dem Renndebut im April 1964 waren die 100 Homologations-Autos vergriffen. Der Zulassung als GT stand nichts mehr im Wege. Durch die hohe Nachfrage wurden nach den 100 Fahrzeugen noch einmal 16 weitere montiert.

Der 904 mit neuer Ausrichtung auf den Rennsport

Mit dem nur fünf Mal gebauten und nur noch 570 Kilo leichten 904 Spyder, dem Känguru, hatte sich Porsche vom Konzept des kundenfreundlichen 904 Coupé entfernt und läutete langsam, aber sicher eine Neuausrichtung der Motorsportaktivitäten ein.

OCTANE Autor Robert Coucher erlebte den Nervenkitzel in einem originalen 904/6 in Donington. Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Octane-Magazins neben seinen persönlichen Eindrücken ein ausführliches Portrait des Porsche 904.

10 spannende Fakten über den Porsche 904

  1. Der 904 ist der letzte als Rennwagen konzipierte Porsche, den Kunden auch uneingeschränkt auf der Straße bewegen konnten.
  2. Die Innovation des 904 war bei Porsche die Stahl-Kunststoff-Bauweise
  3. Obwohl der Porsche intern als 904 bezeichnet wurde, kam er offiziell als Carrera GTS auf den Markt. Peugeot meinte es ernst mit einem Urheberrechtsanspruch auf dreistellige Modellnamen mit einer Null in der Mitte.
  4. Der Nachfolger Porsche 906 war der erste nahezu ausschließlich als Rennfahrzeug verwendete Sportwagen von Porsche. Er hätte allerdings wie der Porsche 904 theoretisch auch eine Straßenzulassung bekommen können.
  5.  Berühmte Rennfahrer wie Jo Bonnier, Hans Herrmann und Colin Davis fuhren den 904 in verschiedenen Rennen.
  6. Der 904 gewann viele wichtige Rennen, darunter die Targa Florio und die 24 Stunden von Le Mans. Er fuhr auch Rennen auf dem Nürburgring (1964). In der Markenweltmeisterschaft 1964 und 1965 gewann der Porsche 904 die 2-Liter-GT-Wertung und 1964 außerdem die Prototypenklasse.
  7. Auch die technischen Daten konnten überzeugen. Der 904 war eines der ersten Fahrzeuge, das eine Mehrlenker-Hinterradaufhängung verwendete, was das Handling deutlich verbesserte. Der GTS brachte es auf bis zu 260 km/h in der Spitze.
  8. Durch die sehr kleine Stirnfläche bekam der 904 seine exzellente Aerodynamik. Der Wagen war unempfindlich gegenüber Seitenwind und konnte auch bei hohen Geschwindigkeiten sicher beherrscht werden.
  9. Der Porsche Carrera GTS konnte mit zwei unterschiedlichen Bereifungen gekauft werden. Es gab ihn entweder mit 185/70-HR-15-Gürtelreifen oder Rennreifen in verschiedenen Größen.
  10. Im Jahr 1966 riskierte das ZDF zum ersten Mal eine drahtlose Übertragung von Rennbildern – aus einem Porsche 904 GTS mit Paul Frère und Rainer Günzler im Cockpit.
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