Klassiker

Eine Nasenlänge voraus

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Der legendäre Datsun-Tuner Spike Anderson baute nur einen einzigen Super Samuri 240Z mit »G-Nase«. Mark Dixon nahm ihn mit auf eine Tour zu Andersons ehemaligen Wirkungsstätten.

Vor 40 Jahren war die welt noch eine ganz andere. Als Spike Anderson, Erbauer der Super Samuri Straßen- und Renn-Datsun 240Z, im Oktober 1981 seine zweite Frau Clara heiratete, wurde er vom Standesamt gebührend verabschiedet. »Vor dem Amt waren acht Super Samuri geparkt und das anschließende Rennen zum 25 Kilometer entfernten Empfang war verdammt gefährlich«, erinnert er sich in seiner Autobiografie. »Jemand von der Rennstrecke in Silverstone stand am Abzweig Daventry der A5 und meinte, der Anblick sei spektakulärer gewesen als ein Modsport-Rennen. Im ‚Ziel‘ wurde Ron Collins in seinem ‚G-Nase‘ Super Samuri zum Sieger erklärt.«

Das Auto, über das wir berichten, hat also in gewisser Weise eine Renngeschichte. Collins war Landwirt aus Bedfordshire und Austin-Healey-Rennfahrer. Er gab diesen einmaligen Super Samuri in Auftrag – das einzige Exemplar von 74 gebauten Modellen, das die längere G-Nase der seltenen Datsun-240ZG-Variante hatte. Und wurde ein guter Freund von Anderson.

Spike Anderson hätte es sich nie leisten können, in Croughton House zu wohnen – aber die heutigen Besitzer erlaubten es OCTANE freundlicherweise, den Datsun dort in Sene zu setzen.

Wie der Untertitel seines Buches andeutet, ist Anderson vor allem für den Bau der modifizierten Datsun 240Z bekannt, die er »Super Samuri« nannte. Ein Projekt, das sich aus seinem Talent entwickelte, Zylinderköpfe aller Art zu optimieren. Im Laufe der Jahrzehnte hat er buchstäblich Tausende davon getunt, nachdem er seine Karriere 1970 bei Broadspeed unter der kundigen Anleitung von Ralph Broad begonnen hatte. Doch es juckte ihn schon bald in den Fingern und nachdem er einen Job bei BRM, wo er die Köpfe des V12-Formel-1-Motors überarbeiten sollte, abgelehnt hatte, machte er sich unter dem Namen Race Head Services selbstständig.

Anderson zog nach Harbury, ein Dorf unweit von Broad- speed und Leamington Spa. Dort habe ich mich mit Paul Matts verabredet, dem Besitzer von Collins’ altem Auto. Wir werden uns auf einen kleinen Roadtrip begeben, um Andersons alte Wirkungsstätten zu besuchen. Um zu sehen, ob noch Spuren davon vorhanden sind, und um dieselben Straßen zu befahren, auf denen Anderson seine Umbauten einst testete.

Die lange »G-Nase» war einzigartig an diesem Super Samuri.

Der erste Samuri war ein erst ein Jahre altes Datsun Sunny 1200 Coupé, das Anderson 1972 mit einem modifizierten Zylinderkopf, zwei SU-Vergasern, einem Auspuff ohne Schalldämpfer, tiefergelegtem Fahrwerk und einer schicken Lackierung aufgemotzte. Aber Anderson hatte längst das Potenzial des 240Z erkannt und kaufte das Modell mit Kennzeichen FFA 196L als Neuwagen, um ähnliche Modifikationen vorzunehmen. Allerdings mit Weber-Dreifachvergasern und einer unverwechselbaren orange-bronzenen Lackierung. Kaum waren die Fahrberichte in den Fachzeitschriften erschienen, klingelte bei Anderson das Telefon, und im Oktober desselben Jahres hatte er bereits zehn Super-Samuri- Umbauten verkauft und den Firmennamen in Samuri geändert.

In Harbury wohnte Anderson in der Dovehouse Lane, wo er sich mit dem örtlichen Dorfpolizisten (dessen Vorname zufällig Percy lautete!) gut verstand. »Der alte Percy war wunderbar! Ein pensionierter Autobahnpolizist aus Preston, der schon alles gesehen hatte. Er hat mich regelmäßig besucht und literweise Kaffee bei mir betrunken. Auf der Straße von Harbury runter zur Southam/Leamington Road gab es eine wahnsinnig schnelle Doppelschikane und wenn ich die Straßenbreite komplett ausnutzte, konnte ich sie durchfahren, ohne auf unter 160 km/h zu verzögern.

Die fehlende hintere Stoßstange betont das Kamm-Heck.

Leider ist von Andersons alten Werkstätten in der Dovehouse Lane nichts mehr zu sehen, da das Gelände mit neuen Häusern bebaut ist. Wir machen uns daher auf den Weg zu unserem nächsten Etappenziel auf der »Spike-Anderson-Gedenkfahrt«: dem Dorf Croughton in Northamptonshire, heute vor allem als Standort des RAF/USAF-Luftwaffenstützpunkts Croughton bekannt. Paul Matts sitzt am Steuer seines G-Nose und da wir nicht im Spikeschen Marschtempo unterwegs sind, haben wir Zeit, ihn ein wenig darüber zu befragen, wie er zu dem Auto gekommen ist.

»Ich habe ihn zusammen mit einem Arbeitskollegen bei eBay gekauft«, antwortet er. »Das war 2006 und wir haben nur 6500 Pfund für ihn bezahlt; später habe ich meinem Freund seinen Anteil abgekauft. Der Lack ist größtenteils noch original, daher gibt es hier und da ein paar Risse und Kratzer, aber das gefällt mir. Mechanisch ist er so, wie Spike ihn als Straßenrenner gebaut hat, obwohl ich nach ein paar beängstigenden Bränden im Motorraum ein Feuerlöschsystem eingebaut und einen ‚Cold Box‘-Lufteinlass vor den offenen Ansaugtrichtern der Dell’Orto-Vergaser installiert habe.«

Unsere letzte Station in Paul Matts G-Nase wird Silverstone sein, wo Anderson ab Oktober 1979 eine Werkstatt gemietet hatte – sein letzte Station, bevor er sich 1993 nach Spanien absetzte. Matts lernte Anderson dort kennen, als er seinen ersten 240Z (leuchtend rot, gekauft, als er 26 war) zum Wechseln der Kopfdichtung brachte. »Gegen Bargeld natürlich!«, sagt er grinsend.

Text Mark Dixon // Fotos Reverend Pixel, Archivbilder mit freundlicher Genehmigung von Spike Anderson // Bearbeitung Thomas Imhof

Lesen Sie in OCTANE #57, warum der Datsun Samuri und nicht Samurai getauft wurde.

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