Bei einem Über-Rennwagen sind Mythos und Wirklichkeit kaum zu trennen. Hier ist die wahre Geschichte eines Filmhelden, der im richtigen Leben kein einziges Rennen gewann: der Porsche 917 024.
1970 war Steve McQueen in Hollywood einer der ganz großen Stars. Am Motorsporthimmel erstrahlte zur selben Zeit ein Stern namens Porsche. Nach zwanzig Jahren vergeblicher Versuche gewann die Marke 1970 endlich den so lange ersehnten Oscar des Motorsports: Die 24 Stunden von Le Mans. Um dem Ganzen nun die Krone aufzusetzen noch ein Superlativ: Das höchste Gebäude in Pittsburgh war im selben Jahr immer noch ein fast 180 Meter hoher Art-Deco-Wolkenkratzer mit 44 Stockwerken – der Gulf Tower, Hauptsitz der Gulf Oil Corporation, deren Firmenfarben Hellblau/ Orange eines Tages das goldene Zeitalter des Motorsports symbolisieren sollten. Es war aber auch das Jahr, in dem diese Komponenten – Hollywood, Rennsport, Gulf – aufeinandertrafen. Dabei entstand eine im Nachhinein fast mythologisch aufgeladene Kombination der Zeichen, die Motorsportfans noch heute eine geradezu übersinnliche Macht und Herrlichkeit vermittelt.
Klingt krass, fast zu superlativ, ist aber wahr. Im Zentrum des Geschehens stand dabei McQueen. Eine gewisse Identitätskrise beschrieb er zu der Zeit mit den Worten: »Ich bin nicht sicher, ob ich ein Schauspieler bin, der Rennen fährt, oder ein Rennfahrer, der schauspielert.« Was heute als gesichert gilt: Als Produzent und Schauspieler des Kinofilms Le Mans hat er die Zweifel in etwas Großes, etwas Bleibendes umgewandelt. Mit dem auf diesen Seiten abgebildeten Auto siegte er in mehrfacher Hinsicht. Und nachhaltig.
Porsche war seit 1950 in Le Mans immer am Start. Die Zuffenhausener kämpften zunächst in den unteren Klassen um Siege, doch mit jedem Jahr kam die Firma, die damals noch nicht über allzu große Mittel verfügte, ihrem Ziel – dem Gesamtsieg – ein Stück näher.
Im Laufe der 1960er-Jahre waren die Topspeeds in Le Mans und auf anderen schnellen Strecken in schwindelnde Höhen vorgestoßen. Aus dem Grund entschied der damalige Weltverband des Motorsports, die Commission Sportive Internationale (CSI), ab 1968 den Hubraum der Gruppe-6-Prototypen auf drei Liter zu begrenzen. Damit waren die 7-Liter- Ford und die 4-Liter-Ferrari aus dem Rennen. Im Bewusstsein, dass es sich um eine sehr plötzliche Regeländerung handelte, fügte die CSI jedoch eine Klausel hinzu und schuf damit ein Schlupfloch, durch das hindurch Porsche eine ganze Flotte von Porsche 917 Rennwagen nach Le Mans schicken konnte.
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Der Porsche 917 – Eine Ikone des Motorsports
Der Porsche 917 gehört zu den legendärsten Rennwagen der Geschichte. Seine Entwicklung begann im Jahr 1968, als Porsche die Herausforderung annahm, einen Rennwagen für die neue 5-Liter-Klasse zu entwickeln. Unter der Leitung von Ferdinand Piëch und dem Chefkonstrukteur Hans Mezger entstand der 917, der Porsche in die höchste Liga des Motorsports katapultieren sollte.
Konstruktion und Technik: Ein Meisterwerk der Ingenieurskunst
Der 917 setzte auf den innovativen Zwölfzylinder-Motor, der nicht mehr in der traditionellen Boxerform, sondern als V-Motor mit einem Zylinderbankwinkel von 180 Grad konstruiert wurde. Diese Konfiguration ermöglichte eine kompaktere Bauweise und reduzierte die Reibung, was zur beeindruckenden Leistung von 520 PS bei 8000/min führte.
Auch im Bereich des Leichtbaus setzte der 917 Maßstäbe. Der Gitterrohrrahmen aus Aluminium wog gerade einmal 45 Kilogramm, und die Karosserie bestand aus Glasfaserlaminat, was den Wagen extrem leicht und dennoch stabil machte.
Ein weiteres Highlight war das Lüfterrad, das durch ein Kegelradpaar angetrieben wurde und für die Luftkühlung des Motors sorgte. Diese Technik wurde auch bei den Modellen 911 und 912 verwendet, was die Tradition von Porsche im Bereich der luftgekühlten Motoren unterstrich.
Der Weg zum Erfolg in Le Mans
Nach der Vorstellung des 917 auf dem Genfer Automobilsalon 1969 hatte Porsche noch einige Herausforderungen zu meistern. Besonders das Langheck, das für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt war, stellte sich anfangs als schwer kontrollierbar heraus. Trotzdem gelang es Porsche, den Wagen zu optimieren, und der erste Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1970 war der verdiente Lohn. Der Sieg ging an das Team Richard Attwood und Hans Herrmann im rot-weißen Porsche 917 mit der Startnummer 23.
Im darauffolgenden Jahr konnte Porsche diesen Erfolg wiederholen. 1971 setzten Helmut Marko und Gijs van Lennep im Martini-917 mit der legendären Startnummer 22 erneut einen Meilenstein in der Geschichte des Motorsports. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 222 km/h stellte das Team einen neuen Rekord auf.
CanAm und die Weiterentwicklung des 917
Neben den Erfolgen in Le Mans war der 917 auch in der nordamerikanischen CanAm-Serie ein dominanter Akteur. Der Porsche 917/30, eine weiterentwickelte Version des 917, setzte neue Maßstäbe in Sachen Motorleistung. Mit einem 5,4-Liter-Turbomotor und bis zu 1100 PS avancierte er zum stärksten Rennwagen, den Porsche je gebaut hat.
Diese immense Leistung trug dazu bei, dass Porsche 1972 und 1973 die CanAm-Meisterschaft gewinnen konnte. Besonders Fahrerlegende Mark Donohue prägte diese Ära, indem er den 917/30 an die Spitze führte.
Vermächtnis und Ausstellung im Porsche Museum
Auch nach fünf Jahrzehnten bleibt der Porsche 917 eine Ikone. Zu Ehren seines 50-jährigen Jubiläums präsentierte das Porsche Museum 2019 die Sonderausstellung „50 Jahre Porsche 917 – Colours of Speed“. Die Ausstellung rückte nicht nur die Entwicklungsgeschichte, sondern auch die beeindruckenden Erfolge des Wagens in den Mittelpunkt. Besonders die Lackierung des Siegerwagens von 1970, das berühmte Salzburg-Design, sorgte für Gänsehaut bei den Besuchern.
Der Porsche 917 ist nicht nur ein Symbol für technische Innovation, sondern auch für den unermüdlichen Ehrgeiz, der Porsche an die Spitze des Motorsports brachte. Seine Erfolge in Le Mans und der CanAm-Serie haben die Marke Porsche unsterblich gemacht und beeinflussen bis heute die Entwicklung von Hochleistungs-Sportwagen wie dem 918 Spyder.
Technische Daten Porsche 917
Spezifikation | Wert |
---|---|
Produktionszeitraum | 1968–1973 |
Motor | 4,5–5,4 Liter Zwölfzylinder |
Leistung | 520 PS (1969), 1100 PS (1973) |
Gewicht | 730–909 kg |
Gesamtsiege bei Le Mans | 2 (1970, 1971) |
Max. Geschwindigkeit | bis zu 396 km/h |
Spannende Fakten zum Porsche 917
1. Der Porsche 917: Porsches erster Le-Mans-Sieger
Der Porsche 917 markierte Porsches ersten Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans, einem der prestigeträchtigsten Langstreckenrennen der Welt. 1970 gewann der 917K unter widrigen Wetterbedingungen und setzte damit einen Meilenstein in der Geschichte des Motorsports. Das Modell sicherte Porsche auch 1971 einen weiteren Sieg und festigte seinen Status als König der Langstrecke.
2. Ein ikonisches Design mit aerodynamischer Perfektion
Der Porsche 917 beeindruckte nicht nur durch seine Geschwindigkeit, sondern auch durch sein aerodynamisches Design. Insbesondere das „Langheck-Coupé“ war für hohe Geschwindigkeiten auf Geraden optimiert. Doch die „Kurzheck“-Variante, der 917K, zeigte sich als besonders effizient in Kurven und ermöglichte so die Siege in Le Mans. Das Design war so ausgeklügelt, dass selbst bei über 350 km/h eine perfekte Bodenhaftung gewährleistet wurde.
3. Magnesium statt Aluminium: Ein ultraleichtes Chassis
Das Chassis des Porsche 917 wurde aus einer Magnesiumlegierung gefertigt, die 33 % leichter war als Aluminium. Dies machte den 917 zu einem der leichtesten und schnellsten Autos seiner Zeit, was ihm bei Langstreckenrennen erhebliche Vorteile verschaffte. Der Einsatz von Magnesium war damals eine revolutionäre Entscheidung im Rennsport.
4. Steve McQueens „Le Mans“: Film und Realität verschmelzen
Steve McQueen machte den Porsche 917K zu einem Filmstar. In seinem 1971 erschienenen Film Le Mans spielte McQueen einen Rennfahrer, der im 917K fährt. Der Film trug maßgeblich zur Bekanntheit des Porsche 917 bei, und das Fahrzeug, das McQueen fuhr, nahm tatsächlich an mehreren echten Rennen teil und gewann sogar auf Strecken wie Daytona und Monza.
5. Das Herz des 917: Ein leistungsstarker Zwölfzylindermotor
Unter der Haube des 917 arbeitete ein luftgekühlter Zwölfzylindermotor mit einer Trockensumpfschmierung und einer Leistung von bis zu 600 PS. Der 4,5-Liter-Motor mit einer Nockenwelle und 12 Kolben wurde entwickelt, um sowohl Geschwindigkeit als auch Langlebigkeit zu gewährleisten, was ihn perfekt für die Strapazen von Langstreckenrennen machte.
6. Das „Pink Pig“: Der unvergessliche Porsche 917/20
Eines der denkwürdigsten Designs des 917 ist der „Pink Pig“, eine Version des 917/20 mit einer einzigartigen rosa Lackierung, die die Schnitte eines Metzgers symbolisierte. Obwohl dieses Auto nie Le Mans gewann, ist es bis heute eines der bekanntesten Modelle der 917-Serie und zeigt den innovativen Geist der Porsche-Designabteilung.
7. Rekordhalter für die längste Rennstrecke
Der 917 stellte 1971 einen Rekord auf, der bis heute Bestand hat: Mit einer zurückgelegten Distanz von 5.335 Kilometern während des Rennens in Le Mans legte er die größte Strecke in der Geschichte des Rennens zurück. Diese unglaubliche Leistung zeigt die überragende Effizienz und Zuverlässigkeit dieses legendären Rennwagens.