Matra Bonnet
Klassiker

Matra-Bonnet Djet: Das wirklich erste Serienfahrzeug mit Mittelmotor

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Der Matra-Bonnet Djet ging aus der Zusammenarbeit zwischen Matra und René Bonnet hervor. Der elegante und aerodynamische Zweisitzer wurde 1962 vorgestellt und war der weltweit erste Serien-Sportwagen mit Mittelmotor, was ihm eine außergewöhnliche Straßenlage und Fahrdynamik verlieh. Der Djet war leicht und kompakt, mit einem glasfaserverstärkten Kunststoffkörper, der das Gewicht minimierte und gleichzeitig die Stabilität erhöhte. Angetrieben von einem robusten Renault-Motor, erzielte der Djet bemerkenswerte Erfolge auf der Rennstrecke und konnte so einen Ruf als ernstzunehmender Sportwagen sichern.

Juri Gagarin: Erster Mensch im Weltraum und stolzer Matra-Bonnet Djet Besitzer

Juri Gagarin, der russische Kosmonaut, reiste im April 1961 als erster Mensch in den Weltraum. Als er wohlbehalten auf die Erde zurückkehrte, schenkten ihm die Machthaber als Dank für seine galaktischen Bemühungen ein Auto. Einen glänzenden schwarzen Wolga, ein für Normalbürger der Sowjetunion unerreichbares Luxusgut.

Bei diesem Fahrzeug blieb es aber nicht. Als Juri Gagarin 1965 das Renault-Werk in Flins bei Paris besuchte, wo der Renault 8 Gordini-Motor des Djet herkam, lag es nahe, dem damals berühmtesten Weltraumreisenden als PR-Aktion eines der schlanken Coupés zu schenken. So wurde der erste Mensch im Weltraum auch zeitgleich stolzer Besitzer des ersten Serienfahrzeuges mit Mittelmotor.  

Der Mittelmotor als zukunftsweisende Technik

Ein Mittelmotor ermöglicht eine nahezu perfekte Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse. Dies verbessert die Balance des Fahrzeugs erheblich und trägt zu einer gleichmäßigen und stabilen Straßenlage bei. Die zentrale Position des Motors reduziert das Trägheitsmoment, wodurch das Fahrzeug agiler und reaktionsschneller auf Lenkbewegungen reagiert. Auch die Kurvenlage kann durch die Positionierung des Motors deutlich verbessert werden.

Aus diesen und vielen weiteren Gründen war die Idee, ein Serienfahrzeug mit Mittelmotor zu bauen, in dieser Zeit zukunftsweisend. Die Anfänge waren ähnlich schwierig wie die der russischen Raumfahrt. Die Geschichte des René Bonnet Djet begann als Idee eines talentierten Ingenieurs, den die Produktion des Fahrzeugs in den Bankrott stürzte. Als Retter des Projekts trat eine Firma auf den Plan, die selbst in der Raumfahrttechnik unterwegs war: die Mécanique Aviation Traction, kurz Matra. Matra steuerte die Glasfaserkarosserie bei, was in Anbetracht der Tatsache, dass das Unternehmen ein Spezialist für Verbundwerkstoffe war, nahelag.

Innerhalb von fünf Jahren entstanden lediglich 1693 Exemplare und dennoch hatte der Matra-Bonnet einen entscheidenden Einfluss auf die Sportwagenwelt. Der bisweilen mit diesem Titel bedachte Porsche 550 Spyder war ausschließlich für die Rennstrecke gedacht. Jedenfalls bewies der Djet, dass dieses aus dem Rennsport entliehene Layout auch für den (sportlichen) Alltag geeignet war. Und er setzte einen Trend: In kurzer Zeit folgten De Tomaso Mangusta, Lamborghini Miura, Ferrari Dino, Lotus Europa und weitere – nicht zuletzt der M530 von Matra selbst.

Matra-Bonnet Seitenansicht

Der Schöpfer des Fahrzeugs war René Bonnet

Der Matra-Bonnet entstammt einer inspirierenden Kooperation zwischen der Firma Matra und René Bonnet. Letzterer hatte als Sohn eines Schreiners früh gelernt, mit den Händen zu arbeiten. Als er mit einer Rückenverletzung aus der Marine ausschied, kehre er in seine Heimatstadt Vaumas zurück und kam über verschiedene Umstände dazu, gemeinsam mit seiner Schwester einen Kfz-Betrieb zu führen. Bonnet erwies sich als erfolgreicher Geschäftsmann und übernahm 1932 einen kleinen Karosseriebetrieb namens La Maison Deutsch. Gemeinsam mit Charles Deutsch, dem Sohn des verstorbenen Gründers, kreierte Bonnet ab 1946 auf Citroën- und Panhard-Basis eigene Autos der Marke Deutsch & Bonnet.

Die leichtgewichtigen Sportwagen mit GFK-Karosserien konnten trotz vergleichsweise schwacher Motoren hohe Endgeschwindigkeiten erreichen und damit im Langstreckensport erstaunliche Erfolge erzielen.

Allerdings lagen Deutsch und Bonnet oft über Kreuz in der Frage, ob sie Fahrzeuge mit Frontantrieb oder Mittelmotor bauen sollten. wegen dieser unterschiedlichen Philosophien trennten sich die Gründer 1961.

Bonnet wiederum gründete die Société René Bonnet Automobiles in Romorantin. Er wollte einen wendigen Mittelmotorsportler mit Renault-Technik bauen – organspendend war die Renault Hecklimousine R8. Das Erfolgsrezept: Schnelle Autos mit geringen Einsatzkosten.

Die Geburtsstunde des Matra Bonnet Djet

Chefingenieur Jacques Hubert entwarf für den Djet eine Hülle aus Polyesterharz und Glasfaser, die von Générale d’Application Plastique (GAP) gebaut wurde, einer ebenfalls in Romorantin ansässigen Tochtergesellschaft von Matra. Im Verbund mit der extrem stark gewölbten Windschutzscheibe des seltenen Alfa Romeo Giulietta Sprint Speciale ergab sich ein kolportierter Luftwiderstandsbeiwert von nur 0,25 – heute noch ein Superwert.

Zu Testzwecken setzte Bonnet 1962 einen frühen Prototyp beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring und bei den 24 Stunden von Le Mans ein. Die Weltpremiere verschob er jedoch vom geplanten Juli-Termin im Bowling de Paris auf den Pariser Autosalon im Oktober. Grund? Bonnets Sohn Claude verwies auf die hohen Kosten des geplanten Gitterrohrrahmens und die damit verbundenen Einschränkungen beim Verstellen des Fahrwerks der Rennversionen. So wechselte Bonnet auf einen Lotus-ähnlichen Zentralrohrrahmen, zu dem der R8 seinen vorderen Querträger beisteuerte. Am 5. Juni 1963 erhielt der Djet seine Typzulassung für die Straße, nur zehn Tage später startete eine modifizierte Version zum 24-Stunden Klassiker an der Sarthe. Im Juli nach Le Mans begann dann die Serienproduktion des ersten Mittelmotor-Straßenautos der Welt.

Weitreichende Modifizierungen scheiterten am knappen Zeitbudget

Die Renault-Motoren waren keine Hubraumriesen, aber um einiges größer als die winzigen Panhard-Zweizylinder bei Deutsch- Bonnet. René Bonnet steigerte die Leistung des 1108-ccm-Vierzy­linders von den serienmäßigen 48 auf rund 70 PS, indem er die Nockenwellen überarbeitete, das Schwungrad leichter machte und die Vergaser optimierte. Weitere Entwicklungen sollten folgen. Bonnet allerdings war mit den parallelen Aufgaben im Manage­ment eines Herstellers und im Rennsport überfordert. Zwischen 1962 und 1964 entstanden nur 198 Djet, dann erbarmte sich Matra und kaufte das Unternehmen auf. René Bonnet kehrte nie wieder in die Autoindustrie zurück.

Lesen Sie im aktuellen Octane-Magazin, wie Sohn Claude die Geschichte des Matra-Bonnet Djet weiterschrieb und unternehmen Sie eine luftige Testfahrt mit einem 1966 in Frankreich zugelassene Coupé in einer Luxe-Version.

10 spannende Fakten rund um den Matra-Bonnet Djet

  1. Der Djet wurde erstmals 1962 auf dem Pariser Autosalon vorgestellt.
  2. Er kostete nur etwa doppelt so viel wie eine Familienkutsche von Renault und halb so viel wie ein Jaguar E-Type.
  3. Die leistungsstärkeren Versionen des Djet konnten Geschwindigkeiten von bis zu 210 km/h erreichen (Jet 6; Werksangabe).
  4. Eigentlich sollte der Wagen den Beinamen „Jet“ bekommen. Da Bonnet es seinen Landsleuten aber nicht zutraute, das englische Wort „jet“ richtig auszusprechen, wurde ein Djet daraus.
  5. Der Matra-Bonnet Djet wurde für 20.000 Francs verkauft.
  6. Bonet baute bis 1964 nur knapp 200 Exemplare. Nach dem Verkauf an Matra kamen noch einmal weitere 1491 Fahrzeuge dazu, Matra baute den Djet bis 1868 nahezu unverändert weiter.
  7. Der Djet wurde bis 1967 weiterentwickelt und dann von dem Matra 530 abgelöst.
  8. Es gab mehrere Varianten des Djet, darunter den Djet I, Djet II und Djet V, die sich in Motorleistung und Ausstattung unterschieden.
  9. Modelle wie der ATS 2500 GT oder der Vallelunga wollen dem Matra-Bonnet Djet oft seinen Verdienst als erster Mittelmotor Serienwagen streitig machen.
  10. Der Djet war außerdem mit einer Einzelradaufhängung an allen vier Rädern ausgestattet, die auf doppelte Dreieckslenker, jeweils mit zwei Schraubenfedern und zwei Stoßdämpfern, setzte. Zusätzlich verfügte er über rundum installierte Scheibenbremsen.  Eine technische Besonderheit, die in den frühen Sechzigerjahren noch eine Seltenheit war.
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