Die Rallye-Monte-Carlo-Historie dieses Aston Martin DB2/4 wurde einst mit Absicht verschwiegen – und Jahrzehnte später vom Sohn des ursprünglichen Besitzers wieder ans Licht geholt.
Die 26. Rallye Monte Carlo im Jahr 1956 war typisch für die damalige Zeit, in der eine schwere Limou- sine genauso gut den Sieg davontragen konnte wie ein schnelles Leichtgewicht. Die Ergebnislisten muten an wie das Verkaufssammelsurium eines Hinterhofhändlers – kein Motto, kein Sinn, keine Ratio.
Dass ein Jaguar Mk VII, gefolgt von einem Mercedes 220 A, die Gesamtwertung für sich entschied, verwundert wenig. Doch dahinter tummelten sich ein DKW F 93 (Großer DKW 3=6), ein Sunbeam Alpine – das einzige Modell, das in den Top Ten zweimal in Erscheinung trat –, ein VW Käfer Typ 122 1200, ein BMW 502, ein Citroën DS 19, ein Standard Vanguard III und ein Panhard Dyna Z 850. Das seltenste Auto der Rallye war ein Mercedes 300 SL und unter den Fahrern befanden sich einige große Namen, allen voran Pat Moss, Jean Behra und Louis Chiron.
Das Auto, das den Gesamtplatz 141 belegte, war der Privatwagen der Briten Kenneth Carter und Robert Ropner. Es ist das Auto auf diesen Seiten. 1956 gab es eine verlängerte Strecke mit neuen Startpunkten, und während die meisten Briten zum Start nach Glasgow fuhren, setzten sich Carter und Ropner in Richtung Paris in Bewegung. Carter hatte vor der Rallye eine Woche lang auf Eis und Schnee in den Schweizer Alpen geübt und den Start in Paris gewählt, weil der Startzeitpunkt sicherstellte, dass die schwierigsten Passagen bei Tageslicht gefahren werden konnten.
Dennoch stand am Ende kein gutes Ergebnis zu Buche, doch eine Erwähnung in den britischen Zeitschriften “The Motor” und “The Autocar” verdiente sich die Crew allemal. Ein Bild des Aston war der Aufmacher im herrlich detaillierten Bericht von “The Autocar”, der auch erwähnte, dass der Franzose Jean Estager nach dem Verzehr einer Bouillabaisse mit einer Lebensmittelvergiftung ausschied, und in dem die Landschaft auf der neuen Strecke mit einem Gemälde von Gustave Doré verglichen wurde.
Das allererste Mal sehe ich diesen Aston auf dem manikürten Rasen des Salon Privé auf dem Gelände des Blenheim Palace im reizvollen Oxfordshire – eine Szenerie, die mich an die Bilder von Jack Vettriano erinnert. Nur wenige Stunden später wird der Wagen mit zwei Preisen ausgezeichnet: dem “People’s Choice”, also dem Publikumspreis, und dem prestigeträchtigen “Preservation Award” für das besterhaltene Fahrzeug. Das kommt nicht von ungefähr: Er hat zwar ein neues, maßgeschneidertes Dachgestell nach historischen Fotos erhalten, aber der Rest seiner akkuraten historischen Karosserie, die Rallyeschilder, die Plaketten und die herrliche Patina lassen ihn aussehen, als sei er gerade aus den südwestfranzösischen “Gorges de la Bourne” herausgekommen.
Der Wagen wird von dem Aston-Experten Dylan Miles begleitet. “Es ist ein einzigartiger Fund und als ich ihn sah, habe ich mich sofort in seine Historie und seine Patina verliebt. Es war sehr aufregend, als er ans Tageslicht kam. Er muss eines der letzten, wenn nicht sogar das letzte unentdeckte Auto aus Feltham mit einer bedeutenden Motorsportgeschichte sein, die mit Originaldokumenten belegt ist. Selbst der Aston Martin Owner’s Club wusste nichts von seiner Existenz.”
Wenn man den Wagen mit den Skiern, Stöcken und Koffern auf dem Dach so sieht, fragt man sich, wie es sein kann, dass seine Monte-Geschichte jahrzehntelang in Vergessenheit geraten oder besser gesagt verdeckt bleiben konnte. Das Gleiche gilt, wenn man durch die Unmengen von Notizen blättert, die Carter und Ropner während der Rallye akribisch festgehalten haben – die selbst gezeichneten Karten, die niedergeschriebenen Vermerke, die Berechnungen an den Seitenrändern. Es ist ein außergewöhnlich verführerisches Stück Geschichte. Und dann sind da auch noch die Wartungsprotokolle.
Der spannendste Eintrag stammt vom 21. November 1955 und listet alle Arbeiten vor der Monte auf, von der Entkohlung des Motors über den Einbau je eines Marchal- und eines Lucas-Nebelscheinwerfers (die sich bei der Rallye als absolut erforderlich erwiesen) bis hin zum Einbau gelber Scheinwerferlampen. Lucas-Nebelscheinwerfers (die sich bei der Rallye als absolut erfor- derlich erwiesen) bis hin zum Einbau gelber Scheinwerferlampen.
Zweifelsohne war der DB2/4 eine gute Basis für ein Rallyeauto. Er wurde von 1953 bis 1959 gebaut und war eine Weiterentwicklung des DB2, des zweiten neuen Nachkriegsmodells von Aston Martin. Via den Prototypen Atom und die Miniserie des 2-Litre Sports (heute als DB1 bezeichnet) markierte er die Abkehr des Unternehmens von den Vorkriegssportwagen mit den freistehenden Rädern – und bildete damit die gesellschaftlichen Umbrüche der damaligen Zeit, die Befreiung von der strengen, durch Hunger geprägten Nachkriegswelt ab. Endlich konnte man wieder Spaß haben, auf eine schuldfreie und erwachsene Weise.
Text: James Elliott // Fotos: Tim Scott // Bearbeitung: Christel Flexney
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