Ferrari 365 GTB/4 NART Spider in rot-schwarzer Lackierung
Klassiker

Ferrari 365 GTB/4 NART Spider: Die seltene Offenbarung der Daytona-Legende

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Der Ferrari 365 GTB/4 „Daytona“ ist bereits eine Ikone, doch die NART Spider-Version hebt die Exklusivität auf ein neues Level. Von Luigi Chinetti und seinem North American Racing Team (NART) initiiert, entstanden nur wenige dieser offenen Varianten – wahre Sammlerstücke mit einzigartigem Charakter. Mit seinem klassischen V12, der offenen Karosserie und der unverwechselbaren Silhouette verbindet der NART Spider atemberaubende Leistung mit zeitloser Eleganz. Ein Ferrari für Kenner, dessen Seltenheit und Renngeschichte ihn zur Legende macht. Ein seltenes Modell in Schwarz-Rot war seit 1988 verschwunden und wurde jetzt wieder entdeckt.

NART: Ein Blick zurück in die Geschichte

NART, das Akronym für »North American Racing Team«, wurde 1958 von Luigi Chinetti gegründet. 1901 nahe Varese geboren, hatte er sich schon in sehr jungen Jahren erste Sporen in Metall verarbeitenden Betrieben verdient. Nach dem Militärdienst heuerte er 1923 als Mechaniker und Maschinist bei Alfa Romeo an, wo er gelegentlich auch für das Rennteam arbeitete und dabei den drei Jahre älteren Enzo Ferrari traf. Als Gegner des Faschismus unter Mussolini zog es Chinetti im Sommer 1925 wie viele andere italienische Intellektuelle, Künstler, Musiker und Techniker wie Amedée Gordini nach Paris, wo ihm Alfa Romeo schon bald die Leitung der nagelneuen Vertretung in der Rue Marbeuf 36 übertrug.

Schon da zeigte sich das große Verkaufstalent Chinettis, der nebenbei begann Rennen zu fahren. Und zwar sehr erfolgreich – 1932 und 1934 gewann er beide Male auf Alfa Romeo die 24 Stunden von Le Mans. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wanderte er in die Vereinigten Staaten aus, wurde dort 1946 eingebürgert. Ende der 1940er-Jahre kehrte der Italo-Amerikaner kurz nach Europa zurück, wo er Enzo Ferrari wiedertraf.

Die Gründung von Chinetti Motors

Schon bald wieder zurück in den USA, gründete Chinetti in Greenwich (Connecticut) Chinetti Motors – als ersten Ferrari-Importeur in Nordamerika. 1949, beim ersten Le-Mans-Rennen der Nachkriegszeit, verhalf er der noch jungen Marke Ferrari fast allein fahrend zum ersten internationalen Erfolg – und sich selbst zum dritten Sieg bei den 24 Stunden. Zuhause baute er schnell einen Kundenstamm aus wohlhabenden Autokäufern und Rennfahrern auf und gründete 1958 NART.

Heckansicht des Ferrari 365 GTB/4 NART Spider mit runden Rückleuchten und Doppelauspuff

Wichtige Beziehungen für große Rennerfolge

Chinettis Verbindungen zu Enzo Ferrari stellten sicher, dass er immer die besten Autos für sein Rennteam bekam. Das dann bald weltweit Erfolge verbuchte, vor allem in Le Mans und Sebring. Sein Einfluss ging so weit, dass er Ferrari dazu brachte, Modelle an die Bedürfnisse des amerikanischen Markts anzupassen. Wenn das nicht funktionierte, gab er eigene Varianten in Auftrag, die auf seine Kunden zugeschnitten waren. Berühmtes Beispiel: Als die Produktion des 250GT California Spyder auslief und Chinetti kein Cabriolet mehr im Programm hatte, gab er mit Enzos Erlaubnis eine Serie von zehn 275 GTS/4 NART Spyder in Auftrag!

Chinettis Vision von etwas Modernem, Offenem und Auffälligem

Mitte der 1970er-Jahre war Chinetti selbst bereits in seinen Siebzigern, aber immer noch sehr einflussreich. Der 365 GTB/4 Daytona war gerade erst eingestellt worden, und sein Nachfolger, der 365 GT4 Berlinetta Boxer, schien ihm nicht aufregend genug. Chinetti wollte für seine wichtigsten US-Kunden etwas Moderneres, Auffälligeres und – ganz wichtig – Offenes. Daher wandte er sich an einen der talentiertesten und kreativsten Designer der damaligen Zeit, Giovanni Michelotti.

Die erste Version des Ferrari 365 GTB/4 NART Spider war über einem Holzbock handgeformt

Was Michelotti für Chinetti zeichnete, war so weit vom Daytona entfernt, wie es nur möglich war. Der erste, aus Aluminium über einem Holzbock handgeformte 365 GTB/4 NART Spider war ein Cabriolet in betonter Keilform, mit stark ausgeschnittenen Türen, einem Targabügel, im Spritzgussverfahren geformten Kunststoff-Stoßfängern und abgeschrägtem Heck. Dieser erste NART Spider basierte auf einem Daytona Coupé von 1971 (Fahrgestellnummer 14897), das mit seinem Erstbesitzer einen Unfall hatte, woraufhin Chinetti Motors den Wagen als Wrack zurückkaufte. Das Dach war eingedrückt, Türen, Windschutzscheibe und Heckdeckel fehlten. Im Studio Tecnico Carrozzeria G Michelotti in Turin erfolgte dann der Umbau und im November 1974 die Ausstellung auf dem Michelotti-Stand des Turiner Salons.
Die nächsten Modelle hatten alle noch andere Missionen. So wurde die zweite Version für den Start beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1975 gebaut mit Targadach, elektrisch versenkbarer Heckscheibe und in einer rot-weiß-blauen Lackierung.

Detailaufnahme des V12-Motors im Ferrari 365 GTB/4 NART Spider

In der aktuellen Ausgabe des Octane Magazins dürfen Sie sich auf die besondere Vorstellung eines Ferrari 365 GTB/4 NART Spider Chassis 15003 in schwarz-roter Lackierung freuen. Er steht auf historisch korrekten Englebert-Reifen und Chromspeichenrädern von Borrani. Seine Höhe wird durch die schräge Front und die schmale Stoßstange geschickt kaschiert. Es heißt, Michelotti habe aufgrund der hohen Einbaulage des großen Colombo-V12 und der sechs Weber-Fallstromvergaser Schwierigkeiten gehabt, den von Chinetti gewünschten Keil-Look zu erzielen. Aber das Ergebnis war ein gelungenes, wenn auch überraschendes Design.


10 spannende Fakten über den NART SPIDER

  1. Limitierte Stückzahl – Nur zehn Exemplare wurden offiziell von Ferrari als NART Spider gefertigt, was ihn zu einem der seltensten Ferraris überhaupt macht.
  2. #16467 wurde während der Dreharbeiten zu »The Gumball Rally« (deutscher Verleihtitel: »Die verrückteste Rallye der Welt«) von 1976 in einen Unfall verwickelt und tauchte noch im selben Jahr mit Kris Kristofferson am Steuer auch in »A Star Is Born« auf.
  3. Chinetti-Initiative – Der NART Spider wurde auf Wunsch von Luigi Chinetti, dem Gründer des North American Racing Team (NART), entwickelt, um eine offene Variante des Daytona für den US-Markt zu schaffen.
  4. V12-Power – Unter der Haube steckt ein 4,4-Liter-V12 mit rund 352 PS, der den NART Spider auf eine Höchstgeschwindigkeit von über 280 km/h bringt.
  5. Basis: Ferrari Daytona – Technisch basiert der NART Spider auf dem Ferrari 365 GTB/4 Daytona, erhielt aber eine offene Karosserie.
  6. Filmauftritt – Ein NART Spider spielte eine prominente Rolle im Hollywood-Film „The Thomas Crown Affair“ (1968) mit Steve McQueen.
  7. Höchstpreis bei Auktionen – Ein Ferrari 365 GTB/4 NART Spider erzielte 2013 bei einer RM Sotheby’s-Auktion 27,5 Millionen US-Dollar, einer der höchsten Preise für einen Ferrari.
  8. Nie offiziell als Serienmodell geplant – Ferrari sah den NART Spider nie als offizielle Serienversion vor, weshalb nur zehn Exemplare auf Kundenwunsch entstanden.
  9. Seltene Lackierungen – Während viele Ferrari-Modelle traditionell in Rosso Corsa (Rot) ausgeliefert wurden, gab es einige NART Spider in Blau (Azzurro Metallizzato) und anderen außergewöhnlichen Farben.
  10. Beeindruckendes Leistungsgewicht – Dank der offenen Karosserie und dem sparsamen Einsatz von Materialien wog der NART Spider weniger als das Coupé, was ihn zu einem der schnellsten, offenen Ferrari seiner Zeit machte.
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