Wollten Sie nicht immer schon mal einen ganz kleinen, heimlichen Blick in die private Arbeits- und Lebenswelt der Designer, Marketing-Chefs und CEOs der bedeutenden Automobilhersteller werfen? Voila, Corona macht’s möglich!
Gerade bei Designern, Marketing-Chefs und CEOs vermutet man ja eine gewisse berufsbedingte Achtsamkeit im Umgang mit dem Eigenimage. War das bisher vor allem durch Kleidung, Stil und Accessoires bestimmt, so kommt seit Corona eine ganz neue Facette dazu: Die Videokonferenz Kamera am Laptop erlaubt uns eine ganz neue Form der Intimität – einen Blick ins private Homeoffice. Zugegebenermaßen nur ein Schlüssellochblick. Aber ist es nicht gerade dieser beschränkte Blickwinkel, der den Blick durchs Schlüsselloch so interessant macht? Weil uns damit – je nach Perspektive – nur ein kleiner Ausschnitt preisgeben wird und Raum für Deutung, Vermutungen, Fragen offen bleibt:
Was schließen wir aus dem Bild, das uns unser Video-Gegenüber mit seiner Laptop-Kamera freigibt? Wie mag es wohl im Rest der uns verborgen bleibenden Lebenswelt aussehen? Was hat ihn motiviert, sich in dieser Umgebung vor der Kamera zu präsentieren? Gedankenlosigkeit, nichts? Oder wurde bewusst positioniert, zurechtgerückt, vielleicht sogar inszeniert? Sollen uns einzelne Details etwas sagen?
Genügend Raum für Fragen, die wir Designern, Marketing-Chefs und CEOs einfach mal gestellt haben. Heute treffen wir uns zum Corona-Call mit Klaus Bischoff, seit 1. April 2020 als Nachfolger von Michael Mauer auf Konzernebene für das Design bei Volkswagen verantwortlich.
Was inspiriert Sie, wenn Sie in Zeiten wie diesen im Homeoffice sitzen?
Designer sind visuell geprägte Menschen. Alles, was wir sehen oder unbewusst wahrnehmen, bleibt in Erinnerung. In der entspannten Atmosphäre eines Homeoffice ist es viel einfacher in diese Bilderwelt abzutauchen und Vergangenes Revue passieren zu lassen. Es ist wie einen Schatz zu heben, zu dem man leichter Zugang findet.
Was fehlt Ihnen, oder was geht am heimischen Schreibtisch besser, als im Büro?
Der zwischenmenschliche Kontakt ist unersetzlich. Aber ich bin positiv überrascht, wie effizient und flexibel wir in dieser Zeit über Entfernung miteinander arbeiten. Der direkte Dialog mit dem Team funktioniert sehr gut über Dienste wie Skype. Jetzt zahlt sich aus, dass wir bereits in den letzten Jahren verstärkt auf digitale Prozesse gesetzt haben.
Was tun Sie, um sich das Arbeiten in dieser Situation angenehm zu machen?
Designer setzen sich intensiv mit möglichen Zukunftsszenarien auseinander. Wieviel Zeit wir künftig im Auto verbringen, entscheidet auch darüber „wie“ wir diese Zeit gestalten. Manche Märkte dieser Welt entwickeln hier eine enorme Dynamik. Das Auto nimmt immer mehr die Rolle eines „Mobil-Office“ ein. Egal, ob wir arbeiten oder unterhalten werden, die Anforderungen zum Homeoffice sind weitgehend deckungsgleich – es muss komfortabel sein, gleichzeitig aber alle Möglichkeiten für Entertainment und Kommunikation bieten.
Was wollen Sie uns mit dem Bildausschnitt sagen, den sie uns mit ihrer Laptop-Kamera freigeben?
Arbeit macht Spaß.
Was sehen wir da im Hintergrund?
Wir wohnen in der Innenstadt. Durch das Fenster sehen Sie die Anwohner und Nachbarhäuser. Direkt hinter mir steht eines meiner liebsten Automodelle, der Volkswagen T2 Bulli.
Was geben diese Dinge von Ihrer – bisher vielleicht unbekannten – privaten Persönlichkeit als Videokonferenz-Gegenüber frei?
Dass ich meinem Motto treu bin: Lerne aus der Vergangenheit, lebe in der Gegenwart, gestalte die Zukunft.
Die Interview-Fragen stellte OCTANE-Herausgeber Berthold Dörrich