Klassiker

Alpiner Raupen-Fuchs

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Ein innovativer österreichischer Erfinder suchte nach einer Alternative zum Skilift. Die Lösung war der »Raupen-Fuchs« – der unlängst von VW Nutzfahrzeuge Oldtimer restauriert wurde.

Hat es je einen universelleren und vor allem vielseitigeren Transporter gegeben als den VW Typ 2, der als Transporter T1 zur Legende wurde? Der Bus mit der geteilten Frontscheibe ist eine automobile Ikone und zugleich ein wichtiges Stück Kulturgeschichte. Sein Erbe wirkt bis heute nach und hält die Volkswagen-Szene lebendig. Und noch nie haben wir einen Typ 2 gesehen, der so vielseitig ist wie dieser. Der »Raupen-Fuchs« wird als der »wohl geländegängigste Bulli« beschrieben, der »jemals die Berghänge dieser Welt erklommen hat«.

Nach einer aufwendigen Restaurierung befindet er sich nun in der Sammlung der Volkswagen Nutzfahrzeuge Oldtimer in Hannover; seine Wiederherstellung war für das Team eine echte Herzensangelegenheit, obwohl sie das Fahrzeug nur in Einzelteilen erwerben konnten.

Der Raupen-Fuchs sieht aus wie ein normaler T1 – auf Drogen

Der Entwurf für den Typ 2 – liebevoll »Bulli« genannt – zeichnete sich durch ein revolutionäres, direkt über den Vorderrädern befindliches Fahrerhaus (Frontlenker) und einen flachen Motor im Heck aus. Der Bulli konnte für den Transport von Fracht oder Personen und als Wohnmobil genutzt werden. Was er ab Werk nie konnte, war das Erklimmen eines schneebedeckten Bergs. Dieses Manko wollte der Wiener Erfinder, Ingenieur und begeisterte Skifahrer Kurt Kretzner beseitigen.

Kretzner stand vor dem Problem, dass es in Österreich kaum geländetaugliche Transportfahrzeuge zu kaufen gab. Im Original-Verkaufsprospekt für den Raupen-Fuchs griff er später die Worte von Ferry Porsche auf: »Ich habe mich umgesehen, konnte aber das Fahrzeug, das ich vor Augen hatte, nicht finden. Also beschloss ich, es selbst zu bauen.« Sein Anspruch dabei: Es sollte so einfach zu fahren sein wie ein normaler Lieferwagen. Er wollte »einen idealen Helfer für jeden: Hüttenwirt, Jäger, Förster, Arzt, Wartungspersonal von Liftanlagen, Fernseh- und Rundfunkanlagen, Pipelines und dergleichen«. Was eignete sich da besser als der beliebte VW Bulli?

Die vordere Kabine entspricht weitgehend dem Serienstand aus den 1960er-Jahren.

Der Umbau des Bullis zu dem Fahrzeug, das den Vorstellungen des Tüftlers entsprach, dauerte vier Jahre bis 1966: Kretzner verpasste dem Heck seines Fahrzeugs eine Doppelachse mit Kettenantrieb. Die von ihm entwickelten und gebauten Ketten liefen auf 13-Zoll-Rädern, wobei eine einzigartige Konstruktion aus Aluminiumgliedern mit zwei Zentimeter dicken Gummifüßen dafür sorgte, dass der T1 auf der Straße fahren konnte, ohne den Asphalt zu beschädigen.

Ein vollwertiges Raupenfahrzeug wie eine Planierraupe lehnte Kretzner ab, weil es schwierig zu fahren gewesen wäre und seine unkonventionelle Lenkung ein anderes fahrerisches Können erfordert hätte. Das wiederum wäre dem beabsichtigten Bedienkomfort des Fuchses abträglich gewesen. Kretzner verzichtete daher auf Ketten an der Vorderachse. Trotzdem musste diese modifiziert werden, wollte sie der enormen Traktion der Hinterachse gewachsen sein. Und so wurde eine zweite Lenkachse hinter der ersten montiert. Beide haben 14-Zoll-Zwillingsräder mit Geländereifen.

Mit den gummibewehrten Ketten darf der Raupen-Fuchs sogar auf der Straße fahren.

Jedes Rad der beiden Lenkachsen hat seine eigene Bremse; der größte Vorteil der neuen Konstruktion war jedoch der Wendekreis von nur zehn Metern. Um all diese Mechanik unterbringen zu können, wurde der untere Teil der Karosserie erheblich modifiziert. Von vorn bis hinten durchgehende Schutzbleche verdeckten die Räder und Ketten und veränderten das Aussehen des Bullis drastisch. Diese Modifizierungen hatten eine Verkleinerung des Innenraums zur Folge, es blieb lediglich Platz für eine einzige Sitzbank.

Durch die Umgestaltung der Hinterachse war die Getriebeübersetzung deutlich niedriger als beim serienmäßigen T1; die größte Veränderung brachte jedoch ein für maximale Geländegängigkeit unerlässliches Sperrdifferenzial. Trotz all der zusätzlichen Komponenten blieb der Motor völlig unangetastet: Der Bulli musste sich also mit dem luftgekühlten 1,2-Liter-Boxermotor mit sparsamen 34 PS aus dem Käfer begnügen. Letztlich sollte das aber ausreichen, denn die zulässige Höchstgeschwindigkeit des Raupen-Fuchses lag bei 35 km/h. 

Kretzner baute jedoch nur zwei Füchse, bevor er sich 1968 anderen Projekten zuwandte – und dieser ist wahrscheinlich der einzige, der überlebt hat. Er war Kretzners persönliches Fahrzeug und wurde bis Mitte der 1980er-Jahre regelmäßig in Wien gesichtet. Er wurde zu einer Art lokalen Legende und Ende der 80er-Jahre vom Porsche- Museum in Gmünd erworben. Anfang der 1990er-Jahre gelangte er in den Besitz eines Frankfurter VW-Bus-Sammlers, 2018 übernahm VW den mittlerweile in Einzelteile zerlegten Raupen-Fuchs und restaurierte ihn.

Text Matthew Hayward // Fotos VW Nutzfahrzeuge Oldtimer // Bearbeitung Christel Flexney

Lesen Sie in OCTANE #64, wie sich eine Fahrt über Stock und Stein im Raupen-Fuchs anfühlt.

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