Klassiker

Der Heilige der Rennstrecke

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Bekannt wurde der Volvo P1800 als Dienstfahr­zeug von Roger Moore in der TV­-Serie “The Saint”, bei uns bekannt unter dem Titel “Simon Templar”. Im historischen Rennsport ist der Schwede mit italienischen Designwurzeln ein seltenes, aber dafür von den Fans um so mehr geliebtes Unikat. Wir durften ihn fahren.

James Bond einmal nicht im Aston Martin? Wie kann das sein? Nun, viele Leser werden sich sicher noch an Simon Templar erinnern, den Helden der gleichnamigen und zwischen 1962 und 1968 in 118 Folgen ausgestrahlten TV-Serie. Der oft unkonventionell agierende Detektiv, der wegen seiner Initialen “S.T.” im Englischen “The Saint”, also der Heilige, genannt wurde und der englischen Serienversion damit den Namen gab, wurde von Roger Moore verkörpert. Als Einsatzfahrzeug wählten die Produzenten, nachdem Jaguar die Lieferung eines E-Type abgelehnt hatte, einen Volvo P1800.

Moore war so begeistert, dass er den Wagen auch privat nutzte. Und für die Schweden, die mit ihrem ersten Sportwagen, dem P1900, einen Flop gelandet hatten (von 1956 bis 1957 wurden nur 68 Stück gebaut), war es günstige Werbung. Wenngleich eher Gran Turismo als Sportwagen, setzte der P1800 auch im Motorsport Duftmarken. Er hatte eine starke Präsenz bei Clubrennen, aber seine Leistungen bei großen Langstreckenrennen verschwanden unter dem Radar.

Roger Moore alias Simon Templar und sein Film-P1800.

Wie bei den 24 Stunden von Daytona von 1967, jenem denkwürdigen Rennen, bei dem Ferrari mit einem Dreifachsieg süße Rache an Ford für die Niederlage des Vorjahres in Le Mans nahm. Auf Platz 13 der Gesamtwertung und Platz 2 in der Klasse der GT bis zwei Liter Hubraum landete ein von den Amerikanern John Tremblay und Larry Perkins gesteuerter P1800 – nur geschlagen von einem Porsche 911 S.

Hohe Zuverlässigkeit und ein niedriger Verbrauch – der weniger Boxenstopps erzwang – waren der Schlüssel zum Erfolg der Volvo-Fahrer. Weniger schiere Geschwindigkeit. Dennoch schien die Wahl ihres Wettbewerbsgerät überraschend zu sein. Oder doch nicht? Nun, Volvo und Motorsport, das hatte schon vor dem P1800 Tradition. Denn bereits mit dem “Amazon” (120er- Serie) und dem “Buckel” (PV444/454) mischten die Schweden bei Rundstreckenrennen, Rallyes und Clubsportveranstaltungen kräftig mit. Der P1800 knüpfte daran an. Schon im ersten vollen Wettbewerbsjahr (1962) traten zum Beispiel drei Coupés – zwei davon unter der Bewerbung von Volvo Deutschland – zum 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring an.

Unser Foto zeigt einen von ihnen, kurz nach dem Le-Mans-Start – bei dem die Fahrer zu ihren an den Boxen aufgereihten Autos rennen mussten – weit vor einem Ferrari, einem E-Type und einer Cobra liegend. Aus dem einfachen Grund, dass die Piloten des P1800 schneller vom Fleck kamen als die Kollegen in den rassigeren, aber beengteren Prototypen. Was am Ende nichts nutzte: Alle drei Schwedenautos kamen zwar ins Ziel, aber auf den hinteren Plätzen.

Ehe wir uns diesem hübschen, grauen P1800 mit silbernem Längsstreifen und Drahtspeichenrädern widmen, der so fotogen über die Rennstrecke von Brands Hatch kurvt, noch ein paar Worte zur Genesis des P1800. Für seine Entwicklung verantwortlich zeichnete Helmer Pettersson, der schon für den Buckel-Volvo federführend tätig gewesen war.

Das Design verantwortete sein Sohn Pelle, im Dienst des Designstudios von Pietro Frua, seinerseits Tochterunternehmen der legendären Carrozzeria Ghia. Frua baute auch die ersten drei Prototypen. Für die Montage des Serienmodells kontaktierten die Nordmänner unter anderem Karmann, doch legte Volkswagen sein Veto ein, sodass am Ende die Wahl auf den englischen Sportwagenbauer Jensen fiel.

Zurück auf der Rennstrecke südlich von London. Bei “unserem” Fotoauto handelt es sich nicht um eine Rennversion aus den 60ern – es wäre ohnehin höchst unwahrscheinlich, einen solchen Überlebenden zu finden –, sondern um einen Nachbau nach aktuellem FIA- Reglement. Er gehört John Pearson, einem ehemaligen Mitarbeiter von Virgin Radio, der heute hinter Equipe Classic Racing steht, einer Organisation, die Rennen für historische Fahrzeuge veranstaltet.

Dazu gehören Events für Sport- und GT-Fahrzeuge aus der Zeit vor 1963 sowie “GTS”-Rennen für Fahrzeuge vor 1966 mit relativ kleinen Motoren. Pearsons Volvo würde gut in beide Kategorien passen. Nachdem er mit viel Freude verschiedene klassische Sportwagen gefahren hatte, war Pearson auf der Suche nach etwas Ungewöhnlichem. Zu diesem Zweck erwarb er nicht nur einen leuchtend roten 1963er Corvette Sting Ray in halbwegs rennfertigem Zustand, sondern machte sich zugleich an einen P1800-Neuaufbau auf Basis eines 63er-Modells.

Text: John Simister und Thomas Imhof // Fotos: Jayson Fong

In OCTANE #61 lesen Sie, wie sich der Renn-Volvo auf der Rennstrecke anfühlt.

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