Peugeot 504 Cabrio fahrend von vorne
Klassiker

Es muss doch kein Coupé sein – Peugeot 504 Cabrio

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Text Richard Heseltine // Fotos Manuel Portugal

ALS PININFARINA VOM OHNEHIN ELEGANTEN PEUGEOT 504 COUPÉ DAS DACH ENTFERNTE, ENTSTAND SEHR VIEL MEHR ALS DIE SUMME DER VERBLIEBENEN TEILE

An jeder Ampel oder vor Restaurants in Portugal drängeln sich Schaulustige, um das Auto aus der Nähe zu begutachten – und dann allerhand Fragen zu stellen. Der Wagen verblüfft ebenso sehr, wie er verzaubert. Nicht zuletzt das Löwen-Wappen auf dem Kühlergrill bringt die Betrachter immer wieder aus der Fassung. Offenbar kriegen das viele nicht zusammen: ein Exot, der aber tatsächlich ein Peugeot ist. Die Liaison Peugeot/Pininfarina, die bis ins Jahr 1951 zurückreicht, war lange Zeit unzertrennlich. Neben alltagstauglichen Massenautos für Peugeot entstanden in der Turiner Designfirma diverse Kleinserien. Die Krönung der italo-französischen Partnerschaft dürfte das viersitzige Peugeot 504 Cabrio darstellen.

Es kombiniert originelle und schlichte Elemente, was es ebenso schick wie praktisch macht. Pininfarinas Einfluss bei diesem betörenden Spross der italo-französischen Partnerschaft ging weit über den Zeichentisch hinaus: Die Karosse wurde in Grugliasco gefertigt und erst später in Peugeots Werk in Sochaux mit den übrigen Komponenten auf Basis des blassen 504er-Seriemodells zusammengefügt. Cabriolet und Coupé wurden erstmals 1969 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt.

Peugeot 504 Cabrio fahrend im Seitenprofil
Nichts als die klare Form: Das Verdeck verschwindet beinahe unsichtbar unter einer Persenning; weder Chrom noch Zierrat “stören” die Linie des offenen Löwen.

Der ursprüngliche Wagen sorgte nicht unbedingt für Herzrasen, wurde aber immerhin im Jahr 1968 zum »Auto des Jahres« gekürt. 1974 feierte der Douvrin-V6, ein 136 PS starker 2,7-Liter-Motor mit 90-Grad-Zylinderstellung aus der nicht immer gewinnbringenden Kooperation Peugeot/Renault/Volvo sein Debüt im schnittigen 504, was den Vierzylinder zumindest vorübergehend verdrängte.

Das Cabrio wurde bis 1981 gebaut, das Coupé zwei Jahre länger. Dessen Tragik lag in der letzten, hastig vorgenommenen Überarbeitung, die nach Anbringung farbiger Plastikstoßstangen und Ähnlichem so wirkte wie eine Unterarbeitung, vergleichbar mit Pininfarinas Alfa Spider, der in seiner späten Phase ähnlich verhunzt wurde.

Cockpit des Peugeot 504 Cabrio
Das Cockpit enttäuscht fast ein wenig: Es ist rein funktional aufgebaut, das Design wirkt etwas lieblos. Aber genau genommen fehlt es dem Fahrer an nichts.

726.477 Zweitürer wurden vom 504er gebaut, nur 4472 davon als Cabrio. Keine Version ist so pur wie das hier abgebildete Exemplar der ersten Baureihe. Denkt man an die hausbackenen Linien selbst der mutigeren Peugeots der letzten Jahre, dann glaubt man kaum, wie sehr es die Firma einst verstand, attraktive Autos auf die Straße zu stellen. Er ist ein echter Viersitzer und kein 2+2-Kompromiss, dennoch wirkt er selbst aus drei Metern Entfernung wie ein waschechter Roadster. Leider ging ein Teil dieser Eleganz im Rahmen der Modellpflege verloren.

WER DER MEINUNG IST, DAS PEUGEOT 504 CABRIO SEI LEDIGLICH EINE AUFGEBREZELTE LIMOUSINE, HAT NIE EINES BEWEGT

Typisch für die Höhepunkte aus dem Pininfarina-Katalog ist der Verzicht auf Zierrat und Chrom. Wie bei Fahrzeugen dieser Ära üblich, lässt sich das zusammengefaltete Verdeck beinahe unsichtbar unter einer Persenning hinter den Rücksitzen verstauen. Nichts stört dann die Linie. Das Interieur dagegen wirkt auf den ersten Blick fast enttäuschend. Aber letztlich fehlt es dem Fahrer an nichts. Das Armaturenbrett könnte etwas mehr Flair vertragen, aber alles ist logisch aufgebaut, und das Lenkrad mit den gelochten Speichen unterstreicht, dass man hier nicht in einem Pariser Taxi sitzt. Zudem ist es extrem komfortabel.

Und: Der 504 lässt sich wunderbar fahren! Dieses spezielle Exemplar ist mit einer Abarth-Auspuffanlage ausgestattet, einer zu der Zeit durchaus üblichen Nachrüstlösung. Wie viele zusätzliche Pferdestärken dank der besonderen Auspuffanlage frei werden, bleibt unklar. Viele werden es nicht sein, denn besonders schnell fühlt sich der 504 nicht an. Werksangaben zufolge kommt das Cabrio auf 178 km/h. Immerhin reagiert es flink, sobald man aufs Gas drückt.

DAS PEUGEOT 504 CABRIO IST EIN RELATIVES SCHNÄPPCHEN: FÜR UNTER 20.000 EURO FINDET MAN MIT GLÜCK EIN EXAMPLAR IM MAKELLOSEN ZUSTAND

Rein technisch ist der Peugeot also durchaus hart im Nehmen, zudem bietet er ein weitaus besseres Fahrgefühl als viele moderne Autos. Das Fahrwerk absorbiert in seiner gesamten Struktur selbst übelste Holperstrecken ohne Knarren, Ächzen oder Zittern. Es ist fast gemütlich. Auch das Handling entpuppt sich besser als gedacht. Es gibt also einiges an Liebenswertem zu entdecken. Es ist ein ungeheuer entspannt zu bewegendes Automobil. Man will einfach immer weiterfahren, von der Sonne gewärmt und begleitet von wohlwollenden Blicken.

Als die Zweitürer von Peugeot neu waren, repräsentierten sie modischen Chic zum Preis von der Stange. Aber selbst in Frankreich kostete das Coupé etwa 40 Prozent mehr als eine 504 Limousine. Daran hat sich nichts geändert. Das Cabrio ist nach wie vor ein relatives Schnäppchen und für unter 20.000 Euro zu haben, mit ein bisschen Glück sogar in makellosem Zustand. Dabei besitzt der Peugeot ähnlichen Charme und Charisma wie weit exklusivere fahrbare Untersätze, aber dank seiner Großserienbasis – von Karosserieteilen abgesehen – ohne deren schmerzhafte Unterhaltskosten. Coupé und Cabrio sind erste Wahl für stilsichere Enthusiasten und eher nichts für Fashion Victims. Wahrer Stil ist und bleibt eben zeitlos.


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