Bevor Anita Ekberg mit »Das süße Leben« berühmt wurde, kaufte sich der Filmstar einen Jaguar XK 140 Roadster. Viele Jahre verschollen, betört er heute wieder mit seinen sinnlichen Kurven – La Dolce Vita halt!
Häufig liegt der Höhepunkt eines evolutionären Prozesses eher an seinem Ende. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Baureihe XK, mit der Jaguar-Boss William Lyons zwischen 1948 und 1960 die Welt der Seriensportwagen aufmischte. In drei Stufen entstanden nacheinander der XK 120 (1948), Jaguar XK 140 (1954) und XK 150 (1957). Die schöne Linie stammte dabei von Lyons selbst. Und immer blieb er seiner Devise nach Rasse, Klasse und Speed treu, um vor allem amerikanische Kunden zu begeistern. Und das zu attraktiven Preisen.
Jede der XK-Evolutionsstufen gibt es als »Fixed-Head Coupé«, »Roadster« (Open Two-Seater – OTS) und »Cabriolet« (Drophead Coupé – DHC). Der Roadster ist deutlich puristischer und hat im Übrigen eine andere Innenausstattung mit leicht schräg stehendem und beledertem statt hölzernem Armaturenbrett.
Der XK 120 war für größer gewachsene Menschen sehr knapp geschnitten. Folglich wurde im Jaguar XK 140 der Motor um 75 Millimeter nach vorn verschoben, und plötzlich passte es auch für Cowboys mit längeren Beinen. Was in Millimetern bescheiden klingt, bedeutete in der Praxis einen erheblichen Zugewinn an Fuß- und Stauraum. Design, Chassis, Fahrwerk und Motor des XK 120 wurden vom Jaguar XK 140 weitgehend übernommen. Allerdings bot Jaguar mit der S-Version erstmals eine Sportvariante des Motors mit dem Zylinderkopf des C-Type an. Der XK 150 hat in puncto Komfort schlussendlich zwar noch mehr zu bieten und rückt mit seinen Dunlop-Scheibenbremsen der notorischen Bremsschwäche des Vorgängers mit den Trommelbremsen zu Leibe. Allerdings: Der markante sexy Hüftschwung der Vorgänger ist da so gut wie weggebügelt.
Zurück zum XK 140 der schwedischen Schönheit, der bei Klassik-Enthusiast Ingo Maas einen Dauerparkplatz gefunden hat. Eher zufällig, denn in seinem Auto-Casting war ein XK gar nicht vorgesehen. Schon gar nicht als Star seiner Sammlung. Denn der Rheinländer mit der anglophilen Ader suchte vor vielen Jahren eigentlich einen E-Type und sprach deshalb einen renommierten Händler an. Der schickte seinen Scout los, der dann 2008 in San Francisco bei einem Händler fündig wurde. Im selben Showroom stand zu diesem Zeitpunkt ein XK 140 Roadster, makellos präpariert für einen Schweizer Sammler. Der Wagen war in den Jahren 2004 oder 2005 in einer niederländischen Garage entdeckt worden. Wie, wann und warum der XK nach Holland gekommen war, ist bis heute ungeklärt.
Nur ein vager Anhaltspunkt ist dabei Ekbergs zweiter Ehemann Rik van Nutter, der trotz seines niederländischen Namens Amerikaner war. Ob der Jaguar also seinerzeit von London aus direkt nach Holland ging oder schon eine Runde über den großen Teich drehte, ist ungewiss. Wie auch immer, das Auto ward entdeckt, aber die Spur zu seiner berühmten Vorbesitzerin hatte sich verlo- ren. Es war nicht mehr als ein guter XK 140, der in den Jahren 2006 und 2007 aufwendig restauriert wurde. Und eine neue Farbkombination bekam, silber außen und dunkelblau innen.
So weit, so gut. Maas fährt mit dem XK durch einige Sommer, bevor er 2015 beim Jaguar Daimler Heritage Trust nach der Geburtsurkunde des XK forscht. Dabei kommt anhand der Fahr- gestellnummer zutage: Erstbesitzerin der eleganten Fund-Sache war am 5. April 1956 die Schauspielerin Anita Ekberg, matching Numbers hatte der Wagen auch, alles passte zusammen.
Gewissermaßen das Sahnehäubchen auf einem an sich schon schönen und seltenen Auto, dessen Design und Patina von einem halben Jahrhundert Ingo Maas immer wieder Freude macht.
Text Ulrich Safferling // Fotos Ulrich Dohle, Actionspress (1), Alma (2)
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