Text Winston Goodfellow // Fotos Paul Harmer
KEIN SUPERCAR-HERSTELLER WAR SO WILD ENTSCHLOSSEN, MIT SEINEN FAHRZEUGEN EINDRUCK ZU SCHINDEN WIE LAMBORGHINI. DAHER AM LIEBSTEN MIT V12-MOTOR – EINE SYMPHONIE DES EXZESS
Wir alle kennen die Anekdote – oder die nie bestätigte Mär – der zufolge der Self-made-Millionär Ferruccio Lamborghini mit seinem Ferrari so viel Ärger hatte, dass er beschloss, sich sein eigenes – überlegenes – Auto selbst zu bauen. Ob das nun stimmt oder nicht, Tatsache ist, dass der Nutzfahrzeughersteller 1963 seine eigene Sportwagenmanufaktur gründete und bereits im Jahr darauf den 350 GT hergestellt hat.
Wirtschaftlich lief es nicht immer rund, trotzdem existiert die Marke seit über 50 Jahren – und allein die Latte an V12-motorisierten Lamborghini ist mehr als beachtlich. Die wichtigsten (hier: Teil 3) folgen als Serie im Porträt. Sie alle zeigen noch einmal und eindrücklich, wo der Hammer hängt – und das ist keine Mär: Lamborghini ist nach wie vor der wohl abgefahrenste Hersteller von Supercars.
TEIL 3: DER LAMBORGHINI COUNTACH –
PRODUKTIONSZEITRAUM: 1974 – 90, STÜCKZAHL: 2042
Kurz und knapp: scharf. Der Countach ist scharf. In jeder Hinsicht. Er fährt sich exakt so, wie er aussieht. Dennoch war ich erstaunt. Ich habe ein Monster erwartet, das den Fahrer mit grimmiger Power durchrüttelt, das jeden Wunsch bestraft , der so töricht ist, es beherrschen zu wollen … alles im Stil des wütenden Bullen im Firmenlogo. Aber ich habe mich getäuscht. Feedback? Kein Problem.
Wenn der Countach durch eine Kurve senst und mäht, kribbeln sämtliche Informationen über die Straßenverhältnisse durch die Fingerkuppen direkt in die Nervenbahnen. Jede Bewegung setzt er eins zu eins um. Der tiefergelegte Motor, anders als beim Miura eher hinter statt über dem Getriebe montiert, hat seinen Anteil daran, dass die zu bewegende Masse kaum ins Schaukeln gerät. Der V12 röhrt unmittelbar hinterm Kopf, Schaltung und Pedale sind für zupackende Männer gemacht. Kommt man erst in Gang, gleitet man förmlich dahin. Und zwar ziemlich schnell.
Die Rede ist vom originalen, puren LP 400 mit dem 375 PS starken Vierliter-V12. Spätere Entwicklungen haben den Countach noch schneller und kravoller gemacht, was auf Kosten des kultigen, schmucklosen Stylings ging. Denn es ist ou hören, dass diese Umbauten dem Countach ein weniger filigranes Fahrgefühl beschert haben. Bulliger, wenn man so will. Die dramatische Begegnung mit ihm hat man ihm jedoch nie nehmen können. Selbst der Ein- und Ausstieg ist dank der Scherentüren ein Erlebnis, wie es nicht allzu viele Autos zu bieten haben. Und bist du erst mal drin, umgeben von glatten Oberflächen, verengt sich dein Blick auf einen einzigen Aspekt: den nach vorne. Ein zielstrebigeres Geschoss als der Countach ist kaum denkbar.