Dieser Frazer Nash Shelsley aus dem Jahr 1935 hat eine ruhmreiche Historie – und verschwand irgendwann in der Versenkung. Jetzt ist er zurück, um seine Geschichte zu erzählen.
Besitzer Mark Morgan bittet darum, mit dem außenliegenden Schalthebel des Getriebes vorsichtig umzugehen. Endlich, und zum Glück, hab ich den Dreh raus, und das Problem, den ersten Gang zu finden, ist gelöst. Keine leichte Aufgabe. Sagen wir einfach, es gehört zum speziellen Charakter dieses besonders bedeutenden Frazer Nash Shelsley.
Wenn man davon ausgeht, dass alte Autos Anekdoten erzählen, dann muss dieser Nash zu den besten Geschichtenerzählern gehören. Chassisnummer 2149 wurde am 4. April 1935 an den Waliser Cambridge-Studenten Dudley Folland (1912–1979) ausgeliefert. Wegen mütterlicher Missbilligung trat er unter dem Pseudonym “Tim D Davies” bei Rennen an; erst nach dem Krieg, unter anderem 1949 in Le Mans, dann unter richtigem Namen. Der Sohn des verstorbenen Gründers der Folland-Gruppe, Henry Folland, hatte den Nash (registriert als CMH 498) als Ersatz für einen MG Q-Type gekauft, den er im Monat zuvor wegen eines Reifenplatzers bei den Inter-Varsity Speed Trials in Syston Park (Lincolnshire) zu Schrott gefahren hatte.
Sein neues Auto wurde nach Werksrennspezifikationen gebaut, inklusive einer zweisitzigen Karosserie, zwei Centric-Drehflügelkompressoren und zwei SU-Vergasern. Im Stammbaum von Frazer Nash ist CMH 498 die ältere Schwester von CMH 500 und unter den nur acht Shelsley-Modellen – zwei als Einsitzer und sechs mit der TT-Replica-Karosserie – das wohl berühmteste. CMH 500 wurde vom 1911 in Indien geborenen und in den 1920er-Jahren nach England gekommenen A.F.P. Fane geordert. Der Absolvent der Eliteschulen Harrow und Cambridge, wohlhabend und schillernd im Auftreten, errang mit dem Wagen nicht nur Siege in Brooklands oder Donington Park, sondern wurde auch Markenbotschafter und Anteilseigner der nach einer Insolvenz 1927 in AFN Ltd. umfirmierten Marke.
Vor dem Krieg entstanden bei Frazer Nash/AFN Ltd. in Isleworth 350 sogenannte “Ketten”-Modelle. So benannt, weil die über eine Handpumpe zu schmierenden Kettenräder des am Heck platzierten Getriebes (siehe Seite 51) die Antriebskraft je nach eingelegter Übersetzung rasselnd und nicht immer pannenfrei auf die hintere Starrachse übertrugen. Fans dieser rustikalen, aber auch sehr effizienten Antriebsart rühmten sich als Mitglieder der “Chain-Gang” (Chain englisch für Kette). Von den 350 Wagen wurden 85 mit der beliebten TT-Replica-Karosserie ausgestattet. Drei Motoren standen zur Wahl: ein 1,5-Liter-Vierzylinder-OHV- Motor von Meadows, das 1660 ccm große Sechszylinder-DOHC- Triebwerk von Blackburne oder ein hauseigener 1,5-Liter-OHV- Vierzylinder, nach seinem Entwickler Albert Gough allgemein als “Gough” bekannt.
1934 trat der Shelsley als letztes Kettenmonster in die Fußstapfen der TT Replica. Gegen einen Aufpreis von 25 Pfund eröffnete sich nun die Option, den Wagen zusätzlich zum 1,5-Liter-Gough- Motor auch mit Kompressor-Aufladung zu veredeln. Was den bis 1936 angebotenen Shelsley zum Frazer Nash unter den Frazer Nashs stempelt.
Der Gough-Motor bot mehr Leistung und mehr Durchzug im unteren Drehzahlbereich als der Meadows. Er war zwar schwerer, aber auch robuster und obwohl bereits auf Aufladung ausgelegt, wurde er bis 1934 als Saugmotor gebaut. Bis dann die aufgeblasene Version mit zwei mittelgroßen Centric-Drehflügelladern fertig war. Kein Wunder, dass dieser Motor bei der Premiere auf der Olympia Motor Show für Aufsehen sorgte. Auch wenn nicht viele Bestellungen für das mit 850 Pfund im Vergleich zu einem standardmäßigen Nash mit Meadows-Motor fast doppelt so teuren Topmodell eingingen.
Zurück zu Dudley Folland. Er testete seinen Shelsley erstmals am 22. April 1935 beim Oster-Meeting des BARC in Brooklands und belegte unter 15 Startern Platz 13. Am 18. Mai lief es bei jenem Bergrennen besser, von dem der Shelsley seinen Namen bezog: Shelsley Walsh. Dort lagen gleich drei Wagen aus Isleworth in der 1,5-Liter-Sportwagenklasse vorn. Erster Fane, Zweiter Folland und Dritter Gordon Casswell auf einer TT Replica.
Text: Simon Charlesworth // Fotos: Jordan Butters // Bearbeitung: Thomas Imhof
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