Der BMW M3 entwickelte sich von einer großartigen Limousine zum Dominator der Tourenwagenszene. John Barker zieht einen Vergleich zwischen der Straßen- und der Rennversion.
Nach sechs oder sieben gemächlichen Runden, in denen das im M3-Rennwagen zirkulierende Öl die Chance hatte, sich auf- und durchzuwärmen, versetze ich dem Gaspedal auf der Gegengeraden einen ordentlichen Tritt. Die Nadel des Drehzahlmessers schießt auf über 4000 U/min und der Vierzylinder räuspert sich kräftig. Er zieht ohne Murren und mit einigem Getöse, und durch das kahle Cockpit hallt ein harter Ton – als würde ein Presslufthammer in einer Kuchenform ans Werk gehen.
Das gutturale Bellen deutet jedoch darauf hin, dass der Motor immer noch damit beschäftigt ist, die Drehmomentkurve zu erklimmen, dass er noch nicht auf Touren ist. Es ist erstaunlich, wie hoch der Motor drehen muss, bevor ein merklicher Leistungsschub einsetzt. Doch dann – endlich – setzt sich der M3 wirklich in Bewegung und gibt eine atemberaubende Leistungsexplosion zum Besten.
Der M3 der Baureihe E30 ist ein großartig gestylter Rennwagen: kompakt, straff, sauber. Als dieses Exemplar, das dem Briten Richard Baxter gehört, vom Anhänger auf den Asphalt des Bedford Autodrome rollt, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Die Art, wie er dasteht, die geteilten Alufelgen in den Radkästen, die markante Warsteiner-Lackierung mit den von einer Flanke zur anderen verlaufenden BMW-Motorsport-Streifen … das ist einfach perfekt. Der schottische Comedian Billy Connolly wurde einmal auf der Straße von einem Fan mit den Worten angesprochen: “Billy Connolly! Sie sehen sich selbst zum Verwechseln ähnlich!” Nun, auch dieser M3-Rennwagen ist ein absolutes Ebenbild seiner selbst.
Er sieht noch genauso aus wie in seiner ersten Rennsaison 1989, bis hin zum Namen auf der Fahrertür: Steve Soper. Der in Surrey geborene Soper war der einzige Brite, der einen Platz im BMW-Werksfahrerkader erhielt. Erst nachdem Baxter dieses Auto 2005 gekauft hatte, bekam er die Bestätigung, dass es sich tatsächlich um Sopers von Zakspeed eingesetztes Auto handelte. Es ist also ein zweifacher Rennsieger und eines von nur einer Handvoll werksunterstützter DTM-Autos.
1989 lieferte sich BMW ein Wettrennen mit Ford und Mercedes. Ford war mit dem Sierra RS Cosworth auf Turboaufladung umgestiegen, während BMW dem Beispiel des Mercedes 190 E 2.3-16 gefolgt war und den M3 E30 auf die hubraumschwächere Klasse des neuen, auf der Gruppe A basierenden Formats zugeschnitten hatte. Man setzte darauf, dass ein leichteres, agileres Auto besser abschneiden würde.
Der mit Vierzylindermotor ausgestattete M3 E30 war für BMW eine große Umstellung. Das Unternehmen hatte mit Sechszylinder-Autos wie dem 635 CSi große Erfolge im Tourenwagensegment erzielt, musste aber 5000 Einheiten verkaufen, um seinen nächsten Konkurrenten zu homologieren – was den M635 CSi mit seinem 24-Ventil-Reihensechszylinder ausschloss. Einige Exemplare des damals neuen 325i E30 traten in der DTM an, blieben aber selbst hinter dem in die Jahre gekommenen 635 CSi zurück, ganz zu schweigen vom neuen Mercedes.
Mercedes bekommt nicht annähernd genug Anerkennung für die Lieferung der Blaupause für den M3. Der 3er-BMW der Baureihe E30 und der 190 E (W 201) wurden beide 1982 vorgestellt. Ein Jahr später präsentierte Mercedes den 190 E 2.3-16, zwei Jahre bevor BMW den M3 auf den Markt brachte. Der 2,3-Liter-Motor des Mercedes hatte einen von Cosworth entwickelten 16-Ventil-Kopf und leistete 185 PS, während es der 2,5-Liter-Vierzylinder des Porsche 944 auf 163 PS brachte. BMW Motorsport hatte einiges aufzuholen.
Die Antwort war ein noch maßgeschneiderteres Auto als der Mercedes – lediglich die Motorhaube und das Schiebedach des regulären E30 wurden übernommen. Der Neue hatte größere Radausschnitte für die größeren Räder und die verbreiterte Spur, einen einzigartigen erhöhten Kofferraum, ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Heckscheibenwinkel und Heckspoiler zur Verbesserung der Aerodynamik, eine schnellere Zahnstangenlenkung, die Fünflochnaben und Bremsen aus der 5er-Serie, ein Sperrdifferenzial und das gleiche Getrag-Fünfganggetriebe wie beim Mercedes.
Text: John Barker // Fotos: Jordan Butters // Bearbeitung: Christel Flexney
Lesen Sie in OCTANE #60, wie der BMW E30 M3 zu einem der erfolgreichsten Tourenwagen aller Zeiten wurde.
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