BRILLANTE TECHNIK GEPAART MIT EINEM IRREN DESIGN: FÜR DEN KLASSIKERKÄUFER IST DER LOTUS EUROPA HEUTE NOCH GENAUSO VERBLÜFFEND, WIE ER ES FÜR DEN OTTO NORMALAUTOFAHRER BEI SEINER MARKTEINFÜHRUNG VOR KNAPP FÜNFZIG JAHREN WAR.
Das Ziel des mit Straßen- und Rennautos legendär erfolgreichen Lotus-Chefs Colin Chapman war wie alle guten Ideen simpel: Er wollte einen Mittelmotor-Sportwagen zum Preis eines MG Midget bauen. Mit 1,4-Liter-Renault-Motor und Glasfaserkarosserie war der Europa als einer der ersten käuflichen Sportwagen mit Mittelmotor nach dem Zweiten Weltkrieg ein Vorreiter. Um an Kosten zu sparen gab es Kompromisse: Der Innenraum war klein und wegen des Vinyldachs stickig. Die Fenster ließen sich nicht öffnen, das Kastenheck beschränkte die Sicht nach hinten auf ein Minimum.
DER LOTUS EUROPA IST HEUTE DER EINZIGE LOTUS MIT SAMMLERSTATUS, DER NOCH GÜNSTIG IST – ABER WIE LANGE NOCH?
Ursprünglich wurde das Modell nur auf dem europäischen Festland verkauft … vielleicht, so unken manche, um eine möglichst große Distanz zwischen die Kunden und Lotus’ Reklamationsabteilung zu bringen. Zu reklamieren gab es aber nicht viel. Die Leistung war mit 78 PS zunächst zwar gering, aber mit einem cW-Wert von 0,29 in Verbindung mit einer für die Rennstrecke geeigneten Fahrdynamik konnte man einem Rennwagen für die Straße näher kaum kommen.
Die Serie 2 war ab 1969 mit elektrischen Fensterhebern und größerem Innenraum verfügbar. Ab 1971 gab’s den Europa Twin Cam mit 1,6-Liter-Ford-Motor, ein Jahr später den Twin Cam (Big Valve) mit 126 PS im Europa Special. Bis Ende 1975 wurden 9230 Stück gebaut. Die Preise für die Schwestermodelle Elan und Elite sind heute in luftiger Höhe, doch der Europa ist immer noch der einzige Lotus mit Sammlerstatus, der noch günstig zu haben ist.
EIGENTLICH SOLLTE DER SPORTWAGEN MIT MITTELMOTOR NICHT MEHR ALS DER MG MIDGET KOSTEN – TATSÄCHLICH WURDE ER FAST DOPPELT SO TEUER
Der Listenpreis von 15.650 DM des Europa S2 war bei der Markteinführung 1969 fast doppelt so hoch wie der des MG Midget, den er ausstechen sollte. Etwas weniger kostete ein Ro 80 oder Opel Kapitän, ebenso jeder Ford inklusive Capri. Um 1995 ging ein Lotus Europa in gutem Zustand für 12.000 bis 23.000 Euro über den Auktionstisch, halb so viel wie ein Elan.
Während sehr gut erhaltene Lotus Elite heute bei 75.000 Euro und Elan Sprint bei 45.000 Euro liegen, schauen sich immer mehr Liebhaber nach einem Europa um. Ein S2 in gutem Zustand wird für um die 20.000 Euro angeboten, für einen restaurierten Special mit schwarz-goldener JPS-Lackierung muss man mindestens 25.000 Euro hinlegen. Fest steht: Auch ein Europa wird nicht billiger werden.