Er hat Lotus-Gene, also ist er leicht. Aber die Karosserie ist aus Aluminium statt Kunststoff. Wir werfen einen Blick in die Geschichtsbücher des einzigartigen und glorreichen Elan »Goldbug« – und in Goodwood durften wir ihn auch fahren.
Wer Lotus hört, denkt automatisch an Colin Chapman, jedenfalls die Älteren unter uns. Und wer Colin Chapman hört, denkt unweigerlich an die großen Erfolge seines »Team Lotus« in der Formel 1. Spätestens seit dem ersten Formel 1-Titel 1963 mit Jim Clark zählte Chapmans Truppe endgültig zu den arri- vierten Siegkandidaten. Das Team war jung und energiege- laden und hatte den Sprung vom fragilen Rennstall in den unteren Formeln zum überragenden – wenn auch immer noch fragilen – Grand-Prix-Siegerteam geschafft.
Dieser kometenhafte Aufstieg ist von Bedeutung, denn parallel dazu betrieb Lotus Cars noch den Straßenwagenbau, den Chapman – ähnlich wie Enzo Ferrari in seinem Imperium – als notwendiges Übel betrachtete, um die glamourösere Formel 1 zu finanzieren. Der Lotus Seven war zwar straßentauglich gewesen, aber erst mit dem Lotus Typ 14 – besser bekannt als Elite – wurde ein Auto speziell für die Straße entwickelt.
Der Nachfolger besass wie der Elite eine Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff, saß aber auf einem federleichten x-förmigen Zentralrohrrahmen aus Stahlblech, der das kleine Coupé wesentlich stabiler machte.
Laut dem verstorbenen Ron Hickman – seines Zeichens Schlüsselfigur bei Lotus und der Mann, dem die Entwicklung des Elan zugeschrieben wird – wurde das Fahrgestell aus einer Versuchsvorrichtung heraus entwickelt, die für die Erprobung von Rotoflex-Kupplungen gebaut worden war, jenem Gummigelenksquartett, das in einer Zeit ohne Gleichlaufgelenke einen integralen Bestandteil von Antriebswellen bildete und dem Chapman zutiefst skeptisch gegenüberstand. Der Motor basierte auf dem Kent-Motor von Ford und hatte zunächst 1498 und schon bald darauf 1558 ccm Hubraum. Er erhielt einen von Lotus gebauten, etwas unansehnlichen, aber äußerst effizienten Aluminium-Zylinderkopf mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Die Kraftübertragung erledigte ein Vierganggetriebe von Ford. Nach seiner Markteinführung 1962 durchlief der Elan mehrere Daseinsformen bis hin zum Kitcar. Die Produktion lief bis weit in die 70er-Jahre hinein mit am Ende über 10.000 gebauten Exemplaren, zehnmal mehr, als der Elite zustande gebracht hatte.
Der Erfolg des Elan bedeutete zugleich Gutes und Schlechtes. Chapmans Ressourcen waren schon recht dünn, als der kleine Sportwagen sich als Offenbarung erwies: auf der Straße dank seiner weichen Federung geschmeidig und auf der Rennstrecke auch ohne Modifikation beeindruckend. Die Kombination aus schmalem Zentralrohrrahmen und dünner Glasfaserkarosserie bot zwar nur wenig seitlichen Aufprallschutz, aber der Elan war ein wendiges, fahrerfreundliches Geschoss, das selbst stärker motorisierte Autos mit besserem Stammbaum demütigen konnte. Schon bei seiner Einführung war der Ruf nach einem Renneinsatz laut geworden und die hohe Nachfrage sollte 1964 zu einer speziellen Rennversion führen: dem 26R.
Im Fokus stand die Ausmerzung von Problemen mit der weichen Federung, der defektanfälligen Antriebswelle und der gebrechlichen Aufhängungsgelenke. Spezielle Dreieckslenker, ein verstärkter Rahmen, dickere Stabilisatoren, Keilwellen mit verschiebbaren Naben und eine leich- tere Aluminiumkarosserie verwandelten einen hervorragenden Sportwagen in einen ausgemachten Rennwagen. Die Motorleistung stieg auf 140 bis 160 PS. Und damit wären wir an der Stelle, an der Ian Walker ins Spiel kommt, der Hauptakteur unserer Geschichte. Endlich!
Ian Walker war ein rastloses Multitalent. Im zweiten Weltkrieg war er bei der Royal Air Force und eine Größe im britischen Vorkriegsrennsport. Er war Ingenieur, Erfinder, Unternehmer, schlug Chapman Tabaksponsoring vor und verhandelte einen entsprechenden Vertrag mit John Player Special. Er fuhr unter anderem mit Graham Hill Rennen in einem Ford Falcon und in den 50er- und 60er-Jahren Rennen auf Lotus, bis er als Teammanger mit seinem Rennstall Ian Walker Racing zu einer Größe im europäischen Rennsport wurde.
Während seiner Glanzzeit machte Ian Walker Racing sich vor allem mit dem unverwechselbaren Lotus Elan 26R mit der inoffiziellen Bezeichnung »Goldbug« einen Namen. Es gab drei Goldbugs, zwei davon waren reguläre 26R, aber nur bei einem der drei blieb der Spitzname bis heute erhalten. Komischerweise ist das ausgerechnet der, dessen Karriere am kürzesten war und der am weitesten hinter seinem Potenzial zurückblieb. Es ist das Auto, das wir heute fahren und dessen korrekter Name Ian Walker Racing Elan Coupé lautet.
Text James Elliot; Fotos Paul Harmer; Bearbeitung Chril Flexney