Vor 90 Jahren erdacht, jetzt gebaut: Audi Tradition hat mit dem Auto Union Typ 52 Schnellsportwagen eine alte Vision verwirklicht. Das Konzept dieses außergewöhnlichen Fahrzeugs entstand in den 1930er-Jahren, als die Auto Union mit ihren stromlinienförmigen Rennwagen die Grenzen des technisch Machbaren auslotete. Doch der Typ 52 blieb ein Entwurf – bis heute. Mit akribischer Detailarbeit, historischen Dokumenten und modernster Technik wurde das Projekt nun Realität. Das Ergebnis: ein aerodynamisches Meisterwerk, das die Innovationskraft seiner Zeit widerspiegelt und gleichzeitig die Brücke zur Gegenwart schlägt.

Die Auto Union AG: Ein Zusammenschluss namhafter Marken
Die Auto Union AG entstand 1932 aus dem Zusammenschluss von Audi, DKW, Horch und Wanderer. Schon 1931 hatte Wanderer-Direktor Hermann Klee den in Stuttgart ansässigen Ferdinand Porsche mit dem Entwurf eines Grand-Prix-Autos beauftragt. Porsche hatte zuvor bei der Daimler Motoren Gesellschaft sowie nach deren Fusion mit Benz & Cie bei Mercedes-Benz gearbeitet. Dort entwickelte er unter anderem den Mercedes-Benz SSK mit Kompressor, der in den 1920er-Jahren den Rennsport dominierte, bevor er 1931 dann sein eigenes Konstruktionsbüro gründete.
Für die Auto Union-Rennabteilung, die in den Horch-Werken in Zwickau untergebracht war, entwickelte Porsche eine Reihe von Grand-Prix-Fahrzeugen. Von 1934 bis 1937 gewannen Autos von Auto Union 25 Rennen, gefahren von Legen¬den wie Tazio Nuvolari, Bernd Rosemeyer, Achille Varzi und Hans-Joachim Stucks Vater, dem »Bergkönig« Hans Stuck.
Sie stellten Weltrekorde auf, dominierten Bergrennen in ganz Europa, gewannen drei deutsche Meisterschaften und die Europameisterschaft 1936. Auftrag erfüllt, könnte man meinen. Doch da gab es noch die Idee, einen »Silberpfeil« für die Straße zu bauen.
Ein Blick in die Geschichte des Typ 52
Die Geschichte des Typ 52 reicht bis 1934 zurück und selbst der aktuelle Bau erforderte ein Jahrzehnt Arbeit. »Wir hatten immer im Hinterkopf, dass die Familie der Silberpfeile nicht vollständig war«, erzählt mir Witt, während der Typ 52 wieder in den Transporter verladen wird und Stuck in seinem Porsche 911T davonfährt. »Wir waren fasziniert von der Vision, aus einem Grand-Prix-Rennwagen ein Straßenauto zu bauen. Dass uns ein 16-Zylinder zur Verfügung stand, half uns, das Projekt 2013 zu starten.«
Der Hauptsitz der Auto Union befand sich in Chemnitz und damit 1945 unter sowjetischer Kontrolle. Als die Auto Union AG aufgelöst wurde, verschwanden viele Zeichnungen. Die Pläne, die während der DDR-Zeit erhalten blieben, lieferten jedoch eine recht klare Vorstellung der Entwicklungsrichtung, nicht zuletzt eine Skizze des Umrisses und seiner viertürigen Konfiguration.

Ein GT-Rennwagen blieb 1930 Theorie auf dem Zeichenbrett
Irgendwann in dieser Zeit entstand die Idee, einen »Silberpfeil« für die Straße zu bauen. Hier kommt der sogenannte Schnellsportwagen ins Spiel, ein GT-Rennwagen, der in den 1930er-Jahren nicht über das Zeichenbrett hinauskam. Es gab Pläne, ihn für Rennen wie die Mille Miglia oder Le Mans an Kunden zu verkaufen. Zu seiner Zeit wäre er locker eins der leistungsstärksten Fahrzeuge mit Straßenzulassung gewesen. Obwohl der Bau eines Prototypen schon geplant war, versandete das Projekt 1935. Erst 2024, fast 90 Jahre später, realisierte Audi den Schnellsportwagen.
Das Projekt begann mit erhaltenen Dokumenten, Plänen und Designskizzen
Vorausgegangen waren akribische Forschungen und Analysen plus etwas sachkundiger Interpretationsspielraum. Eine tragende Rolle beim Bau spielten Crosthwaite & Gardiner, die britischen Spezialisten für historische Rennwagen, die schon Nachbauten der Auto Union-Rennwagen für die Audi-Sammlung auf die Räder stellten.
Es waren einige abweichende Modifikationen nötig. Während in den Skizzen ein Radstand von drei Metern vorgesehen war, musste Audi Tradition ihn auf 3,3 Meter strecken, um die Vorderradaufhängung, die Lenkung, den Mittelmotor und das Getriebe sowie einen zentralen Fahrerplatz mit zwei leicht nach hinten versetzten Beifahrersitzen unterzubringen.
Der Wagen besitzt Speichenräder und Trommelbremsen wie der Typ A. Ein 110-Liter-Tank befindet sich zur optimalen Gewichtsverteilung hinter den Sitzen. Das Cockpit ist mit den gleichen Instrumenten ausgestattet wie das der Grand-Prix-Wagen, allerdings weniger spartanisch, sondern eher luxuriös. Das Armaturenbrett aus Holz ähnelt dem der opulenten Horch-Modelle jener Zeit. Wenig überraschend ist die Karosserie im silbernen Farbton der damaligen Grand-Prix-Wagen lackiert.
Eine Abweichung zum historischen Plan stellt der Motor nach Typ-C-Spezifikation dar, ein aufgeladener 6,0-Liter-V16, der mit einer Mischung aus Methanol, Toluol und Superbenzin betrieben wird. Er erzeugt 520 PS – deutlich mehr als die 200 PS, die 1934 im Raum standen.






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10 spannende Fakten über den Auto Union Schnellsportwagen
- Der Entwurf des Typ 52 entstand unter der Leitung von Ferdinand Porsche, der auch für die legendärenAuto Union Grand-Prix-Wagen verantwortlich war.
- Der Wagen besaß eine strömungsgünstige, fließende Form, die sich an den Stromlinien-Rennwagen der Auto Union orientierte.
- Berechnungen aus den 1930er-Jahren deuteten darauf hin, dass der Typ 52 eine Geschwindigkeit von über 300 km/h hätte erreichen können.
- Beim Nachbau wurden moderne Methoden wie 3D-Scanning und CAD-gestützte Rekonstruktion eingesetzt, um den Entwurf so authentisch wie möglich umzusetzen.
- Der Typ 52 war mit einem zentralen Fahrersitz ausgestattet, flankiert von zwei leicht nach hinten versetzten Beifahrersitzen. Dieses Layout wurde später im McLaren F1 der 1990er-Jahre wieder aufgegriffen.
- Er misst beeindruckende 4,3 Meter in der Länge, was seine stromlinienförmige Silhouette unterstreicht.
- Eine präzise Zahnstangenlenkung sorgt für exaktes Handling und direkte Rückmeldung an den Fahrer.
- Das Kraftstoffsystem wurde so konzipiert, dass es sowohl für Renn- als auch für Straßeneinsätze geeignet ist.
- Die speziell entwickelte Auspuffanlage verleiht dem V16-Motor einen unverwechselbaren Klang.
- Der Motor des aktuellen Nachbaus wird mit einer speziellen Mischung betrieben, bestehend aus 50% Methanol, 40% Superbenzin und 10% Toluol.
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