Der Porsche 911 (996) war die erste Generation mit wassergekühltem Boxermotor. Technisch ein Fortschritt, für die Luftkühler-Fraktion ein Grauen. Doch die erste reinrassige Straßenversion des GT2 ist ein Neoklassiker, wie er im Buche steht.
Ein Neunelfer mit Wasserkühlung, das war 1996 ein Kulturschock für die Porsche-Gemeinde. Und ist es genau genommen bis heute, schaut man sich die Youngtimerpreise an. Die letzte luftgekühlte Version 993 steht hoch im Kurs, die zweite und dritte wassergekühlte Serie 997 und 991 sind ebenfalls gefragt. Nur der 996 tut sich schwer. Was den Hersteller schmerzt, denn natürlich ist der 996 ein echter Neunelfer, den Porsche heute sogar als “Wegweiser in die Zukunft” beschreibt. Nur die Fangemeinde goutiert das eben nicht. Genauso der Markt.
Aber es ist ja nicht nur der Motor, dessen neues Konzept in Grundzügen schon mit dem ersten Boxster (981) ein Jahr vor dem 996 vorgestellt wurde. Bis zur B-Säule und in weiten Teilen des Interieurs sind Boxster und 996 praktisch identisch. Eine Gleichteilestrategie, um Porsche Mitte der 1990er-Jahre profitabler zu machen. Denn die drei parallel gebauten Baureihen 911, 928 und 968 hatten bis 1994 zu hohe Kosten verursacht. Das wollte man mit dem Boxster als Einstiegsversion für den 911 ändern. Ein Rezept, das aufging, und nicht von ungefähr wird der Boxster als Retter von Porsche bezeichnet.
Doch gleiche Teile haben ihre Tücken. Produziert man einen Fehler, findet der sich überall. Und eine klare Unterscheidung zwischen Einstiegs- und Luxusmodell verschwimmt. Das half dem Boxster, aber nicht dem 911. Dazu kam Designkritik wie an den “Spiegelei”-Scheinwerfern der beiden Modelle. Das minderte nicht die Leistung, aber das Überholprestige. Erst mit dem Facelift 2000 modellierte man die Lichter des 996 so weit um, dass sie eigenständiger wirkten. Leider auch etwas unförmiger, wie aus einem Guss sah das alles nicht mehr aus, manche sprachen vom “ausgelaufenen Spiegelei”.
Insgesamt ist der 996 länger und breiter als seine Vorgänger, die noch alle auf dem Entwurf von F. A. Porsche beruhten. Er bietet mehr Komfort und der Motor mit Vierventiltechnik erfüllte die damals strenger werdenden Abgas- und Verbrauchsvorschriften – der 996 begründete eine neue Ära und wie immer musste sich die Fangemeinde daran gewöhnen. Mit knapp 180.000 Stück war der 996 sogar erfolgreicher als 964 und 993 zusammen – aber eben nicht so oft verkauft wie die lang produzierte sogenannte G-Reihe oder der Nachfolger 997.
Optisch ja, aber leistungsmäßig durfte der Boxster freilich nicht zu sehr an den 911 heranrücken. Während der Kleine zuletzt 260 PS in der S-Version mobilisieren konnte, startete der große Porsche schon mit 300 PS, aus denen später 320 bis 345 PS wurden. Als Turbo gab es bis 450 PS und in den Top- Sportversionen GT3 ab Mai 1999 und GT2 ab Januar 2001 am Ende fast 500 PS – damit musste sich niemand vom Boxster überholen lassen.
Der überarbeitete 3,6 Liter des GT2 aus dem Vorgänger 993 bot dazu noch weitere Leistungsreserven. Das reizte das Werk ab Modelljahr 2004 mit 483 PS aus, die Veredler wie Sportec dann noch auf 560 PS optimierten wie im OCTANE-Testfahrzeug aus dem Angebot der SML CarGroup. Als besonderes Goodie für diese bislang unerreichte Leistung in einem 911-Serienmodell gab es für den GT2 Keramikbremsen.
Weniger Gewicht, gleichmäßiger Reibwert und niedriger Verschleiß waren die Argumente für die Porsche Ceramic Composite Brakes, die optional einen fünfstelligen Betrag kosteten und beim GT2 serienmäßig verbaut wurden. Und die theoretisch ein Autoleben lang halten können – was nicht bedeutet, dass man ein Leben lang auf der Nordschleife mit ihnen fahren kann. Schließlich liefert der GT2 mit weit über 300 km/h Topspeed ausreichend Feuer für die Strecke, auch mit Wasser an Bord.
Anyway, für unzählige Landstraßenkilometer reichen sie allemal und bis auf ein feines und nicht ganz untypisches Quietschen benahmen sie sich am Testfahrzeug unauffällig und erwartungsgemäß standfest. Fest ist auch das Stichwort für die Kupplung, die entsprechend getreten werden muss. Das kennt man heute gar nicht mehr, zumal in den meisten Fällen ein smartes Doppelkupplungsgetriebe die Arbeit viel einfacher und besser verrichtet.
Text Ulrich Safferling // Fotos SML CarGroup
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