Vor mehr als 120 Jahren begann Hotchkiss mit dem Bau von Automobilen – heute ist die Marke so gut wie vergessen. Doch Modelle wie der Hotchkiss 686 erinnern an eine Zeit, in der französische Ingenieurskunst und Eleganz auf höchstem Niveau vereint wurden. Der in den 1930er-Jahren produzierte Wagen war ein Ausdruck von Technik, Leistung und Raffinesse, der in seiner Zeit als eine der besten französischen Limousinen galt. Mit einem kraftvollen Sechszylindermotor, luxuriösem Interieur und einer beeindruckenden Straßenlage war der 686 eine ernstzunehmende Alternative zu den großen Namen wie Delahaye oder Talbot. Heute ist er ein seltenes Sammlerstück, das die Geschichte von Hotchkiss lebendig hält.

Die in Vergessenheit geratenen Marken der Automobilgeschichte
Die Automobilgeschichte ist voll von Marken, die aus den unterschiedlichsten Gründen untergegangen sind und an die sich kaum noch jemand erinnert. Hotchkiss ist eine davon. Zugegeben: Der Automobilbau blieb eine relativ kurze Epoche in der Geschichte des Unternehmens, das vorher und nachher ein Rüstungskonzern war. Lediglich zwischen 1903 und 1955 baute die französische »Hotchkiss et Cie« mit Sitz in Saint-Denis bei Paris Automobile. Das Markenlogo – zwei gekreuzte Kanonenrohre – wies dabei auf die eigentliche Ausrichtung der Firma hin.
So kam das Rüstungsunternehmen zum Automobilbau
Die erste Berührung mit der Automobilwelt erfolgte 1901, als Panhard et Levassor, De Dion-Bouton und andere frühe Marken bei Hotchkiss präzise gefertigte Motorkomponenten wie etwa Kurbelwellen orderten. Am 31. Juli 1902 wurde aus diesem Nebengeschäft ein neues Standbein: Hotchkiss et Cie gründete eine Abteilung für den Bau von Militärfahrzeugen.
Als wesentliche Treiber dieser Idee galten J. J. Mann und Henri Fournier. Mann hatte gerade das Londoner Autohaus Mann & Overton gegründet und wurde 1902 Daimler-Vertriebshändler für Paris. Fournier war ein Pariser Rennfahrer, er galt durch seine Siege bei Paris–Bordeaux und Paris–Berlin in einem Mors als erfolgreichster Fahrer der Saison 1901. Während Mann die Hotchkiss-Fahrgestelle vermarktete, wurde Fournier erster Vertragshändler der Marke.
Hotchkiss stellte den zuvor bei Mors tätigen Georges Terasse als Konstrukteur ein. Die Leitung der Firma übernahm der Waffenkonstrukteur Laurence Vincent Benét, den Benjamin Hotchkiss 1884 noch selbst eingestellt hatte. Er führte das Unternehmen bis 1935.

Die erste Inspiration war ein Mercedes Simplex
Zur »Inspiration« erwarb Hotchkiss einen Mercedes Simplex. 1903 erschien mit einem 17-PS-Vierzylinder das erste Auto der Marke, kurz darauf gefolgt vom 20-PS-Typ C – beide orientierten sich noch deutlich am deutschen Vorbild. Die Fahrgestelle bestanden aus vernickeltem Stahl, die hohe Fertigungsqualität setzte den Standard für die gesamte Epoche des Automobilbaus bei Hotchkiss.
Nach dem Einstieg von J. J. Manns Neffen H. M. Ainsworth produzierte Hotchkiss ab 1907 die Sechszylindermodelle Typ L und O. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs baute das Werk vor allem Maschinengewehre, die vom Dach der Fabrik aus getestet wurden! Nach dem Krieg startete die Automobilproduktion in Frankreich 1919 neu. Ainsworth wurde mit der Leitung der Automobilabteilung betraut, die er bis 1950 innehatte.
Hotchkiss eröffnete ein neues Werk am Pariser Boulevard
1926 eröffnete Hotchkiss ein neues Werk am Pariser Boulevard Ornano auf 25.000 Quadratmetern Fläche und mit einer 180 Meter langen Produktionslinie. Um auch Karosserien im eigenen Haus fertigen zu können, schaffte Hotchkiss 1929 eine Stahlpresse an. Im selben Jahr erschienen die Sechszylindermodelle AM73 und AM80 mit obenliegenden Ventilen, und 1932 stellte Hotchkiss ein neues, flacheres Fahrgestell vor. Das vom italienischen Ingenieur Vincenzo Bertarione entworfene Chassis war in vier Längen erhältlich, darunter die für den Grand Sport vorgesehene Version mit auf 2800 Millimeter verkürztem Radstand.
Neuordnung der Produktionspalette mit neuen Typenbezeichnungen
1933 ordnete Hotchkiss seine Produktpa¬lette neu und führte neue Typbezeichnungen ein: Die erste Ziffer des dreistelligen Namens stand für die Zylinderzahl, die folgenden für den Hubraum in französischen »Steuer-PS«. Die Vierzylinder-Reihe 400 umfasste Hub¬räume von 2,0 bis 2,4 Liter, die Sechszylinder- Reihe 600 von 2,5 bis 3,5 Liter. Das Top-Modell 620 war ein exklusiver Familien-Tourenwagen, der sich bei Rennen und Rallyes bewährte, etwa durch Erfolge bei Paris–Nizza 1934 und 1935. Bei der Rallye Monte Carlo holte Hotch¬kiss vor dem Krieg vier Siege (1932-34 und 1939) und ließ mit dem Modell 686 GS Riviera 1949/1950 zwei weitere folgen.
Schon 1936 änderte die Marke ihre Nomenklatur erneut. Der Anzahl der Zylinder folgte nun die Größe der Bohrung in Millimetern. Als neue Top-Limousine erschien der 686 Paris/Nizza (P/N) mit 3,5-Liter-Motor und Doppelvergasern. Darüber rangierte der etwas exklusivere Grand Sport, ein P/N auf dem kürzeren Chassis und mit sportlicherer Karosserie. Insgesamt waren acht Versionen erhältlich, von Tourenlimousinen über Coupés bis hin zu einer Limousine. Drei davon hatten eine offene Karosserie.
Im Octane Heft Nummer 75 erleben Sie einen seltenen 686 P/N Côte d’Azur in Bordeaux als zweitürigen Fünfsitzer-Coupé mit Chassisnummer 62194.



Das ganze Portrait über den Hotchkiss 686 lesen Sie in OCTANE #75
10 spannende Fakten über die Marke Hotchkiss
- Sechszylinder-Power – Der Hotchkiss 686 aus den 1930er-Jahren war eines der bekanntesten Modelle und verfügte über einen 3,5-Liter-Sechszylindermotor mit rund 130 PS.
- Erfolge im Motorsport – Hotchkiss-Fahrzeuge erzielten bedeutende Siege, darunter den Gesamtsieg bei der Rallye Monte Carlo in den Jahren 1932, 1933, 1939, 1949 und 1950
- Militärische Fahrzeuge im Zweiten Weltkrieg – Während des Zweiten Weltkriegs stellte Hotchkiss militärische Fahrzeuge her, darunter auch Panzer für die französische Armee.
- Übernahme von Amilcar – In den 1930er-Jahren übernahm Hotchkiss die französische Automarke Amilcar, die für ihre sportlichen Kleinwagen bekannt war.
- Fusion mit Delahaye – 1954 fusionierte Hotchkiss mit dem renommierten Automobilhersteller Delahaye, um die Konkurrenzfähigkeit zu steigern.
- Das Ende der Pkw-Produktion – Nach der Fusion mit Delahaye verschwand die Marke Hotchkiss langsam aus dem Automobilbau – 1955 wurde die Produktion von Pkw endgültig eingestellt.
- Lizenzbau des Jeep Willys – In den 1950er-Jahren baute Hotchkiss den legendären Jeep Willys in Lizenz für die französische Armee.
- Letzte Hotchkiss-Fahrzeuge – Die letzten unter dem Namen Hotchkiss produzierten Fahrzeuge waren leichte Geländewagen und Nutzfahrzeuge, bevor die Marke 1969 endgültig verschwand.
- Technische Innovationen – Hotchkiss war einer der ersten Hersteller, der unabhängige Vorderradaufhängungen und synchronisierte Getriebe in seinen Fahrzeugen einführte.
- Rennsportambitionen – In den 1930er-Jahren plante Hotchkiss den Einstieg in den Grand-Prix-Sport, doch das Vorhaben wurde durch die Wirtschaftskrise und den Krieg gestoppt.
Noch mehr Geschichten über historische Automarken finden Sie in diesen Ausgaben
-
OCTANE Edition #03 – Best of British9,16€
zzgl. Versandkosten
-
Ausgabe 01 – Lamborghini Miura8,41€
zzgl. Versandkosten
-
Ausgabe 59 – Ford GT 408,41€
zzgl. Versandkosten
-
Ausgabe 12 – Ford GT408,41€
zzgl. Versandkosten
-
Ausgabe 36 – Ferrari Dino V88,41€
zzgl. Versandkosten
-
Ausgabe 43 – Mercedes-Benz SSKL8,41€
zzgl. Versandkosten
Oder bestellen Sie sich OCTANE ganz bequem im Abo nach Hause

OCTANE Jahresabo – 6x OCTANE versandkostenfrei
Versandkostenfrei