Die Preise für Dino 308 GT4 haben sportlich zugelegt. Gute Modelle mit zeitgenössischer Lackierung, Original-Interieur und wenig Kilometern sind heute Wertanlagen. Ganz abgesehen davon bieten sie Fahrspaß ohne Ende und sind dazu noch richtig selten.
Falscher Name, falscher Designer, falsches Konzept – der Dino 308 GT4 hatte es als Nachfahre des Dino 246 nicht leicht. Erschwerend kam hinzu, dass der fast zeitgleich verkaufte 308 GTB/GTS mit Privatdetektiv Magnum am Steuer in Amerika deutlich erfolgreicher war. Da nützte es auch nichts, dass in beiden Coupés der neuentwickelte und talentierte Mittelmotor-V8 steckte. Doch stand der Dino 308 GT4 vor 40 Jahren noch wie Blei bei den Ferrari-Händlern, hat sich die Zurückhaltung heute gelegt.
Kann es einen falschen Ferrari geben? Lassen wir die wahren Auto-Fälscher außen vor, so meint falsch eher erfolglos. Eine Kombination unglücklicher Faktoren, bei denen die Ölpreiskrise noch nicht mal mitbedacht werden muss. Ein neues Design mit einem neuen Konzept unter dem Label einer Submarke – es war schon kühn, was Enzo Ferrari auf einmal plante. Und folgte der Logik, dass die Konkurrenz mit dem Maserati Merak, dem Lamborghini Urraco und Porsche 911 allesamt 2+2 im Angebot hatten. Ferrari sprach sogar von einem Kundenwunsch. Dass die hinteren Sitze mit ihrer minimalen Beinfreiheit nur im äußersten Notfall belegt werden können, war kein Kriterium – das sah bei der Konkurrenz nicht anders aus. Man setzte auf eine vermeintlich sichere Karte und engagierte ausnahmsweise Bertone in Gestalt dessen talentierten Chefdesigners Marcello Gandini. Jenes Mannes, der mit dem Miura eine Ikone geschaffen hatte und mit dem Urraco seinerzeit einen 2+2-Sitzer im zeitgemäßen Blechkleid präsentierte. Doch dabei wurde übersehen, dass ein Lamborghini extrovertierter im Zuschnitt ist und sein darf als ein Ferrari. Das Ergebnis sah deshalb für viele Kunden damals gewöhnungsbedürftig aus.
Verglichen mit den barocken, weichen Pininfarina-Formen eines Dino 206 und 246 war der 308 GT4 für die Kunden ein Schock. Da stand ein Keil im Trend der Zeit mit Klappscheinwerfern und halb verdeckten Lüftungsschlitzen. Letztlich kopierte und entwickelte Gandini seinen damaligen Stil mit dem GT4 weiter und erfüllte die Vorgabe eines 2+2 Mittelmotor-Sportwagens mit kompakten Abmessungen und akzeptablem Kofferraum. So oder so, das Design wurde mehr oder weniger verrissen und bekam weder Exoten- noch Mitleids-Bonus. Da war es am Ende nicht verwunderlich, dass es Gandinis einzige Auftragsarbeit für Ferrari blieb, während er noch zahlreiche Lambo- und Maserati-Modelle zeichnen durfte.
Erschwerend wirkte sich auf den Absatz auch die Fortsetzung der Namensgebung »Dino« aus. Enzo Ferrari hatte diesen Namen zur Erinnerung an seinen früh verstorbenen Sohn Dino für die kleinen Ferrari-Modelle 206 und 246 eingeführt. Zweisitzer mit Sechszylinder-Mittelmotor, quasi Einsteigermodelle für die wahren Ferrari, für die der Patron Zwölfzylinder als Maß der Dinge be- trachtete. Doch für ein vollwertiges Modell reichte diese Strategie dann nicht aus, die Kunden wollten das springende Pferd auf der Haube sehen und nicht einen Namensschriftzug, den man dem neidvollen Nachbarn erst einmal erklären musste. In der zweiten Serie des 308 GT4 ab Mai 1976 führte Ferrari zwar noch sein traditionelles Markenzeichen auf der Dino-Haube ein – und hinten durfte sich das Pferdchen am Heck aufbäumen, aber da war es schon zu spät.
Text Ulrich Safferling // Fotos Kai-Uwe Knoth