Ohne die Amerikaner hätte es die Straßenversion des Mercedes 300 SL Flügeltürers nie gegeben. Auch die Geschichte dieses Rotrunners wäre ohne einen Amerikaner undenkbar.
Für das Auto ist es ein Déjà-vu. Jeden Sommer dröhnen beim Oldtimer Grand Prix die Flügeltürer über den Ring. Wenn sie mit über 200 PS, Drehmoment an die 300 Nm, für die Ohren angenehm krachend vom Michael-Schumacher-S zur Warsteiner Höhe rasen, könnte man fast denken, sie seien nur für die Nordschleife kreiert worden. Das ist natürlich nicht korrekt, es fühlt sich aber so an.
Für diesen Mercedes 300 SL ist der Besuch in der Eifel tatsächlich ein Wiedersehen nach sechzig Jahren. Das für einen Mercedes-Flügeltürer ungewöhnlich lackierte Fahrzeug hat hier seine größ-ten Triumphe errungen, bevor es – für einen SL nicht ungewöhnlich – die meisten Jahre seines Daseins in den USA verbracht hat. Wiederum sehr außergewöhnlich ist, dass dieses Coupé so gut erhalten ist wie kaum ein anderes weltweit und dass es vom Werk original in Renn-Spezifikation gebaut und ausgeliefert wurde.
Die Geschichte dieses Mercedes 300 SL ist mit einem Mann eng verknüpft. Seinen größten Triumph hat der auf der Nordschleife erlebt. Beim Eifelrennen am letzten Juni-Wochenende 1957, seinerzeit ein kunterbunt wie hochkarätig besetztes Volksfest. Zu den Gästen zählte die Crème de la crème der Zweirad- und Beiwagen-Freaks, aber auch Stars wie der Sieger des ersten Eifelrennens 1927 (Rudolf Caracciola aus Remagen), Wolfgang Graf Berghe von Trips und andere.
Weitere Mercedes 300 SL-Fahrer waren Cracks wie Fritz Rieß, dessen Le-Mans-Sieg (mit Hermann Lang) ein wichtiges Highlight in der Geschichte des Autos darstellte; aber auch Peter Nöcker, ferner der Grand-Prix-Teilnehmer Graf Carel Godin de Beaufort, der in Le Mans und der Formel 1 aktive Wolfgang Seidel, Hans Blees aus Holland, der schwedische Graf Sten Bielke, der Monate zuvor beim 1000-Kilometer-Rennen hier war, sein Landsmann Bengt Mårtensson. Das waren einige der Mercedes 300 SL-Fahrer, die ins Rennen gingen. Seidel und Nöcker mit den Startnummern 1 und 2, gefolgt von weiteren 300 SL sowie Joachim Hermanni mit einem 190 SL und einer Armada aus mehr als einem Dutzend Porsche, vor allem Porsche 356A Carrera sowie einem Speedster und dem Mann aus dem Irak mit seinem MG A.
Zwei fuhren vorneweg: Peter Nöcker und ein Amerikaner. Nach knapp 160 Kilometern trennten die beiden beim Überqueren der Ziellinie zehn Sekunden. Abgeschlagen folgte Blees vier Minuten später mit einer Zeit knapp unter der des Siegers der GT bis 1300 ccm, Ebs Mahle mit einem Alfa. Gewonnen hatte das Rennen der Amerikaner Gunther Thiel mit seinem feuerwehrroten Mercedes 300 SL, der mit 11:15,7 Minuten auch für die schnellste Rundenzeit seiner Klasse gesorgt hat und nun wieder am Ort seines Triumphes stand.
Text Matthias Penzel // Fotos Steffen Jahn
Lesen Sie die ganze Geschichte in der OCTANE-Edition #02 “Faszination Mercedes-Benz”
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