Dieser mit zahlreichen Preisen dekorierte Ferrari 335 S von 1958 ist der vierte und letzte Vertreter aus der Serie und wurde speziell für Einsätze bei amerikanischen Sportwagenrennen gebaut – als einer der “gefürchtetsten” Wagen seiner Zeit.
Obwohl Ferrari den 335 Sport nur eine Saison lang als Werksrennwagen einsetzte, war er einer der gefürchtetsten Sportwagen seiner Zeit. Der dritte und letzte in der Reihe der Viernockenwellen-Ferrari kam als direkte Antwort auf den Maserati 450 S, dessen 4,5 Liter-Motor drohte, die Ferrari-Typen 315 S (3,8 Liter) und 290 MM (3,5 Liter) in Grund und Boden zu fahren. Der V12-Jano-Motor (Tipo 141) schöpfte aus 4023 ccm Hubraum (Bohrung 77 mm, Hub 72 mm) und einer Verdichtung von 9,2:1 offiziell 390 PS bei 7.400 U/min.
Tatsächlich sollen aber bis zu 430 PS über eine mit Motordrehzahl laufende Kardanwelle zum hinten liegenden Vierganggetriebe mit Sperrdifferenzial von ZF gelangt sein. Bei einem Trockengewicht von 880 Kilo erreichte das von einer Batterie von sechs Weber-Vergasern gespeiste Maranello-Monster Spitzengeschwindigkeiten von 305 km/h und erzielte 1957 in Le Mans mit einem Schnitt von über 192 km/h die schnellste Runde.
Doch Ferraris Antwort auf den Maserati 450 S war nur von kurzer Dauer, beschränkte das europäische Sportwagen-Reglement für die Saison 1958 doch den Hubraum auf maximal 3,0 Liter. So bauten sie in Maranello nur drei Fahrzeuge, alle im Jahr 1957. Das erste, Chassis 0674, basierte auf jenem 315 S (Chassis 0626), der bei den 12 Stunden von Sebring debütierte und mit dem Wolfgang Graf Berghe von Trips 1957 bei der Mille Miglia auf Platz zwei einlief – dabei großzügig dem Altstar Piero Taruffi in einem weiteren 315 S den Sieg überlassend.
Danach zum Vierliter-335 S aufgewertet, belegte 0674 mit Hawthorn/Musso zweimal Platz vier in Schweden und Venezuela, ehe er Anfang 1958 mit Stirling Moss den GP von Kuba gewann, danach eine kurze Karriere in den USA startete, um 1969 in die Masdu-Clos-Sammlung von Pierre Bardinon zu gelangen. 2016 kam dieser mit Abstand erfolgreichste Vertreter des Quartetts bei der Rétromobile- Auktion von Artcurial für 32,1 Millionen Euro unter den Hammer.
Der große Auftritt des 335 S war eigentlich für die Mille Miglia von 1957 geplant. Doch erlangte das Modell durch den fürchterlichen Unfall des Spaniers Alfonso de Portago und seines amerikanischen Beifahrers Ed Nelson dann traurige Berühmtheit. Auf Platz drei liegend kamen sie im Chassis 0676 wegen eines Reifenschadens nahe der Ortschaft Guidizzolo bei Höchstgeschwindigkeit von der Fahrbahn ab und rissen 14 Zuschauer, darunter auch Kinder, mit in den Tod.
Kurz zuvor waren Peter Collins und der Fotograf Louis Klemantaski im 335 S, Chassis 0700, in Führung liegend knapp vor Parma mit Achswellenbruch ausgeschieden. Danach belegte Collins in diesem Modell noch jeweils Platz zwei beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring (mit Olivier Gendebien) und beim GP von Schweden, ehe er, wie in Kristianstad zusammen mit Phil Hill, das Finale in Caracas gewann.
Damit gewann Ferrari, auch dank des Sieges eines 290 MM bei den 1000 Kilometer von Buenos Aires, die Sportwagen-Weltmeisterschaft 1957. Danach ging 335 S #0700 in die USA, wo er bis Ende 1960 unter ande- rem mit Starfahrern wie Hill und Richie Ginther erfolgreich war und 1991 in den Besitz des bekannten Ferrari-Sammlers Peter Sachs gelangte.
Mit Blick auf die Saison 1958 reagierte Ferrari gewohnt schnell und präsentierte für das neue Reglement den 250 Testa Rossa mit 3,0-Liter- Motor und den charakteristischen Ponton-Kotflügeln, welche die Brem- sen besser kühlten. Der 250er-Motor war leichter zu warten und abzustimmen, ein Vorteil für den amerikanischen Markt, wo Ferrari seine Präsenz als Lieferant für Gentleman-Fahrer ausbauen wollte.
Text: Massimo Delbò und Thomas Imhof // Fotos: Tim Scott
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