2023 feiert der Cooper S seinen 60. Geburtstag – und dieses Exemplar ist der älteste Überlebende. Mark Dixon erzählt die Geschichte eines Mini, der wirklich ein Autoleben gelebt hat.
Als wir die Autobahn überqueren und Banbury hinter uns lassen, ist uns ein moderner Mini Cooper (oder, wie BMW sagen würde, MINI Cooper) dicht auf den Fersen. Vor ein paar Minuten waren wir noch in einem lagerähnlichen Fotostudio in einem der weitläufigen Industriegebiete, aber jetzt, nach einem langen Tag mit dem Fotoshooting des Autos, das Sie hier sehen, haben wir Zeit, ein paar Minuten zu spielen. Obwohl dieser Mini Cooper S eine Höchstgeschwindigkeit von gut 150 km/h erreicht, kann er in der Beschleunigung nicht mit seinem Nachfahren mithalten. Zumal der von einem Pendler gefahren wird, der es offensichtlich sehr eilig hat, nach Hause zu kommen. Aber dann nähern wir uns der ersten von einer Reihe scharfer 90-Grad-Kurven – und plötzlich ändert sich das Kräfteverhältnis …
Ja, es ist wahr. Alles, was Sie über das Handling des klassischen Mini Cooper gelesen haben, stimmt. Dieses winzige Auto durcheilt die erste Kurve wie auf Schienen. Als wir die nächste Gerade schon zur Hälfte hinter uns haben, kommt der nachfolgende MINI gerade erst aus der Kurve. Und eine Biegung weiter beschließt sein Fahrer, seinen Tee noch ein paar Minuten warten zu lassen. In einem Duell Mini gegen MINI hat David dem Goliath Fersengeld gegegeben und ihm eine Lektion erteilt.
Seit er 1959 mit einem 848-ccm-Einvergasermotor auf den Markt kam, macht diese Fähigkeit, Giganten zu düpieren, einen großen Teil des Mini-Mythos aus. Im Gegensatz zu allen anderen BMC-Autos seit dem Morris Minor von 1948 war der Mini (im Nachhinein als Mini 850 bezeichnet) mit seinem (erstmals) quer eingebauten Vierzylinder-Reihenmotor, einem integrierten Getriebe, das sich das Öl mit dem Motor teilte, dem Frontantrieb und einer Federung mit konischen Gummiblöcken eine echte Revolution. Das geringe Gewicht und die Anordnung der Räder an jeder Ecke verliehen ihm ein Kart-artiges Fahrverhalten, das seine bescheidene Leistung von 34 PS bei weitem kompensierte.
Schon wenige Wochen nach der Weltpremiere am 26. August 1959 nahm am 18. September ein leicht modifizierter 850er – kein Cooper S – an der Viking Rally nahe Oslo teil. Von der BMC-Motorsportabteilung gemeldet, diente er eigentlich dazu, Pat Moss und ihren Austin A40 bei einer Veranstaltung zu unterstützen, bei der Begleitfahrzeuge nicht erlaubt waren. Dennoch brachte der Leiter der Abteilung, Marcus Chambers, den Mini auf Platz 51 nach Hause.
Wie sein Vorkriegsvorgänger Austin Seven hat auch der Mini den Motorsport demokratisiert. Er war ein erschwingliches Auto für Enthusiasten mit kleinem Budget, aber auch sehr wettbewerbsfähig. 1961 kaufte der aufstrebende Tourenwagenpilot John Whitmore – der die Baronatswürde seines Vaters noch nicht geerbt hatte, um Sir John zu werden – bei BMC Motorsport in Abingdon für 400 Pfund einen gebrauchten Mini 850 und gewann damit die britische Tourenwagen-Meisterschaft.
Tatsächlich lag er in der Punktetabelle so weit vorn, dass er zum Finale in Brands Hatch gar nicht mehr antreten musste, um sich den Titel zu sichern. Daher lieh er den Wagen einem begeisterten Amateur-Rennfahrer, der aus Amerika zu Besuch war. Whitmore hatte noch nie von diesem Kerl, der auch Schauspieler war, gehört, aber nachdem er ihn in London zu einem Smalltalk getroffen hatte, überließ er dem Ami den Mini für das Rennen in Brands Hatch. Sein Name war Steve McQueen.
Ein vollwertiges Raupenfahrzeug wie eine Planierraupe lehnte Kretzner ab, weil es schwierig zu fahren gewesen wäre und seine unkonventionelle Lenkung ein anderes fahrerisches Können erfordert hätte. Das wiederum wäre dem beabsichtigten Bedienkomfort des Fuchses abträglich gewesen. Kretzner verzichtete daher auf Ketten an der Vorderachse. Trotzdem musste diese modifiziert werden, wollte sie der enormen Traktion der Hinterachse gewachsen sein. Und so wurde eine zweite Lenkachse hinter der ersten montiert. Beide haben 14-Zoll-Zwillingsräder mit Geländereifen.
Die Ironie liegt darin, dass der Mini nie auch nur im Entferntesten als Sportwagen gedacht war. Sein Konstrukteur Alec Issigonis hatte ihn lediglich als preiswerten Flitzer im Sinn. Der vom A35 übernommene 948-ccm-Motor wurde absichtlich auf 848 ccm verkleinert, weil Issigonis ihn für unnötig stark hielt. Hätte man den 948er Motor wie ursprünglich vorgesehen beibehalten, hätte es der Mini von Anfang an auf 145 km/h statt der 115 km/h des 850ers gebracht.
Obwohl die hervorragende Dynamik des Wagens ihn sofort für »sportliche« Fahrer interessant machte, kam der Mini Cooper erst Ende 1961 auf den Markt. Mit seinem auf 997 ccm aufgebohrten und von zwei SU-Vergasern versorgten A-Serie-Motor avancierte er zum Piranha im Karpfenteich der hubraumstärkeren, aber auch schwereren Konkurrenten. Zu verdanken war dies dem Formel-1-Konstrukteursweltmeister von 1959 und 1960, John Cooper.
Er kannte den BMC-Motor der A-Serie schon aus seinem Formel Junior und war zufällig auch ein guter Freund von Issigonis. So konnte er sich einen frühen 850er leihen und mit ihm zum Grand Prix von Italien 1959 in Monza fahren. Dort unternahm der Ex-Ferrari-Ingenieur Aurelio Lampredi, damals bei Fiat, eine lange Testfahrt mit dem kleinen Briten und soll bei seiner Rückkehr gesagt haben: »Wenn er nicht so hässlich wäre, würde ich mich erschießen.«
Fotos Dean Smith // Bearbeitung Thomas Imhof
Lesen Sie in OCTANE #64, welche bewegte Rennhistorie dieser Ur-Cooper-S genannt 732 HOP erlebt hat.
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