Text Berthold Dörrich und Rémi Dargegen // Fotos Rémi Dargegen
CORRADO LOPRESTO SAMMELT NUR EINZELSTÜCKE – PROTOTYPEN, SONDERKAROSSERIEN ODER AUTOS MIT CHASSISNUMMER 1. SEINE KOLLEKTION IST EIN EINMALIGES ZEUGNIS ITALIENISCHER KAROSSERIEBAUKUNST. ZUM ERSTEN MAL WURDEN ZWÖLF BESONDERE PREZIOSEN DARAUS ZUSAMMEN BEI DER RÉTROMOBILE GEZEIGT
Um die Entstehung bedeutender Automobilsammlungen ranken sich oft die verwegensten Gerüchte. Vielfach gerade deshalb, weil die dahinter stehenden Sammler die Öffentlichkeit scheuen – und damit dem Entstehen von Gerüchten und Legenden selbst Tür und Tor öffnen. Corrado Lopresto geht mit seiner Sammlung einen anderen Weg. Er fährt seine Schmuckstücke gerne und oft bei Veranstaltungen oder präsentiert sie auf den großen Events der Öffentlichkeit. Wir haben ihn in seinem Privatmuseum in Mailand besucht und mit ihm über seine besondere Leidenschaft für italienische Unikate gesprochen.
Corrado Lopresto ist sicher einer der gegenwärtig bedeutendsten Sammler ungewöhnlicher Automobile, denn seine Sammlerleidenschaft rankt sich um eine ganz besondere Zahl: die »Eins«. Sprich Einzelstücke wie Prototypen, einmalige Sonderkarosserien oder die jeweils ersten Stücke einer gebauten Serie. Auch sonst hat Lopresto die »Eins« gerne – bevorzugt dann, wenn es darum geht, bei Wettbewerben Erster zu werden. Als einziger Sammler hat er viermal den »Coppa d’Oro« für das beste Auto bei der Villa d’Este gewonnen und darüber hinaus jede Menge erste Preise bei den großen Concours-Veranstaltungen rund um den Erdball eingesammelt.
Dabei kam es eher zufällig zu der Liaison mit der »Eins«, wie er uns erzählt. Als Kind wurde er im Familienauto, einer Lancia Aurelia Berlina, zur Schule gefahren. Den Geruch des Leders hat er noch immer in seiner Nase, sagt er. Da der Vater ihm aber mit 18 kein Auto kaufen will, verkauft er sein selbst restauriertes Moped, legt sein Erspartes drauf und erwirbt einen ziemlich runtergekommenen Fiat Ballila Lusso, ohne zu wissen, dass es sich um ein recht spezielles Exemplar des italienischen Kleinwagens handelt. Erst ein sachkundiger Lackierer in Mailand, zu dem er das Auto eher zufällig bringt, macht ihn darauf aufmerksam, was für ein rares Modell er da erworben hat.
Danach folgen zwei ebenso seltene Fiat – einer aus dem ministeriellen Fuhrpark und ein Kombi mit verlängertem Chassis und Klappsitzen. Beide wollte keiner mehr haben. Als Architekt hat Corrado Lopresto eine Leidenschaft für italienisches Design. Und natürlich für italienischen Karosseriebau. Von Anfang an war es ihm wichtig, den einzigartigen Charakter der vor allem italienischen Autos wie Alfa Romeo, Lancia, Cisitalia oder Osca zu erhalten.
Dabei stützt er sich auf eine Sammlung von historischen Dokumenten und Bildern – und ein Netzwerk von Spezialisten, die die alten Techniken noch beherrschen. Gerade bei Einzelstücken, Prototypen oder Sonderkarosserien ist das gar nicht so einfach. Denn diese Fachleute, so sagt er, werden immer seltener.
Natürlich gibt es auch Lieblinge in seiner Sammlung, die er auch für viel Geld nie hergeben würde. Bei den Prototypen ist das der Giulietta Spider Prototyp von Bertone. Von den Autos mit ChassisNummer 1 wäre es der Lancia Flaminia, der ursprünglich dem Zementunternehmer Carlo Pesenti gehörte, der die Marke 1955 von Gianni Lancia erworben und später an die Agnellis weiterverkauft hat. »Bei den Sonderkarosserien ist es sicher der zweitürige Lancia Florida von Pininfarina, den ich im Moment restauriere«, ezählt uns Lopresto.