#43, Mercedes-Benz, Silberpfeil, SSKL, Koenig-Fachsenfeld, von Brauchitsch, AVUS
Klassiker

Mercedes SSKL Stromlinie – Der erste Silberpfeil

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Zunächst als »Gurke« verspottet, zeigte dieser Mercedes SSKL mit Stromlinienkarosse 1932 auf der Avus, was Windschnittigkeit ausmachen kann. In nur sechs Monaten baute Mercedes Classic den verschollenen Vorläufer aller Silberpfeile wieder originalgetreu auf. OCTANE kennt alle Details und blickt auch noch einmal auf das Berliner Rennen zurück.

#43, Mercedes-Benz, Silberpfeil, SSKL, Koenig-Fachsenfeld, von Brauchitsch, AVUS
Der rekonstruierte SSKL Avus soll in Zukunft regelmäßig bei Classic Car Events gezeigt werden.

Am 22. Mai 1932 säumten bis zu 250.000 Zuschauer die Avus, diesen Hochgeschwindigkeitskurs im Grunewald mit seinen zwei endlos langen Geraden und den zwei Kurven im Süden und Norden. Die nicht live dabei sein können, hängen an den Lippen beziehungsweise der markanten Stimme von Paul Laven (1902–1979), einem der Pioniere der Rundfunkreportage. Immer wieder spricht er in seiner Reportage für die Südwestdeutsche Rundfunkdienst AG in Frankfurt vom »silbernen Pfeil«. Und prägt damit einen Begriff, der ab 1934 und bis heute bei jedem Fan mit Rennwagen aus Stuttgart assoziiert wird. Auf der Avus bezieht sich Lavens Wortschöpfung auf ein zigarrenförmiges Ungetüm vom Typ Mercedes SSKL. Dessen Stromlinien-Hülle in nur zwei Wochen nach einem Entwurf des Ingenieurs und Aerodynamikpioniers Reinhard von Koenig-Fachsenfeld (1899–1992) beim Karosseriebauer Vetter in Cannstatt zusammengebaut worden war. Erst fünf Tage vor dem ersten Training war das Auto fertig geworden, da blieb keine Zeit für eine Lackierung in der deutschen Rennfarbe Weiß – so glänzte der SSKL in der Farbe seiner Aluminiumhaut, Silber.

Fast wäre der Start auf der Avus noch am Geld gescheitert – denn Pilot von Brauchitsch war notorisch knapp bei Kasse und setzte eine Kostenobergrenze von 1000 Reichsmark. Erst nachdem sich von Koenig-Fachsenfeld selbst an der Finanzierung beteiligt, nimmt Vetter die Arbeit auf. Und schießt aus Begeisterung für das Projekt dann selbst noch etwas zu. Am Ende muss auch Chefmechaniker Willy Zimmer noch 500 RM vorstrecken, um die fertige Karosserie bei Vetter auszulösen. Auf eigener Achse geht es dann – ohne Licht – gen Berlin.

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Im Vergleich mit dem technisch fast identischen SSKL mit der Startnummer 45 dahinter erscheint der Stromlinien-SSKL gigantisch.

Es ist ein in mehrerer Hinsicht ungleiches Duell, das sich für die Zuschauer auf der Avus darbietet. Da sind zunächst Rennwagen, die unterschiedlicher sein könnten: Hier der zierliche Alfa Romeo »Monza« mit 2,3 Liter Achtzylinder-Kompressor, lackiert in Weiß. Am Steuer sitzt als Neuling im Alfa-Werksrennstall Rudolf Caracciola. Der Spross eines Hoteliers aus Remagen am Rhein ist zu jener Zeit schon ein arrivierter Star: 1931 Sieger – als erster Nicht-Italiener – der Mille Miglia, Sieger des GP von Deutschland 1926, 1928 und 1931, Berg-Europameister 1930 und 1931 sowie Gewinner des Avus-Rennens aus dem Vorjahr, alles auf Mercedes.

Hier der riesige SSKL, mit 7,1 Liter großem Sechszylinder-Kompressor und 1,6 Tonnen Gewicht. Es ist dasselbe Auto, das von Brauchitsch schon im Vorjahr auf der Avus bewegt hat, doch im Gegensatz zum SSKL von Hans Stuck nun voll verkleidet. Der 1905 in Hamburg geborene Neffe des Welt- krieg-2-Generalfeldmarschalls Walther von Brauchitsch ist im Gegensatz zu Caracciola dem deutschen Publikum noch weitgehend unbekannt. Von Anfang an gefördert von seinem Cousin, Baron von Zimmermann, errang er im September 1929 am Gaisberg seinen ersten Sieg, noch mit einem viersitzigen Mercedes SS in der Tourenwagen-Klasse. 1930 brach er den Rekord am Pötschenpass und wurde am Semmering bei Wien nur von Caracciola in einem Werks-SSK geschlagen. 1931 war er dann schon Sieger in La Turbie (bei Nizza) und am Gaisberg, dazu verbuchte er Platz zwei am Schauinsland bei Freiburg und Platz drei beim Eifel- und Avusrennen.

Auf der Avus wird Brauchitsch 1932 nur inoffiziell vom legendären Rennleiter und erklärtem Caracciola-Ziehvater Alfred Neubauer betreut – das Daimler-Werk hatte sich aufgrund der wirtschaftlichen Baisse für kurze Zeit aus dem Rennsport zurückgezogen. Dennoch spendiert man ihm für das Rennen eine kostenlose Motorrevision und eine Hinterachse mit längerer Übersetzung. »Mein Wagen wurde von allen Seiten in Augenschein genommen, und in Bild und Wort machte man sich über mein hochbeiniges Torpedo lustig«, erinnert sich von Brauchitsch später in seiner Biographie. Nach der Zielfurchfahrt lachte niemand mehr …

Text Thomas Imhof // Fotos Mercedes Classic

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#43, BMW, Art Car, Andy Warhol, Procar

 

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