1929 gebaut, 1952 in einer Scheune abgestellt, 2014 behutsam wieder zum Leben erweckt, zeigt dieser Morgan Threewheeler aus Malvern 2015 am Großglockner, was er drauf hat.
Spätestens seitdem mich die ersten Morgan Threewheeler in der Steilkurve von Montlhéry mit einem Wahnsinns-Zacken ganz oben überholten, habe ich einen Heidenrespekt vor den kleinen Dingern. O. K., die wirklich schnellen Dreiräder waren von Kompressoren befeuerte, atemberaubende Konstruktionen. Einige davon schlürften munter hochoktaniges Methanol in sich hinein – mithin echte Renngeschosse, für kaum etwas anderes geeignet, als gleich zu Beginn der Steilkurve ganz nach oben und an allen anderen vorbeizuschießen.
Erst knapp vor der Ausfahrt zur Boxengasse kamen sie dann mit heulenden Kompressoren wie Stukas im Formationsflug von oben heruntergeschossen und nahmen ihren Speedüberschuss in die mittlerweile dort installierte Schikane hinein, vor der wir vierrädrigen Konkurrenten respektvoll abbremsten und den sanften Drift über alle Viere übten. Die Morgans sah ich an dieser Stelle stets von hinten. Wie mit ausgestreckten Armen schienen sie sich, direkt auf Bodenhöhe mit ihren weit ausladenden Vorderrädern in den Asphalt zu krallen. Seitenneigung unbekannt, die Welt ist eine Kurve, einzig und allein vom Mut ihrer Piloten begrenzt.
Dabei waren die Fahrer der Morgan Threewheeler immer die wildeste Truppe im Fahrerlager. Zu Zeiten, als man noch im Infield von Montlhéry übernachten durfte krochen sie morgens aus ihren Zweimannzelten, die nur wenig mehr Platz boten als ihre engen Cockpits – und ich schwöre, die meisten haben in ihrer nach Benzin und Öl riechenden Lederkombi darin übernachtet!
Gegen diese Dinger war der kleine grüne Super Sports Aero, der mir jetzt gegenüberstand, geradezu sympathisch putzig. Ende der zwanziger Jahre bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs waren die Super Sports die sportlichsten Vertreter der Morgan-Familie. Neben den eher hochbeinigen Standard-, Deluxe- und Family-Modellen gab es sogar ein paar Threewheeler mit Lieferwagen-Aufbau, die – welch Wunder – nicht sonderlich praktisch und damit auch eher erfolglos waren.
Ich weiß nicht, was mich mehr faszinierte: die ehrlich echte Patina, das fragil erscheinende Gestänge der Vorderachskonstruktion oder der vor dem Kühler im Fahrtwind stehende Zweizylinder-Blackburne-Motor mit den listig hervorlugenden Zündkerzen und der offenliegenden Ventilsteuerung. Ganz offenbar war an dem Gefährt, seitdem es 1952 nach einer veritablen Rennkarriere in einer Halle in Holland abgestellt worden war nichts mehr gemacht worden. Ein Zustand, den der heutige Eigner, der die dreirädrige Zeitmaschine 2013 auf einer Oldtimermesse erstand, deshalb auch nicht angerührt hat.
Es wurde nur ein wenig vorsichtig gereinigt und konserviert und neue Reifen aufgezogen. Beim Öffnen des Motors zeigte sich, dass der noch in ganz hervorragendem Zustand war und so wurde er ohne größere Maßnahmen einfach wieder zusammengeschraubt – und lief, nachdem der Zündmagnet überholt worden war, tadellos rund. Wenig Aufmerksamkeit benötigte auch der Antriebsstrang – welch ein Wunder bei nur zwei Gängen, für die obendrein kein klassisches Getriebe zum Einsatz kommt.
Stattdessen wird einfach mit einem seitlichen Hebel und zwei Klauenkupplungen von der einen auf die andere der beiden Antriebsketten und damit eine wahlweise höhere oder niedrigere Übersetzung umgeschaltet. Ein Rückwärtsgang ist bei dieser Konstruktion nicht möglich – im Notfall ist eben Schieben angesagt. Erst Anfang der Dreißiger Jahre führte die Morgan Motor Company mit dem R-Type Getriebe die bahnbrechende Neuerung eines Rückwärtsganges ein.
Text und Fotos Berthold Dörrich
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