Kaum ein Mensch kennt noch den französischen Autohersteller Ballot, der zwischen 1904 und 1932 existierte. Sein epochaler Reihenachtzylinder mit zwei Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder schrieb 1921 mit dem Sieg beim ersten GP von Italien Motorsportgeschichte. Wir haben ihn gefahren.
Dieser in Französisch Racing Blue lackierte Ballot 3/8 LC ist ein motorsportliches Meisterwerk und war für eine kurze Zeitspanne das weltweit schnellste Renngerät seiner Klasse. Sein famoser Reihenachter war das Werk des 1885 in Genf geborenen Motoren-Gurus Ernest Henry. Doch obwohl Ballot-Racer bei den 500 Meilen von Indianapolis der Jahre 1919 und 1920 die schnellsten Zeiten fuhren und 1921 in Brescia den ersten GP von Italien gewannen, ist die Marke heute weitgehend unbekannt.
Ernest Ballot (geboren 1870) gründete »E. Ballot et Cie.« 1904 und begann zunächst mit dem Bau von Motoren für andere Hersteller wie Delage oder heute so unbekannte Marken wie Pierron, Barré, SCAP oder Mass. Aber auch Motorboote, Luftschiffe, Flugzeuge und sogar Dampfwalzen und Landwirtschaftsmaschinen wurden von den qualitativ hochwertigen und modernen Ballot- Aggregaten angetrieben.
Während man in Europa aufgrund der Nachwehen des Krieges noch nicht wieder an große Autorennen dachte, boten die 500 Meilen von Indianapolis des Jahres 1919 die ideale Bühne, um international Produktwerbung zu betreiben. Der französische Rennfahrer René Thomas, 1914 Sieger der 500 Meilen auf einem Delage, brachte Ernest Ballot mit Ernest Henry zusammen, dessen Peugeot die Rennen der Vorkriegs-Ära maßgeblich bestimmt hatten, der im Alter von 27 Jahren 1911 bei Peugeot angeheuert hatte und setzte mit Vierventil-DOHC-Vierzylindermotoren motortechnische Meilensteine schuf.
Henry wechselte 1919 zu Ballot und entwarf in nur 101 Tagen einen 4,9 Liter großen Reihenachtzylinder für das Modell 5/8 LC. Als für 1920 ein Reglement mit einem Hubraumlimit von drei Litern in Kraft trat, leitete er davon einen 2,97 Liter großen Reihenachter (3/8 LC) und einen Zweiliter-Vierzylinder (2 LS) ab.
Henrys Achtzylinder war eine Weiterentwicklung seines Vierzylinder-Peugeot. Veredelt mit einem Zylinderkopf mit halbkugelförmigen Brennkammern, zwei oben liegenden Nockenwellen und vier in einem Winkel von 60 Grad angeordneten Ventilen pro Zylinder. Heraussprangen 150 PS und eine Höchstgeschwindigkeit (in Indianapolis) von über 190 km/h.
Text Robert Coucher Fotos Paul Harmer Bearbeitung Thomas Imhof
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Diese Story finden Sie in OCTANE Ausgabe 45
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