Hudson Italia fahrend
Klassiker

Hudson Italia: Wenn der Retter zu spät kommt

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OCTANE #10

 

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Text & Fotos Mark Dixon

ALS MAN DEN MUFF DER NACHKRIEGSJAHRE LOSGEWORDEN WAR, BRACHTE HUDSON DEN ITALIA. EIN AMERIKANISCHER TRAUM MIT SCHWUNG UND STIL – FÜR DIE FIRMA NUR LEIDER ZU SPÄT

Seit David und Goliath handeln die schönsten Geschichten davon, wie die kleine Firma den Mut hat, es mit den großen Konzernen aufzunehmen. Einer der kleinsten Hersteller, der sich daran auf dem amerikanischen Automarkt versuchte, war Hudson. Gegründet im Jahr 1909, ging es mit dem Unternehmen schon vor dem Zweiten Weltkrieg bergab. 1954 verschmolz Hudson mit Nash-Kelvinator zu American Motors, ein paar Jahre später waren beide Namen Vergangenheit. Aus Hudson und Nash wurde die neue Marke Rambler. Das war schon damals tragisch, da Hudson noch wenige Jahre zuvor mit zwei Modellen einen neuen Anlauf unternommen hatte, das welkende Image aufzubessern. Eins der Modelle war der Hudson Hornet. Das zweite war weniger erfolgreich, aber wesentlich aufsehenerregender: der Hudson Italia.

Hudson Italia mit geöffneter Beifahrertür
Den Touch Exotik erhält der Hudson Italia durch die bis ins Dach reichenden Türausschnitte.

Wie der Name vermuten lässt, wurde der Wagen nicht in Amerika entworfen und gebaut. Zu der Zeit hatte sich in den USA eine gewisse Schwäche für alles Italienische herausgebildet. Die Carrozzeria Touring erhielt den Auftrag für den Bau eines sportlichen Coupés auf der Basis des kompakten Hudson Jet. Der Jet war trotz der Typenbezeichnung eine ziemlich lasche Familienkutsche, eine altbackene Kiste. Außerdem war er teuer. Der Jet ging nicht ab wie eine Rakete.

Vom Italia wird behauptet, Hudson habe davon 25 Exemplare bestellt, um die Homologierung für die Carrera Panamericana zu bekommen. Doch das gilt als unwahrscheinlich. Plausibler ist, dass Hudson ein Auto mit einem gewissen Nimbus wollte, um die Nachfrage nach den gewöhnlichen Modellen zu steigern.

Motor des Hudson Italia
Der Schnellste ist der Italia nicht – der 3,3 Liter große Reihensechszylinder leistet 114 PS bei 2000 U/min, was für eine Topspeed von 160 km/h aussreicht. Doch wer braucht schon Tempo, wenn er einfach nur herrlich gemütlich durch die Landschaft cruisen möchte?

Die Karosserie wurde abgenommen und ein Prototyp in Superleichtbauweise (Aluminiumbleche auf Rohrrahmen) auf das Fachwerk-Karosseriegerippe mit Kastenträgern gebaut. Der Touring-Signor Felice Bianchi Anderloni fuhr damit ein wenig herum – und er war zufrieden: »Die leichte Handhabung des Hudson auf der Straße hat mich überzeugt. In Italien hat niemand Automatikgetriebe.« In Wahrheit hatte der Prototyp-Italia ein Schaltgetriebe mit Overdrive.

Ein Vertrag über den Bau von 25 Italia wurde im Dezember 1953 unterschrieben. Als die Ladung von 25 Autos – die die einzige Lieferung bleiben sollte – im Herbst 1954 in den USA eintraf, gab es den Hersteller Hudson nicht mehr. Aus Hudson war – mit Nash – American Motors geworden. Kunden für einen Sechszylinder-Hudson, der teurer als ein Cadillac war, gab es kaum. Ed Souers von der Hudson-Essex-Terraplane Historical Society hat inzwischen zwei Italia restauriert und besitzt zudem den einzigen gebauten Viertürer.

Den Italia nahm kein Promi im Showbusiness wahr. Die Geschichte, nach der Liberace einen hatte, umlackiert in Silber und mit schwarzem Interieur (alle Italia wurden mit cremefarbenem Lack und einer Innenausstattung in Rot und Creme ausgeliefert) entpuppte sich als Finte. Der vermeintliche Wagen wurde neulich in seinen ursprünglichen Farbzustand zurückversetzt. Zu den exotischsten Stylingelementen gehört der bis in das Dach reichende Türauschnitt. Etwas Drama erhielt die schnörkellose Form durch Borrani-Speichenräder und die drei Röhren hinten, in denen die Heckleuchten untergebracht sind. Im Inneren war der Italia leuchtend rot.

ETWAS DRAMA ERHIELT DIE SCHNÖRKELLOSE FORM DURCH BORRANI-SPEICHENRÄDER UND DIE DREI RÖHREN HINTEN, IN DENEN DIE HECKLEUCHTEN UNTERGEBRACHT WAREN

Den hier abgebildeten Wagen hat Hyman Ltd. Classic Cars aus St. Louis restauriert. Er ist der dritte gebaute Italia und befindet sich heute in einem Concours-Zustand. Mit etwas über 100 PS unter der Haube ist der Italia nur mäßig schnell, aber sein 3,3-Liter-Reihenmotor lässt ihn mit einem angenehmen Gurgeln dahingleiten, und trotz der typisch weichen Federung einer amerikanischen Limousine ist er relativ einfach zu handhaben. Der Italia wurde 1953 und 1954 von der Presse euphorisch aufgenommen, doch als Retter einer kleinen Firma in der zur damaligen Zeit stark angeschlagenen Automobilbranche war er leider nicht geeignet.


OCTANE #10

 

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