BMW M1 von schräg vorne aufgenommen
Klassiker

So fährt sich der BMW M1 im Alltag

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OCTANE#02

 

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Text Keith Adams // Fotos Tom Salt

GEBOREN ALS STUDIE ZU DEN OLYMPISCHEN SPIELEN IN MÜNCHEN 1972, WURDE DER FLÜGELTÜRER MIT 4-ZYLINDER-TURBO ZUM ERSTEN BMW MIT MITTELMOTOR – UNGEWÖHNLICH FLACH UND BEFREMDEND. ALS ER FÜNF JAHRE SPÄTER ZU LAUFEN LERNTE, WOLLTE IHN KEINER KAUFEN. AUCH BEI RENNEN KAM ER NUR LANGSAM IN GANG. HEUTE WISSEN WIR: DER BMW M1 WAR WEGWEISEND UND GEWAGT

Mitten in einem Tunnel ist es um mich geschehen: Ich verliebe mich in den M1. Was für ein Ort für so ein Gefühl! Der Tunnel ist leer, lang und gut beleuchtet, und als ich hineingefahren bin, wusste ich, dass ich jetzt das Gaspedal durchdrücken muss. Bedenkt man, dass BMW kein Supersportwagenerbe besaß, als der M1 ersonnen wurde, dann ist das Resultat ein famoser Anblick. Durch und durch italienisches Autodesign eben. Mit dem breiten und niedrigen Fahrwerk wirkt er kompakt und angriffslustig. Die Lamellen und Schlitze – von Giugiaro Ende der 1970er Jahre verschwenderisch platziert – hätten jedem Supersportwagen gut zu Gesicht gestanden.

BMW M1 vor Alpenpanorama
Die abenteuerliche Formgebung des BMW M1 lässt viele Herzen höher schlagen, jedoch birgt sie für den Fahrer jede Menge tote Winkel.

Von den äußeren Details sind vor allem die Motorhaube und die Heckklappengestaltung interessant, und natürlich auch der Kühlergrill. Die Integration der Doppelniere in die Nase der Keilform gleicht einem Meister-werk – und schaut man sich neuere BMW an wie beispielsweise die 8er-Serie, sieht man auf Anhieb, welch großen stilistischen Einfluss der M1 gehabt hat. Unter der Fiberglashaut geht es weiter mit den Highlights.

Schade nur, dass dieser Sinn für das Besondere nicht auch im Inneren des M1 zu finden ist. Schwarz ist die vorherrschende Farbe, und an Ergonomie hat damals noch niemand gedacht. Die Regler für Heizung und Belüftung sind wild verstreut und geben Rätsel auf. Die Sicht nach hinten ist stark eingeschränkt, und die Pedale sind leicht nach rechts verschoben. Ein echter Supersportwagen eben. Für einen Sechszylinder-Reihenmotor der späten 1970er Jahre ist das M1-Aggregat mit seinen 24 Ventilen und den beiden kettengetriebenen Nockenwellen fast exotisch.

In der Straßenversion brachte es der 3,5-Liter-Motor auf 277 PS, für Gruppe-5-Rennen wurde er auf 850 PS aufgebohrt. Die Pedale zwingen einen, den Körper zur Mitte des Autos auszurichten, also nach rechts statt nach vorn. Ein eigenartiges Gefühl – das aber nach ein paar Kilometern verschwindet. Stattdessen konzentriere ich mich jetzt auf die toten Winkel, und davon gibt’s eine Menge. Vielleicht sind die BMW-Ingenieure davon ausgegangen, dass niemand einen M1 überholen würde. Aber die schlechte Sicht stört mich nicht weiter. Mein Ziel sind die Berge um Innsbruck herum, und ich weiß, dass ich schon bald das winterliche Grau Münchens hinter mir lassen werde. Für ein Auto, das vorrangig für den Motorsport entworfen wurde, ist der M1 erstaunlich benutzerfreundlich. Ich bin gespannt, ob der M1 wirklich so schnell ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Deshalb drücke ich das Pedal in die Fußmatten – auf der Autobahn kurz hinter München, in den Tunnel hinein.

Bei 60 km/h lässt die Reaktion ein bisschen auf sich warten, aber es gibt Hoffnung. Ab 4000 Umdrehungen geht der Motorsound in den Keller – Gänsehaut pur. Die Beschleunigung ist jetzt eindrucksvoller, und in kürzester Zeit sind wir am Drehzahllimit und dann im vierten Gang. Aber ist der M1 genauso schnell wie der Porsche? Kaum ist die Geschwindigkeitsbegrenzung auf gehoben, lasse ich meinen Fuß wieder zu Boden sinken, um dem M1 die Höchstmarke zu entlocken. Die 160-km/h-Marke wird spielend genommen, der Sound wird härter.

Bei 200 schalte ich in den fünften Gang – bereit, den M1 ans Limit zu treiben. Als der Tacho 225 anzeigt, wird es richtig laut. Dann, bei 240 km/h, etwas Unvorhergesehenes: Der Drehzahlbegrenzer schaltet sich ein. Ich schaue auf den Tacho: 6300 Umdrehungen. Das kann nicht sein, denke ich, aber bei 240 ist tatsächlich Schluss. Ich pendle mich bei 200 km/h wieder ein. Bei diesem Speed steht der M1 seinen Zeitgenossen in nichts nach, und sicher gehörte er in den 80er Jahren damit zum Autobahnadel. Schon bald lassen wir die A8 hinter uns und biegen ab in Richtung Innsbruck. Ich kann es kaum erwarten, in die grandiose Bergkulisse einzutauchen, die in den blauen Himmel ragt.

BMW M1 fahrend, seitlich aufgenommen
Der Reihensechszylinder-Mittelmotor aus eigenem Hause leistet 277 PS bei 6500 U/min und beschleunigt den BMW M1 in 5,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Höchstgeschwindigkeit auf gerader Strecke ist ja ganz nett, aber worauf es ankommt, ist doch das Feeling. Zunächst bin ich aber enttäuscht über die vielen anderen Autos und die schneelose Straße. Doch je höher wir klettern, desto dünner wird der Verkehr. Jetzt ist Zeit zum Spielen. Als erstes überrascht mich, wie vorhersehbar der M1 reagiert. Die Temperatur ist unter null, Grip ist kaum noch vorhanden, und trotzdem leistet sich der M1 keinen einzigen Ausrutscher. Der Weg führt uns weiter den Berg hinauf, bis die Landschaft endlich winterlich wird. Wenig später öffnet sich die Landschaft. Der Himmel ist blau, die Berge verschneit und um mich herum die zerklüfteten Gipfel, deretwegen ich gekommen bin.

DER BMW M1 IST EIN ECHTER SUPERSPORTWAGEN MIT EIGNUNG FÜR DEN ALLTAGSBETRIEB

Jetzt kann ich ein bisschen härter rangehen, in den Kurven bei mäßigem Speed ein wenig mit dem Grip experimentieren. Eine Mischung aus zweitem und drittem Gang – beide für diese Straßen perfekt ausgelegt – und dazwischen kurze Vollgasstrecken lassen mich den M1 richtig genießen. Er läuft perfekt. Die Straße wieder hinunter ist enger, für die Kurven brauche ich nahezu die ganze Breite. Der M1 fühlt sich jetzt kompakter an.


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