Motorradrennfahrer, PS-Tüftler, Rennstallchef und Unternehmer – Carlo Abarth gehört zu den Großen der Motorsportgeschichte. Wir blicken zurück auf das Leben eines Vollblut-Racers. Im April 1949, vor 70 Jahren gründete er sein eigenes Unternehmen.
Fällt der Name von Carlo Abarth, treten bei den meisten von uns wohl drei Bilder vors Auge: Kleine giftige Rennhummeln, die Klassensiege en masse feiern und dabei auch größere Gegner düpieren, rote hübsche Sportcoupés und -Spider und – natürlich – Sportauspuffanlagen. Von denen verkaufte Abarth in den besten Zeiten über 300.000 Stück und verdiente so genügend Geld, um seiner wahren Passion, der Rennerei, frönen zu können. Finanziell abgefedert wurde das Rennteam, zusätzlich durch den 1958 abgeschlossenen Kooperationsvertrag mit Fiat, der bei jedem Sieg eines Abarth auf Fiat-Basis Prämien garantierte.
Der als Karl Albert Abarth 1908 geborene Wiener fuhr zunächst sehr erfolgreich Motorradrennen; doch ein schwerer Sturz in Laibach 1939 kostete ihn fast das Leben. 1944 zog er zu seinem Vater nach Meran. Aus Karl wurde Carlo – und über seinen alten Motorradspezi Tazio Nuvolari kam er an den Posten des technischen Leiters bei Cisitalia. Nach dem Bankrott Cisitalias gründete Abarth am 15. April 1949 in Turin sein eigenes Unternehmen. Als Markenlogo wählte er den Skorpion, sein Markenzeichen. Mit den als Liquidationszahlung geerbten Cisitalia-Monoposti holte die Squadra Abarth erste Rennerfolge, ehe man sich darauf kaprizierte, aus kleinen Fiat-Motoren hohe Leistungen zu kitzeln. Wie beim Rekordwagen 500 Record Pininfarina, der mit 36 PS 180 km/h erreichte. So erwarb sich Abarth den Ruf eines »Ferrari für Arme«.
Die hübschen Sportwagenprototypen siegten maximal bei EM-Läufen auf der Rundstrecke und vor allem am Berg – ein für die Formel 1 und Le Mans angedachter V12 blieb ein teures Experiment. Abarth war kein einfacher Patron. Helmut Marko bezeichnete ihn einmal als »Brüller«. Auf sein Outfit legte er höchsten Wert, Eckhard Schimpf beschrieb ihn »als stattlichen Snob mit gelben Lederhandschuhen, der aber keine Scheu hatte, sich in feinstem Flanell, das Jackett mit Batist-Einstecktuch, ins Gras zu werfen, um die Rennlinie seiner Fahrer zu überprüfen.« 1969 erhielt Carlo sogar einen Mode-Oscar in der Kategorie »Autoboutique«. Seine dritte und über 30 Jahre jüngere Frau Anneliese diente ihm dabei als bevorzugtes Model. Als im unruhigen Italien der späten 60er-Jahre die Gewerk- schaften immer mächtiger wurden, Fiat den Kooperationsvertrag kündigte und auch die Absatzzahlen fielen, war Abarth gezwungen, seine Firma 1971 an Fiat zu verkaufen. Den Rennstall überließ er mit Wagen, Technikern und Mechanikern Enzo Osella, der die Autos als Abarth Osella noch bis 1979 einsetzte. Carlo und Anneliese zogen zurück nach Wien, zu den Anfängen ihrer Beziehung. Dort starb Abarth am 24. Oktober 1979 an Magenkrebs. Zu seiner Beerdigung kam bis auf Dieter Quester keiner seiner Fahrer. »Ich bin stolz darauf, meinen Namen kreiert zu haben, und nur durch Ignoranz kann er in Vergessenheit geraten«, hinterließ er auf Tonband. Dass heute so viele Fiat Abarth 595 oder 695 Abarth unsere Straßen bevölkern, dürfte ihm gefallen. Dem »King of small cars.«
Text Thomas Imhof Fotos Archiv Fiat/Abarth
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