Text Gabriele Spangenberg, Berthold Dörrich
Bei unseren Brieffreunden, Presenting Editor Gabriele Spangenberg und Chefredakteur Berthold Dörrich, werden Erinnerungen wach. Und zwar nicht gerade die schönsten. Lesen Sie selbst!
// Liebe Gabriele,
weißt Du eigentlich, was für lausige Kisten Alfa einmal gebaut hat? Eine davon war eine Kooperation von Alfa und Nissan. Nur leider scheinen die damals von Nissan das Design und von Alfa die Zuverlässigkeit genommen zu haben. Statt anders herum. Ich erinnere mich jedenfalls noch genau daran, Anfang der 80er-Jahre. Im gleichen Jahr bekam der Alfa Spider seine Gummilippe. Ich war damals Student und träumte davon, wenn ich endlich einmal Geld verdienen würde, mir ein Cabrio zu kaufen.
Kannst Du Dir meine Panik vorstellen, als, statt toller neuer Autos, nur noch diese hässlichen Gurken auf den Markt kamen? Der Triumph TR7 löste den glorreichen TR6 ab. Citroën schickte den Visa ins Rennen. Ganz schlimm das Cabrio, das eher einem teutonischen Kübelwagen glich. Das Talbot Samba Cabrio kannte für seine Hässlichkeit wenigstens keine Vorbilder. Chrysler LeBaron! Oder Maserati TC – was fiel denen ein, einen solchen Zombie als Maserati zu verkaufen? Und selbst VW schickte das Käfer Cabrio in Rente – der vernünftige Bügel-Golf stand schon bereit.
Ich war jedenfalls in höchster Panik! Heute weiß ich auch, wie meine Oldtimer-Leidenschaft zustande gekommen sein muss: aus lauter Verzweiflung darüber, dass es keine attraktiven Cabrios mehr als Neuwagen geben würde, blieb mir nur der Blick zurück auf bessere Zeiten mit schöneren Autos. Da ich aber irgendein Auto brauchte, gestehe ich Dir auch meine größte Verfehlung der 80er-Jahre ein. Es sind nicht die Schulterpolster meiner Jacketts. Nicht mein rotes Brillengestell. Und nicht das mintgrüne Sofa.
Es war ein weißes Golf Cabrio. Weiß, weiß, weiß, wohin man schaute. Lack, Felgen, Verdeck und Interieur. In Düsseldorf kam es damals jedenfalls gut, wenn man damit auf der Kö paradierte. Es war ein gutes Auto. Ein GLi, sauschnell und leidlich praktisch. Und die Verkaufsstrategen von VW hatten mich damit erwischt. Für ein paar verlorene Jahre. Bis ich mir meinen ersten Klassiker leisten konnte. Es war ein Italiener. Ein Fiat. Weil Stil eben schon immer von der Südseite der Alpen kam. Nur in den 80ern irgendwie nicht. Arna hieß das Teil von Alfa damals glaube ich (siehe Foto). Und mein Magen reagiert noch heute darauf wie auf verdorbene Miesmuscheln. Bitte versprich mir, dass wir darüber nie berichten müssen! //
// Lieber Berthold,
Arna? Das Ding musste ich sogar googeln. Ich wünschte, das wäre mir erspart geblieben! Auch, was die restlichen Autos betrifft. Ich bin echt verblüfft, wie ENORM hässlich die Autos damals waren. Haben wir das verdrängt? Deine Panik kann ich so gut verstehen, den weißen Golf allerdings … Auf der KÖ??? Als Kölnerin kann ich nur sagen: Oh je. Passt. Passt alles. Zum Glück haben Dich die Klassiker gerettet und zu meinem Glück habe ich mich schon als kleines Mädchen in die Minis von damals verliebt. Die waren ja in den 80ern schon Klassiker.
Wenn auch geschmacklich, muss ich ja zugeben, das niedliche Pendant zum Golf Cabriolet … zumindest in der Anschaffung nicht so kostspielig (von Erhaltung, vor allem durch Mit-schleifender-Kupplung-Mädchen-Fahrweise wollen wir lieber nicht reden). Die 80er: Ob spätere Generationen uns die verzeihen werden? Deine Töchter Dir dieses Auto? In Düsseldorf? Ich finde das schlägt so ziemlich alles und ist nur entschuldbar durch Deine absolute Verzweiflung! Am Ende bist Du doch bei den Klassikern gelandet, am Ende ist »Auto gut, alles gut«.
Ich hoffe, Sie, liebe Leser, finden das auch. Wir haben ja zum Glück, damit Sie nicht Bertholds grauenhaften Umweg über Düsseldorf machen müssen, viele automobile Schönheiten, die diesmal sogar neu sein dürfen, wie man an der Alfa Romeo Giulietta Quadrifoglio Verde ab Seite 56 sehen kann. Wenn Sie ähnliche Panik haben wie Berthold und nicht wissen, welches Auto Sie kaufen sollen, schreiben Sie uns! Diese Redaktion legt es nämlich ständig darauf an, Ihren und meinen Kindern die Existenzgrundlage zu rauben, indem sie verführerische vierrädrige Angebote aus den Weiten des Netzes herumschickt.
Selbst wenn Sie aus Düsseldorf kommen und mir gerne eins überbraten würden … am Ende sind es doch die Autos, die uns allen am meisten am Herzen liegen und uns über alle Grenzen hinweg versöhnen und einigen. Ich wünsche mir, dass Alfa Romeo ein Thema ist, das auch bei Ihnen das Herz höher schlagen lässt. ////
Roadbook: Die unterhaltsame Brieffreundschaft zwischen Gabriele Spangenberg (Presenting Editor) und Berthold Dörrich (Chefredakteur), an der die beiden Klassiker-Liebhaber uns in jeder OCTANE-Ausgabe teilhaben lassen, lässt häufig tiefer blicken. Vor allem aber gibt der Briefaustausch jedes Mal aufs Neue Grund zum Schmunzeln. Einblicke in einen Alltag, welcher unsere beiden Brieffreunde regelmäßig vor neue (Klassiker-)Fragen stellt.