Der letzte Mittelmotor-Viersitzer von Ferrari war kein großer Erfolg. Heute ist der Mondial die günstigste Art, in einen Ferrari einzusteigen. Man sollte ihn aber nur von vorn anschauen.
Hm, ist das ein richtiger Ferrari? Beim Mondial ist es wie beim Porsche 924 mit dem Audi-Motor, der galt auch nie als richtiger Porsche. Der Mondial hatte zwar kein genetisches Problem – der Ferrari-Motor stammte vom 308/328/348 und das Design kam von Pininfarina –, aber die Silhouette war, vorsichtig gsprochen, anders als bei den rassigen Zweisitzern aus Maranello. Das war dem 2+2-Konzept geschuldet, das den Mondial streckte und die Proportionen ruinierte. Die Lufteinlässe hinten und schwarze Stoßfänger machten die Sache nicht besser.
Als Nachfolger des genauso kritisch beäugten Bertone-Dino-Ferrari 308 GT/4 hatte es der Mondial 8 schon bei seinem Debüt am Genfer Salon 1980 nicht leicht. Auf Grund verschärfter US-Abgasvorschriften war der Dreiliter-V8 auf Einspritzung umgestellt worden, was magere 214 statt 240 PS erlaubte. Da wirkte es fast wie ein Hohn, dass Ferrari den Namen als Reminiszenz an den Rennwagen 500 aus den 1950er-Jahren reaktivierte. Damals wählte Enzo Ferrari den Beinamen Mondial (Weltmeisterschaft), weil Ascari mit dem Ferrari 500 1952/1953 Weltmeister geworden war.
Der Mondial mit vier Plätzen hatte es schwer bei den Ferraristi, nur Geschäftsleute griffen gerne zu dem vermeintlich größer geschnittenen Mondial, der er gar nicht war. Mit der Umstellung auf Vierventiltechnik brachte Ferrari zwar 1982 die 240 PS zurück, trotzdem blieb der Mondial, nun mit dem Kürzel QV für Quattrovalvole, ein schwieriges Produkt und verkaufte sich nicht annähernd so gut wie der damals moderne Klassiker 308, der mit Hilfe des Privatdetektivs Magnum in den 1980er-Jahren höchste Popularität erreichte.
Mit dem Cabrio ab 1983 und der Hubraumerweiterung 1985 auf 3,2 Liter mit 270 PS – wie der Sprung vom 308 zum 328 – erlebte der 2+2 seinen Frühling: Vor allem die lackierten Stoßfänger ließen den Mondial stilgerechter wirken. Auch der Mondial 3.2 war nur eine Modifikation der Urversion, erst 1989 kam mit dem Mondial t die zweite Serie, die technisch eine radikale Veränderung bedeutete. Das »t« stand für »trasversale« – quer wurde jetzt das Getriebe, längs der Motor eingebaut. Ein heftiger Eingriff, an dem die Ingenieure zu knacken hatten, denn die Karosserie änderte sich nicht. Der V8 wuchs noch einmal auf 3,4 Liter und 300 PS und war identisch mit dem im neuen 348 TB.
Am auffälligsten war bei dieser großen Modellpflege zur Serie 2 die Reduzierung der trapezförmigen Hecklufteinlässe auf kleinere Rechteckgitter in den Kotflügeln. Zusammen mit den lackierten neuen Türgriffen und modifizierten Stoßfängern sah der Mondial endlich mehr nach einem Guss aus. Das Cockpit wurde ebenfalls aufgewertet: Neu waren Anzeigeneinfassungen, Mittelkonsole, Polster und eine klappbare Rückenlehne, um eine »Gepäckplattform« zu schaffen, wie Ferrari das nannte. Als Extra gab es ein mit Leder verkleidetes Armaturenbrett und ein Softtop-Cover aus Leder. Es blieb zur Freude aller bei den klassischen Rundinstrumenten und dem langen Schaltknüppel in der offenen Kulisse.
Grund für den tiefgreifenden Technikwechsel bei Motor und Getriebe war der 348 TB, der eine neue V8-Generation bei Ferrari begründete. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde der Mittelmotor-Mondial auf diese Komponenten umgestellt, beziehungsweise er bekam sie zuerst und der 348 folgte dann. Für die Komfort-Kundschaft gab es neben dem serienmäßigen Fünfganggetriebe optional eine Halbautomatik von Valeo, bei der geschaltet werden konnte, ohne ein Kupplungspedal zu treten. Da der Mondial in seiner langen Bauzeit kaum an Gewicht, aber erheblich an Leistung zulegte, schaffte er als t-Modell den Sprung über die 250er-Marke. Die Beschleunigung in 6,3 Sekunden auf Tempo 100 lag auf Augenhöhe mit dem zweisitzigen 348 TB/TS.
Der Mondial ist die günstigste Art, Ferrari zu fahren – gepflegte Modelle im Zustand 2 kosten meist deutlich unter 50.000 Euro. Dabei hat der Wagen neu mal fast das Dreifache gekostet, da hat was mit der Wertanlage nicht so gut geklappt. Wer jetzt ins Grübeln kommt: Ein Zahnriemenwechsel alle zwei bis drei Jahre schlägt mit einem mittleren vierstelligen Betrag zu Buche. Und damals wie heute kann der 2+2-Sitzer nicht die richtige, die volle, die große Ferrari-Euphorie entfachen. Als Cabrio hat der Mondial einen gewissen Reiz, funktioniert aber nicht als Viersitzer. Auch beim Coupé möchte man nur einem Yogameister einen Platz hinten anbieten.
Text Ulrich Safferling // Fotos SML CarGroup
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