Klassiker

Ein Traum für Rüsselsheim – der Bitter CD

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Einem deutschen Unternehmer und Ex-Rennfahrer genügte die Verlockung italienischer Schönheit mit amerikanischer Kraft nicht: Er wollte deutsche Fertigungsqualität on top. Das Ergebnis war der Bitter CD.

Es steckt eine gehörige Portion deutscher Denke im Bitter CD. Und eine Prise Verrücktheit. Er begann als Konzeptstudie und wurde Realität dank der Tatkraft eines Rennfahrers, der zum selbstständigen Hersteller wurde. Das Coupé ist atemberaubend gestylt, mit Anschubhilfe einer italienischen Carrozzeria, wird von einem Corvette-V8 angetrieben, basiert aber auf einer europäischen Oberklassenlimousine. Am Ende entstanden nur 395 Exemplare und dieses hier ist das einzige im Vereinigten Königreich.

Um das Auto zu verstehen, muss man zuerst den Mann dahinter durchleuchten. Erich Bitter, der am 11. August die 90 Jahre vollmachen will, begann im Alter von 20 Jahren eine Karriere als Radprofi. Nach der mittleren Reife verließ er die Schule, um im Fahrradgeschäft seines Vaters in der Nähe von Düsseldorf zu arbeiten. 1954 wurde Bitter mit 21 Jahren jüngster deutscher Radprofi und nahm sogar an der Tour de France teil. 1958 beendete er seine Bike-Zeit, um sich fortan dem Motorsport zu widmen.

Der Bitter CD war etwas für Promi-Kunden: die Kicker Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge, Skistar Rosi Mittermaier und der Deutsch-Barde Heino schlugen zu.

Auf vier Rädern startete er unter anderem bei der Targa Florio und am Nürburgring, fuhr für NSU und schwerpunktmäßig Abarth. 1968 ärgerte Bitter mit der berüchtigten »Schwarzen Witwe«, einem 150 PS starken Opel Rekord beim Saisonfinale in Hockenheim sogar die Porsche
911. Auch wenn dieser erste Opel-Renntourenwagen schnell wieder von der Bildfläche verschwand – 1969 fuhr ihn ein letztes Mal (ohne große Begeisterung) ein gewisser Niki Lauda beim Flugplatzrennen Tulln-Langenlebarn –, waren erste Bande nach Rüsselsheim geknüpft.

Parallel dazu hatte Bitter in seiner Heimatstadt Schwelm ein Autohaus eröffnet, in dem er NSU, Saab und Volvo verkaufte. Der umtriebige Kaufmann wurde zudem deutscher Importeur für Abarth und Intermeccanica, außerdem verkaufte er unter der Marke »Rallye Bitter« Autozubehör und
Tuning-Ausrüstung und importierte 1964 als Erster feuerfeste Rennoveralls aus England. Später entwickelte er mit DuPont einen eigenen flammengeprüften Stoff, Nomex. Um die Wirksamkeit am eigenen Leib zu demonstrieren, stellte sich Bitter im Nomex-Outfit in eine Ölwanne, aus der die Flammen loderten. 

Mit Leder ausgestatteter Innenraum und Holzverkleidungen für eine entspannte Atmosphäre und hohen Komfort.

Nachdem ein Frua-Deal geplatzt war, trat Erich Bitter, seit seinen Renntagen regelmäßiger Besucher in Rüsselsheim, an Lutz heran. »Ich habe ihn gefragt, ob ich den Diplomat umbauen könnte. Er fand die Idee gut, verkaufte mir die Technik und wir entwickelten den Bitter CD, den wir dann 1973 auf der IAA vorstellten«, so Bitter 2018 in einem Interview mit der »Opel Post«.

Ein hübscher GT im italienischen Stil, gepaart mit einem kreuzsoliden V8-Antrieb, aber gebaut nach deutschen Qualitäts- und Zuverlässigkeitsstandards. Das schien für Bitter attraktiver als der von ihm importierte Intermeccanica Indra V8, dessen Garantiekosten ihm schwer zu denken gaben. »Ich will ein schönes, schnelles Auto, aber ich will auch einsteigen und losfahren können«, brachte er es auf den Punkt. Zwar fehlte ihm das Kapital für den Aufbau einer eigenen Fertigungslinie für den CD, aber Opel war sehr am Gelingen des Projekts gelegen – die Hessen beteiligten sich sogar an der Vorentwicklung der Karosserie.

5,3-Liter-V8-Motor, der auch die Corvette befeuerte – satte 230 PS für mehr als 200 km/h Topspeed.

Was Bitter trotzdem noch fehlte, war ein Partner für die Kleinserienfertigung. Und er fand ihn in Baur, jenem Stuttgarter Karosseriebauer, der sich mit dem Bau von Prototypen und Kleinserien für deutsche Hersteller längst einen Namen gemacht hatte. Baur legte Bitter rasch ein 1:1-Modell seines Vorschlags vor. Es hatte sich gegenüber dem Frua-Entwurf nur wenig verändert, kam jedoch nun etwas klassischer daher. Die Änderungen umfassten eine andere Verglasung – weniger eng am Maserati Ghibli – sowie schlankere, schwarze Stoßstangen und insgesamt weniger Chromschmuck.

Baur fertigte die Rohkarosserie, baute und montierte die Anbauteile, passte das Fahrwerk an die Karosserie an und richtete auch den Innenraum ein, Opel lieferte die verkürzte und vom Frua-CD bekannte Diplomat-Bodengruppe. Da das fertige Auto etwas an Gewicht zulegte und sich auch die Gewichtsverteilung änderte, wurden straffere Schraubenfedern und speziell abgestimmte Bilstein-Dämpfer montiert. Der 327-ci-V8 von Chevrolet (5,3 Liter) aus dem Diplomat B und der Corvette wurde unverändert übernommen.

Nach der IAA-Premiere nahm Erich Bitter, der sich danach sehnte, als Automobilhersteller ernst genommen zu werden, Bestellungen für 176 Fahrzeuge entgegen. Noch träumte er von einer Jahresproduktion von 200 Einheiten. Unter den Promi-Kunden: die Kicker Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge, Skistar Rosi Mittermaier und der Deutsch-Barde Heino, um nur einige zu nennen.

Text Glen Waddington // Fotos Dean Smith // Bearbeitung Thomas Imhof

Lesen Sie in OCTANE #65, wie dieser Bitter CD über Südafrika nach England kam – und dort auf Erich Bitter traf.

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