Ein Star vom Turiner Salon 1953 und dieser Woche ist der einzigartige Abarth 1100 Sport Ghia.
Begonnen hat die Geschichte im Frühling 1953 am Turiner Salon auf dem Ghia-Stand: Neben einem imposanten Dodge Firearrow von Ghia stand ein kleines Coupé mit Abarth-Markenzeichen. Die Automobil Revue berichtete am 29. April: »Abgesehen von einer etwas massiven Vordergestaltung, ist ein fast schneeweisses kleines Ghia-Sportcoupé eine der Hauptattraktionen im Salon. Unter dem niedrigen Wagen, dessen verchromte Drahtspeichenräder in pikantem Gegensatz zur grossflächigen Karosserie stehen, verbirgt sich ein von dem ‚Frisier‘-Künstler Abarth unter Verwendung von Fiat-1100-Teilen entwickeltes Fahrwerk mit eigenem Rahmen und Porsche-Vorderradaufhängung.«
Chassis Nummer 205-104 war das vierte von fünf gebauten 205A-Fahrgestellen, die Abarth in den Jahren 1950 bis 1953 konstruierte. Es waren seine ersten eigenen Autos, nachdem er als Rennleiter bei Cisitalia ausgeschieden war. Die ersten drei erhielten Vignale-Coupé-Karosserien und haben bis heute überlebt. Die beiden Chassis 205-101 und -102 nahmen 1950 sogar an der Mille Miglia teil, schnitten aber nicht sonderlich gut ab. Das fünfte Chassis bekam einen Spideraufbau und wurde nach einem schweren Unfall verschrottet. Bei der Nummer 104 griff Abarth auf Teile des neuen Fiat 1100 zurück, namentlich den Motor und das Getriebe. Diese Karosserie liess er bei Ghia bauen. Es handelte sich bei diesem Chassis um einen Plattformrahmen aus Spezialstahl. Die Vorderräder waren einzeln, die hinteren an einer Starrachse aufgehängt. Der Radstand betrug rund 2,23 Meter, der Motor mit 1089 Kubikzentimetern Hubraum leistete eindrückliche 75 PS bei 6000 Umdrehungen.
Es gab eine ganze Reihe von Karosseriedesignern, die in jener Zeit für Ghia entwarfen, darunter Virgil Exner, Giovanni Michelotti, Mario Boano und Giovanni Savonuzzi. Entsprechend unsicher ist, wer sich für den Abarth 1100 Sport ans Zeichenbrett setzte. Vorherrschende Meinung ist, dass Michelotti den Abarth verantwortete. Aber man kann davon ausgehen, dass er zur Inspiration einen genauen Blick auf andere Entwürfe jener Zeit warf.
Das Ergebnis jedenfalls war atemberaubend. Der kaum viel mehr als 3,6 Meter lange Ghia-Abarth wies teilverschalte Räder und eine minimalistische Ponton-Karosserielinie auf. Die Front allerdings war klar charakterisiert und zeigte eine »Nase« ähnlich, wie dies bei einigen Studebaker-Modellen der frühen Fünfzigerjahre der Fall war. Die Kabine war grosszügig verglast, auf eine B-Säule wurde verzichtet. Je nach Perspektive wirkte der Abarth wie eine verkleinerte Version des Dodge Firearrow, neben dem er in Turin präsentiert wurde.
Der Abarth Ghia kam beim Salonpublikum gut an, ganz besonders gefiel er offenbar einem Amerikaner namens Bill Vaughn. Der kaufte ihn kurzerhand und präsentierte ihn an der New York Auto Show im Jahr darauf als Vaughn SS Wildcat. Doch nicht nur der Name war neu. Unter der Haube wollte man einen V8 mit obenliegenden Nockenwellen untergebracht haben.
Text Bruno von Rotz/zwischengas.com // Fotos Angus McKenzy/RM Sothebys
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