Hubraum satt, ein grollender V8 und ein sexy Blechkleid – der Dodge Challenger bleibt neben dem Mustang das faszinierendste Musclecar aller Zeiten. Das gilt für die aktuelle Version genauso wie für seine Ahnen.
So düster, so bullig und verdorben präsentiert sich in der heutigen Zeit kein anderes Auto. Der Dodge Challenger lockt einen gestern wie heute auf die dunkle Seite der Macht, weckt verborgene Gelüste, die man nur mit einem brutalen Achtzylinder befriedigen kann. Das unterschwellige Brabbeln schickt jedem Autofan bereits im Stand einen wohligen Schauer über den Rücken. Dann ein Tritt aufs Gaspedal: Aus dem Grummeln wird ein wütendes Gebrüll, so als habe man gerade Attila den Hunnen aus seinem Tiefschlaf geweckt. Die Reifen des knallorangen Dodge Challenger mit dem etwa 300 PS starken 383 Magnum-V8 mit 6,2 Litern Hubraum drehen durch und lassen qualmenden Gummiabrieb auf dem Asphalt zurück, das Heck schlingert leicht, der V8-Bolide jagt davon – in einer Rauchwolke.
So spektakulär der Senior auch anschiebt, so blass würde sich dieser Auftritt gegenüber seinem Urenkel ausnehmen. Der Challenger SRT »Hellcat Redeye Widebody« würde seinen Vorfahren mit einer noch größeren Rauchwolke und einem Grollen, das die Luft erzittern lässt, ohne jede Mühe hinter sich lassen. Kein Wunder, liefert doch sein V8-Motor gigantische 797 PS und ein martialisches Drehmoment von 958 Nm an den Getriebeautomaten. Und nicht der Motor hat 2,7 Liter Hubraum, sondern der Kompressor, der größte aktuell in einem Serienfahrzeug verbaute seiner Art. Das macht den stärksten Challenger aller Zeiten nicht nur 326 km/h schnell, sondern lässt ihn aus dem Stand auch in 3,5 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen wie einen Wahnsinnigen.
Es war eine heiße Zeit, in die der erste Challenger hineingeboren wurde. Die 70er-Jahre beginnen für die Amerikaner trotz Flower Power und Schlaghosen äußerst unruhig: Bei Pro- testen gegen den Vietnam-Krieg werden Studenten erschossen, die Astronauten der Apollo 13-Mission entkommen nur knapp einer Katastrophe und die USA starten eine blutige Invasion in Kambodscha. Die Menschen schwanken zwischen Aggression und Desillusionierung, und kaum ein Film verkörpert das so gut wie »Fluchtpunkt San Francisco« mit Barry Newman. Vollgepumpt mit Amphetaminen, liefert sich der Held des Films am Steuer seines 1970er Dodge Challenger wilde Verfolgungsjagden mit der Polizei und stirbt zum Schluss als tragischer Antiheld. An Barry Newman, der auch den TV-Detektiv Petrocelli spielte, erinnert sich heute kaum noch jemand, den Chal- lenger aber macht der Film unsterblich.
Auch im wahren Leben musste das Musclecar erst das Zeitliche segnen, bevor es als Legende wiedergeboren wurde. Als der Challenger zum Verkaufsschlager wurde, war sein Ende bereits nahe: Rasant steigende Versicherungsprämien sowie neue Umweltschutz- und Sicherheitsbestimmungen beendeten die Ära der Muskelautos fast so schnell, wie sie in den 60er-Jahren mit dem ersten Pontiac GTO begonnen hatte. Schon 1974 rollte der letzte Challenger vom Band. 1978 wurde der Name von Dodge für ein hässliches Kompaktcoupé auf Basis eines importierten Mitsubishi-Modells wiederbelebt, das glücklicherweise in Vergessenheit geriet. Erst 2008 kam wieder ein Challenger auf den Markt, der seinen Namen auch verdiente.
Text: Stefan Grundhoff
Fotos: FCA USA/Dodge, Jörn-M. Müller-Neuhaus
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Der Hellcat Redeye – Noch mehr Power für den Dodge Challenger
Seit seiner Einführung im Jahr 2014 hat der Dodge Challenger SRT Hellcat seine Stellung als eines der leistungsstärksten Muscle Cars gefestigt. Mit dem Hellcat Redeye setzt Dodge noch einen drauf. Dieser Bolide ist die kompromissloseste Version des Challenger SRT Hellcat, und das merkt man bei jedem Tritt auf das Gaspedal.
Technik und Leistung
Der Hellcat Redeye ist mit einem 6,2-Liter-V8-Hemi-Motor ausgestattet, der aus einem verbesserten Kompressor sowie stärkeren Bauteilen besteht, die ursprünglich für den Demon entwickelt wurden. Das Ergebnis: Unglaubliche 808 PS und ein Drehmoment von 959 Nm, die den Redeye in nur 3,5 Sekunden auf 100 km/h katapultieren. Diese Leistung katapultiert den Redeye auch in die Kategorie der Supersportwagen, wobei er es mit einer Vielzahl von europäischen Rivalen aufnimmt.
Für eine bessere Traktion sorgt die breitere Karosserie, die Widebody-Version, welche auch optisch einiges hermacht. Breitere 305er-Reifen und Felgen mit 11 Zoll Breite unterstützen das beeindruckende Handling auf der Straße.
Fahrverhalten
Auf der Straße ist der Hellcat Redeye eine wahre Bestie, aber nur erfahrene Fahrer sollten sich trauen, seine volle Leistung zu entfesseln. Bei Kickdown bricht das Heck leicht aus – 800 PS auf nur zwei Räder zu bringen, ist keine leichte Aufgabe. Die elektronischen Helfer wie ESP sind daher unverzichtbar, um den Wagen auf Spur zu halten. Der Redeye bietet zudem unterschiedliche Fahrmodi, darunter den Track Mode, der speziell für den Einsatz auf dem Dragstrip entwickelt wurde. Hier lässt sich das volle Potenzial dieses Muscle Cars ausschöpfen.
Technische Daten im Vergleich
Modell | Leistung (PS) | Drehmoment (Nm) | 0-100 km/h (Sek.) | Höchstgeschwindigkeit (km/h) |
---|---|---|---|---|
Challenger SRT Hellcat | 707 | 880 | 3,6 | 320 |
Challenger SRT Hellcat Redeye | 808 | 959 | 3,5 | 327 |
Alltagstauglichkeit? Fehlanzeige
Wer sich einen Hellcat Redeye zulegt, tut dies sicher nicht, um damit den alltäglichen Weg zur Arbeit zu bewältigen. Das kompressoraufgeladene V8-Monster fordert Respekt – nicht nur wegen der enormen Leistung, sondern auch wegen des massiven Benzinverbrauchs. 14,7 Liter auf 100 km sind dabei im kombinierten Verkehr zu erwarten, auf der Rennstrecke oder bei zügiger Fahrweise können es leicht mehr werden. Eine weitere Besonderheit: Es gibt zwei Zündschlüssel – der rote Schlüssel gibt die vollen 808 PS frei, während der schwarze Schlüssel den Motor auf 500 PS drosselt, um die Fahrt ein wenig zahmer zu gestalten.
Fazit: Ein Ritt auf der Kanonenkugel
Der Dodge Challenger SRT Hellcat Redeye ist nichts für schwache Nerven. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 327 km/h und der Fähigkeit, die Viertelmeile in unter 11 Sekunden zu bewältigen, gehört er zu den brutalsten Fahrzeugen, die man derzeit auf der Straße bewegen kann. Das ungestüme Fahrverhalten und der markerschütternde Sound des V8 machen den Redeye zu einer Legende auf vier Rädern. Aber Achtung: Dieses Biest lässt sich nur mit viel Feingefühl zähmen.