Bonhams versteigert am 2. März im Rahmen seiner “Amelia Island”-Auktion in Florida einen ganz besonderen Bugatti Type 57S. Sein Blechkleid aus dem Atelier des britischen Karosseriebauers Vanden Plas macht ihn zu einer echten Rarität.
Der Type 57 war die erste Baureihe der Molsheimer, die unter Führung von Ettores Sohn Jean Bugatti entstand. Und das 1934 erschienene Endergebnis spielte in seiner eigenen Liga – Der 3,3 Liter große Reihenachtzylinder war mit seinen zwei obenliegenden Nockenwellen ein technisches Meisterwerk und stellte die Motoren der Konkurrenz nicht nur leistungsmäßig in den Schatten. Schon die Urversion stellte gesunde 135 PS zur Verfügung. Dazu kam ein sportliches Fahrwerk, die dem stattlichen Wagen trotz seiner Größe ein gutes Handling bescherten.
Ab 1937 zwangsbeatmete Bugatti den Motor gegen Aufpreis. Ein Kompressor entlockte dem Achtzylinder 160 PS, womit der Type 57 C der magischen 200 km/h-Grenze sehr nahe kam. Für sportlich besonders ambitionierte Kunde hatte das französisch-italienische Unternehmen von 1936 bis 1938 die nachgeschärfte Performance-Variante Type 57 S im Programm. Obwohl deren Motor ohne Aufladung auskommen musste, standen auf dem Datenblatt 175 PS. Diese stolze Leistung entlockte Bugatti dem Aggregat unter anderem mithilfe einer höheren Kompression und speziellen Nockenwellen. Dazu kam eine Zweischeibenkupplung, die mit der hohen Motorleistung besser zurecht kam.
Die S-Version des Type 57 war deutlich dynamischer
Die Hauptunterschiede zum normalen Type 57 lagen aber in der niedrigeren Bodenfreiheit, die mithilfe einer modifizierten Vorderradaufhängung erreicht wurde un dem um 32 Zentimeter verkürzten Fahrgestell. Letzteres fiel deutlich niedriger als gewohnt aus, woraus auch eine sportlichere Sitzposition resultierte. Obwohl die S-Versionen circa 30 Prozent teurer als die jeweiligen “Basismodelle” waren, kamen sie bei der gutbetuchten Kundschaft bestens an. Sie wurden mitunter auch von Privatfahrern bei Events wie dem 24 Stunden-Rennen von Le Mans eingesetzt.
Die meisten Type 57S wurden mit den Standard-Karosserien aus dem Atelier des im elsässischen Colmar ansässigen Bugatti-Partners Gangloff ausgeliefert. Das Exemplar, das Bonhams bald unter den Hammer bringt, bekam jedoch von Vanden Plas ein spektakuläres Blechkleid auf den Leib geschneidert. Dass das Design im Vergleich zu dem der anderen Bugattis dieser Zeit ziemlich britisch wirkt, ist alles andere als ein Zufall. Der Londoner Karosseriebauer kleidete damals nämlich vor allem englische Fabrikate à la Bentley, Daimler, Lagonda oder Rolls Royce ein.
In den USA fand der Wagen anfangs keinen Käufer
Das Fahrgestell mit der Nummer 57541 wurde 1937 von dem Londoner Händler Colonel Sorel bestellt und anschließend in die Werkstatt von Vanden Plas geliefert. Nachdem das Chassis und die maßgeschneiderte Karosserie dort miteinander vereinigt wurden, trat der Bugatti die Überfahrt in die neue Welt an. Georg Rand und Samuel Collier, Bugattis US-Importeure, hatten veranlasst, dass der Wagen nach New York verschifft wird. Der Typ 57S mit der englischen Karosserie nahm schon im September desselben Jahres an seinem ersten Rennen teil.
Rand und Collier fanden jedoch keinen Käufer für das Auto, weshalb es wieder zurück nach England gebracht wurde. Im Oktober 1938 zierte es auf der London Motor Show den Bugatti-Stand. Anschließend wurde das erste Auto zum ersten Mal zugelassen. Während und nach dem zweiten Weltkrieg ging der Wagen durch die Hände einiger Besitzer, bis seine Spuren irgendwann verwischten. Erst 1947 tauchte er im Angebot eines britischen Händlers auf. Später wurde der Type 57S von seinem damaligen Eigentümer auf die Karibik-Insel Trinidad gebracht, wo er einen Kompressor verpasst bekam und für die nächsten dreißig Jahren bleiben sollte. In den Achtzigerjahren wurde das Auto zum ersten Mal restauriert, wobei leider wenig Wert auf die Originaltreue gelegt worden war.
Der Bugatti soll 10. bis 12. Millionen Dollar bringen
Das Ziel der zweiten Restauration, mit der 2016 begonnen wurde, war es, den Auslieferungszustand zu hundert Prozent korrekt nachzubilden. Dabei wurden keine Kosten und Mühen gescheut und ausschließlich Materialien verwendet, die Bugatti in den späten Dreißigerjahren ebenfalls eingesetzt hatte. Laut Bonhams handelt es sich bei der Nummer 57541 heute um eines der besten Exemplare seiner Art, wovon eine Vielzahl an gewonnenen Preisen bei diversen Schönheitswettbewerben zeugen. Der Typ 57S, der dank eines zeitgenössischen Roots-Kompressors fast 200 PS leistet, wurde unter anderem auch beim Concours d’Elegance in Pebble Beach ausgezeichnet. Diese Hochkarätigkeit spiegelt sich auch im Estimate wieder – Das Auktionshaus erwartet, dass der Wagen für 10. Bis 12. Millionen Dollar den Besitzer wechseln wird.
Text: Elias Holdenried // Fotos: Bonhams
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