Der AC MA 200 hätte als potenter Nachfolger des AC Ace ein Bestseller werden können. Doch ACs schöner Roadster zog im Produktionspoker mit Shelbys V8-Vision vom Ace den Kürzeren
Stellen Sie sich vor, Ihnen wurden alle Attribute eines Siegers in die Wiege gelegt: Unterstützung der Eltern, ein athletischer Körper und das Herz eines Champions. Der Haken: Ihr größerer Bruder ist schon erfolgreich und will das Feld nicht räumen. Genau das wurde zum Schicksal des AC MA 200. In den frühen 60er-Jahren brauchte AC dringend einen neuen Roadster als Nachfolger für den alten Ace. Mit ihrem Prototyp MA 200 sah sich die Firma auf einem vielversprechenden Weg, doch das Schicksal wollte es anders. Denn der Ace bekam als mächtige Cobra-Version eine unerwartete Galgenfrist – und der AC MA 200 wurde vom neuen Stern am Autohimmel zur historischen Fußnote.
Das muss nicht mal Zufall gewesen sein: Der MA 200 stand die ersten Jahre in demselben Gebäude wie Carroll Shelbys Cobras. Shelby muss dem Wagen also damals sehr nahe gekommen sein. Obwohl AC bei der Cobra mit Shelby kooperierte, zeigte die Firma kein Interesse an seiner Mithilfe beim MA 200. Das mag erklären, warum Shelby nach dem Auto befragt, vor Jahren antwortete: »Von diesem Auto habe ich noch nie gehört.« Nie gehört, nie hören gedurft oder nie hören gewollt?
Kein Wunder, gab doch die Existenz des MA 200 Anlass zu einigen Verschwörungstheorien. Er hatte mit dem 289ci denselben Ford-V8-Motor wie die Cobra, jedoch einen längeren Radstand, richtige Kurbelfenster und ein echtes Cabrio-Verdeck – Features, die den amerikanischen Geschmack besser trafen als die der spartanischen Cobra. War der MA 200 als Nachfolger für die Cobra gedacht? Versuchte AC, Shelby auszubooten und komplett eigene Autos zu bauen? Für diese Vermutungen gibt es keine Beweise, aber 1964 beschrieb die englische Zeitschrift ROAD & TRACK den MA 200 unter einem heimlich aufgenommenen Foto als »die neue Cobra«.
Da mag der Wunsch Vater des Gedankens gewesen sein. Denn einige Jahre später bestätigte AC-Präsident Derek Hurlock der Zeitschrift CLASSIC CARS gegenüber, der MA 200 sei als Nachfolger für den Ace konzipiert worden. Ingenieur Zdislaw Marzewski baute damals einen neuen Sechszylinder-Boxermotor und hatte die Erlaubnis, dafür ein passendes Auto zu entwickeln (die ersten beiden Buchstaben seines Nachnamens finden sich in der Bezeichnung MA 200 wieder). Das Auto unterschied sich von allem, was AC bis dahin gebaut hatte: innenliegende hintere Scheibenbremsen, innenliegende vordere Aufhängung und ein quadratischer Stahlrohrrahmen unter einer modernen Aluminiumkarosserie.
Unterdessen baute AC seine Beziehungen zu Carroll Shelby und Ford aus. 1963 nahm AC mit Ford- V8-Motoren unter eigenem Namen an den 24 Stunden von Le Mans teil. Als eines der Autos einen respektablen siebten Gesamtplatz einfuhr, bedankte sich Ford bei AC mit einem übrig gebliebenen handgefertigten High-Performance-V8 (HiPo-289). AC baute diesen Motor in den MA 200 ein und ersetzte den eigenen Sechszylinder durch ein billigeres und leistungsfähigeres Triebwerk.
Text Richard Heseltine // Fotos James Lippmann
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