Endlich!! Nachdem wir in den letzten Jahren nie Zeit hatten, das Goodwood Revival zu besuchen, hat es in diesem Jahr endlich wieder geklappt: Wir besuchten die Insel, um eines der verrücktesten und gleichzeitig aufregendsten Retroevents Europas zu erleben!
Es ist wie immer zum Goodwood Revival: Übernachtungsmöglichkeiten in der unmittelbaren Umgebung von Chichester sind schon ein halbes Jahr vorher knapp und teuer. Wir haben uns daher 20 Meilen außerhalb ein bezahlbares Zimmer gebucht, was auch den Vorteil hatte, dass der typisch englische Pub direkt im Hause war und wir nach dem Feierabend-Bierchen nur eine Treppe hinauf ins Zimmer gehen mussten.
Am Freitagmorgen machten wir uns fein fürs Goodwood Revival: Tweed-Anzug mit Weste, Hemd, stylische Trevira-Krawatte und natürlich ein Hut. Wir fuhren früh los, um dem morgendlichen Anfahrtsstau zu den Goodwood-Parkplätzen zu entgehen. Das Revival, das in diesem Jahr unter dem Motto »Beatlemania« stattfand, wartete mit diversen Highlights auf wie dem 60. Mini-Jubiläum, dem 90. Geburtstag von Sir Stirling Moss und dem 60. Jubiläum seines dramatischen Sieges auf Aston Martin bei der RAC Tourist Trophy, den 110. Geburtstag von Bentley, um nur die wichtigsten zu nennen. All das umrahmt von drei Tagen mit Rennen aller Klassen, von Vorkriegs-Monoposti über Formelwagen der 50er- und 60er-Jahre, von Tourenwagen wie Jaguar Mk. 1, Alfa Romeo, großen GTs von Aston Martin über diverse AC Cobra bis Ferrari. Nicht zu vergessen der grandiose Settrington Cup, bei dem Kinder zwischen vier und etwa zehn Jahren mit Austin J40-Pedalautos um Platz und Sieg kämpfen. Es ist sensationell, mit welchem Ehrgeiz die kleinen Rennfahrer und -innen in die Pedale treten und wie ernsthaft die Erwachsenen das Rennen von der Moderation bis zum Interview mit dem Sieger begleiten!
Wer übrigens bei den Rennen meint, die Fahrer würden die oft unbezahlbaren Schätzchen eher vorsichtig fahren, um Schäden zu vermeiden, muss jetzt ganz tapfer sein: Die meisten kämpfen, was das Zeug hält, die Rundenzeiten sind oft besser als sie es zur aktiven Zeit der Fahrzeuge waren. Der mehrfache Le Mans-Sieger Henri Pescarolo, der auch in Goodwood auf einige Siege zurückblicken kann, erklärte dazu: »Viele von uns Fahrern bewegen im Rennen ja Autos, die uns nicht selbst gehören. Natürlich respektieren wir, dass die Besitzer ihre Autos gerne in einem Stück wieder bekommen. Doch viele möchten auch, dass wir auf Sieg fahren, manchmal mit teuren Konsequenzen am Fahrzeug!« Vor allem in den Nachkriegsklassen wie der St. Marys Trophy (Tourenwagen der 50er-Jahre), der Whitsun Trophy (Renn-Prototypen wie Porsche 910 oder Ford GT40) oder der RAC TT (GTs der frühen 60er- Jahre) gehören auch große Blessuren am Blech zum Tagesgeschäft, man erlebt auch schon mal Dreher oder Fahrzeugeinschläge in die Bande. Und in einem 25-minütigen Rennen gibt es meist mehr Überholmanöver als während einer ganzen Formel-1-Saison!
150.000 Besucher genossen drei herrliche Tage bei schönstem Spätsommerwetter, und die meisten davon werden wahrscheinlich davon träumen, auch 2020 wieder bei dieser Zeitreise dabei zu sein.
Text Jörn-M. Müller-Neuhaus Fotos Goodwood, Jörn-M. Müller-Neuhaus
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