Auf Veranstaltungen für historische Fahrzeuge ist dieser Maserati 4CLT immer wieder zu hören und zu sehen. Doch zwischen seinen Einsätzen – einst mit Fangio – und heute ist noch viel passiert.
Erinnern Sie sich an den Kinohit Best Exotic Marigold Hotel? In dem Streifen ziehen sieben schräge Engländer auf ihre alten Tage in ein heruntergekommenes Hotel in Indien – was erwartungsgemäß zu bösen Überraschungen führt. Nur der Inhaber des Schuppens glaubt an ein Happy End – getreu seinem immer wieder geäußerten Grundsatz: »Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.«
Es gibt Geschichten, die erzählt man besser vom Ende her – dann weiß man zumindest um ihr Happy End. Diese ist eine von dieser Sorte. Sie endete nach mehr als fünf Jahren – vorerst – im Juni 2012 mit einer ersten Rennrunde auf dem Circuit von Dijon. Bei unserer Fotosession beim Jim Clark Revival auf dem Hockenheimring rechneten wir deshalb damit, dass wir auf diese Geschichte mit Abstand zurückblicken und uns auf die Fahrt mit dem legendären Renner konzentrieren könnten. Dass wir selbst Teil der Geschichte werden sollten, war nicht zu erwarten. Aber am Ende wurde alles gut, der Maserati lief und wir können Ihnen diese tollen Fotos des Autos präsentieren.
Begonnen hat alles im Jahr 2007. Rainer Ott, bekennender Schnellfahrer und Eigner eines ERA R9B suchte noch etwas, das sich neben dem englischen Vorkriegs-Renner sowohl in der Garage als auch auf der Rennstrecke gut machen würde. Was lag näher, als ein Maserati 4 CLT? Wie der ERA ein legendärer Monoposto – aber eben aus der frühen Nachkriegs-Ära und als italienische Diva von ganz anderem Blut. Als Nachfolger des noch auf einem konventionellen Leiterrahmen aufgebauten Vorkriegs-4-CL verfügt der 4 CLT über ein viel leichte- res und steiferes Chassis aus runden Stahlrohren; bei weitem noch nicht so filigran wie Maseratis Birdcage- oder Superleggera-Karosserien späterer Sportwagen, aber ein großer Schritt in Richtung Leichtbau. Um die 630 Kilo bringt ein CLT auf die Waage – ein bisschen abhängig davon, welcher Evolutionsstufe das jeweilige Auto entstammt.
Insgesamt 19 Exemplare des San Remo (so benannt nach seinem ersten Einsatz beim 1948er Gran Premio di San Remo) wurden bis 1950 wohl gebaut und in zwei Evolutionsstufen (4 CLT/48s und 4 CLT/50) weiterentwickelt.
Neben dem neuen leichten Chassis hatte auch der 1500-ccm-Kompressor-Motor aus einer Magnesium-Legierung maßgeblichen Anteil daran, dass das Gewicht so niedrig gehalten werden konnte. Aber – und hier kommen wir zu unserer eigentlichen Geschichte zurück – auch daran, dass Rainer Ott sich mehr als einmal an den Spruch aus dem Hollywoodstreifen erinnert haben mag.
Zwei Wagen wurden ihm 2007 zum Kauf angeboten, einer davon rennfertig. Der andere, Chassis- Nummer 1600 aus dem Jahr 1948, wurde vom Automobilclub von Argentinien (A.C.A) eingesetzt und unter anderem von Fangio gefahren, bevor er Mitte der 50er-Jahre als Ford Maserati bei diversen Formule-Libre-Rennen in Argentinien und Uruguay auf- tauchte. Ausgerüstet mit einem Ford V8 Motor. Ob der Original-Motor damals schon defekt war oder der Ford V8 einfach mehr Power hatte, ist unklar. Glücklicherweise blieben Chassis und Motor immer beieinander und so konnte das Auto, nachdem es mehrfach den Besitzer gewechselt hatte, 1986 in den Originalzustand mit Maserati-Motor zurück- versetzt werden. Unklar ist allerdings auch, ob und wie der Motor zu diesem Zeitpunkt lief.
Erfolgreiche Zieldurchfahrten des Autos sind aus dieser Zeit jedenfalls nicht bekannt – was dafür spricht, dass es mit dem Funktionieren des Motors nicht weit her sein konnte. Als Ott ihn erwarb, lief der Maserati-Motor nicht mehr. Für Experten keine wirkliche Überraschung, denn der Vierzylinder ist nicht nur eine äußerst komplexe Konstruktion mit festen Zylinderköpfen und einem ungewöhnlichen Doppelkompressor. Vor allem das verwendete Material – Magnesium – ist anfällig für Korrosion, der Motor damit meist irreparabel beschädigt.
Also machte sich Ott auf die Suche nach Spezialisten, die in der Lage wären, einen kompletten Motor aufzubauen. Klopfte bei den einschlägigen Betrieben in England an, die sich durch Nachfertigungen legendärer Grand-Prix-Motoren einen Namen gemacht hatten. Doch alle lehnten ab. Zu schwierig. Zu teuer. Zu groß das Risiko der Nachfertigung einer solch kapriziösen Konstruktion. Aber am Ende, wir erinnern uns, wird alles gut. Nur es wurde nicht gut. Und es war noch lange nicht das Ende…
Text: Berthold Dörrich
Fotos: Katja Dalek