Die Antwort auf die Frage nach dem Nonplusultra der deutschen Vorkriegsära lautet meist: Mercedes 500/540K. Doch auch der HORCH 855 Spezial-Roadster hat diesen Titel verdient.
Vom 855 Spezial-Roadster wurden nur sieben Exemplare hergestellt. Er war zweifellos das Flaggschiff der Auto Union, zu deren Konglomerat Horch mit Audi, Wanderer und DKW gehörte.
Horch begann im Jahr 1920 mit der Entwicklung von V8- und Reihen-Achtzylinder-Motoren. Die V8 waren für kleinere Modelle wie den Horch 830 von 1933 gedacht und wegen ihrer V-Form deshalb geeignet, weil sie nicht länger als ein Vierzylinder waren.
Ein Reihenachtzylinder hatte jedoch ein enormes Prestige – das war der Motor, den man sich wünschte, wenn man ein Vermögen für ein Auto ausgeben konnte. Und solch ein Auto waren die Horch 850 bis 855, und ganz besonders der 855 Spezial-Roadster, von dem nur drei überlebende Exemplare existieren, einer davon im Audi-Museum.
Der Reihenachter mit fünf Litern Hubraum und einer obenliegenden, per Königswelle angetriebenen Nockenwelle war für seine Zeit hochmodern. Die Kurbelwelle war zehnfach gelagert, es kam ein doppelter 35IFF-Vergaser von Solex zur Anwendung, als Leistung wurden 100 PS angegeben. 1937 stieg die Leistung auf 120 PS.
Wenn Autos so selten – und auch teuer – sind wie der Horch 855 Spezial- Roadster, könnte man auf den Gedanken kommen, solch ein Fahrzeug möglichst perfekt nachzubauen, am besten mit dem Chassis, Motor und Getriebe eines 853 A, von dem Horch immerhin 342 Stück produziert hat. Dann fängt man schon mit so vielen Originalteilen an, dass man mit Recht von einer »Recreation« sprechen kann. Genau das hat der deutsche Horch-Spezialist Joachim Appel getan, um den 855 Spezial-Roadster auf diesen Seiten zu bauen.
Die Karosserie ist eine exakte Kopie der Gläser-Karosse. Appel durfte dafür den 855 Spezial-Roadster des Audi-Museums. So entstand eine perfekte Roadster-Karosserie, die vom Original nicht zu unterscheiden ist, wenn man von den in die Sitzlehnen eingestickten Buchstaben »H« absieht.
Trotz der beeindruckenden Abmessungen ist der Spezial-Roadster erstaunlich leicht zu fahren. Die Kupplung ist leichtgängig und der große Achtzylinder benötigt nur wenige Umdrehungen, um seine Kraft zu entfal- ten. Er entwickelt seine 120 PS bei 3400 Umdrehungen pro Minute, das Drehmoment sorgt bei jeder Drehzahl für Vortrieb wie bei einer Lokomotive. Das Getriebe ist bemerkenswert leicht zu schalten; der optionale fünfte Gang war als Schongang für die Langstrecke ausgelegt. Damit betrug die Höchstgeschwindigkeit etwa 140 km/h.
Text: Ton Roks; Bearbeitung: Jörn-M. Müller-Neuhaus; Fotos: Lilla Leopold
Lesen Sie die ganze Story über diese Vorkriegs-Ikone in OCTANE #47
-
Ausgabe 47 – Porsche 911 oder Jaguar E-Type?7,00€
inkl. MwSt.
zzgl. Versandkosten